Eigentlich hätte es ein Kommentar zu den politischen Diskussionen zum zweiten Lockdown werden sollen. Aber es wurde zu einer öffentlichen Debatte zur Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen und zum Frauenbild des ehemaligen Nationalratspräsidenten Andreas Khol (ÖVP).
Denn als es um die Kritik der Opposition am Handeln der Regierung ging, äußerte der 79-Jährige auf oe24.tv den Satz: "Als Erstes hat die Pamela Rendi-Wagner danach gerufen, ihr eine aufzulegen."
"Eine auflegen". Wem die Bedeutung dieser Worte unklar sein sollte, der findet sie im "Wörterbuch des Wienerischen": "Eine Ohrfeige geben".
Der letzte Präsidentschaftskandidat der ÖVP hat also gesagt, man solle die SPÖ-Politikerin schlagen. Weil sie es gewagt hat, Kritik zu üben. Man könnte auch sagen, weil sie es gewagt hat den Mund aufzumachen.
Dieser Satz, so beiläufig ausgesprochen, zeigt deutlich, für wie harmlos und unproblematisch viele immer noch verbale Gewalt halten. Ein Satz, der tatsächliche Gewalt herunterspielt und kleinredet. Denn "man hat es ja so gar nicht gemeint." Aber Sätze dieser Art haben Vorbildwirkung. Wenn Sätze dieser Art immer noch unkritisiert bleiben und Aussagen zu Gewalt normalisiert werden, dann hat dies auch Auswirkungen auf das Gewaltpotenzial derer, die sie hören.
Dieser Satz zeigt, dass es immer noch als "normal" gilt, dass man anderen "eine auflegen soll", um diese zur Vernunft zu bringen. Vorrangig passiert dies gegenüber Frauen und Kindern - wie traurige Statistiken zu häuslicher Gewalt jährlich belegen.
Auf Nachfrage von "Der Standard" gab Khol an, er habe mit "auflegen" in Wirklichkeit "kritisieren" gemeint. Warum hat er dann nicht gleich dieses Wort gewählt? So wirkt die Entschuldigung - wie so oft - unglaubwürdig. Und man fühlt sich an andere vermeintliche Entschuldigungen erinnert wie beispielsweise von Tirols Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler (ÖVP) als er eine WWF-Mitarbeiterin als "widerwärtiges Luder" betitelte und dies zunächst als normale tirolerische Wendung abtun wollte.
Mittels Aussendung wollte sich Khol nun bei Rendi-Wagner entschuldigen: "Ich habe diese Äußerung weder sexistisch noch als Verharmlosung von Gewalt gemeint, habe mich aber offenbar im Ton vergriffen. Ich bedauere zutiefst, sollte ich die Gefühle von Frau Rendi-Wagner verletzt oder sie in ihrer Person herabgewürdigt haben und ziehe diese Äußerung hiermit zurück."
Die Formulierungen "offenbar" sowie "sollte ich Gefühle verletzt haben" zeigen aber erneut kein Einsehen, sondern eher ein Beugen vor dem öffentlichen Druck. Denn mit persönlichen Gefühlen haben sexistische oder gewaltvolle Aussagen nichts zu tun.