"Über Geld spricht man nicht" - das gilt besonders in Österreich. Das eigene Gehalt halten die meisten von uns geheim. Nicht zuletzt trägt diese Verschwiegenheit ins Sachen Einkommen dazu bei, dass Frauen immer noch nicht gleich viel verdienen wie ihre männlichen Kollegen. Wir sagen, über Geld sollten wir dringend sprechen! Deshalb fragen wir im Rahmen dieser Serie Frauen mit den unterschiedlichsten Berufen nach ihrer finanziellen Situation. Im aktuellen Teil der Serie haben wir eine Cafébesitzerin zum Interview gebeten. Was sie während der Corona-Krise verdient? "Nix", antwortet die Oberösterreicherin Miriam und verliert dabei nicht ihren Humor. Denn: "Meinen Optimismus lass ich mir sicher nicht nehmen."
Miriam hat ihren Traum verwirklicht und vor vier Jahren das Café "Traunzeit" in Wels eröffnet. Die 31-Jährige hat all ihr Herzblut in das Frühstückslokal gesteckt, beschäftigt mittlerweile drei MitarbeiterInnen und kämpft sich mit aller Kraft durch die Corona-Krise. Ihr Partner leitet die Küche und ist auch privat eine große Stütze, wie sie selbst sagt. Eigentlich verdient Miriam 2.000 Euro netto bei einer 60-Stunde-Woche. Momentan stehen ihre Einnahmen quasi auf Null. Wir haben mit ihr gesprochen, um zu erfahren, ob Ausgleichszahlungen wirklich etwas bringen und wie sie die Zeit bis Ostern überbrückt.
WOMAN: Was passiert in deinem Job?
Miriam:
Ich stehe jeden Tag um 5:30 auf und komme so gegen 20 Uhr nach Hause. Ich bin im "Traunzeit" für alles zuständig, erledige die Bestellungen, betreue die Social Media-Kanäle, sorge mich um die MitarbeiterInnen und die Buchhaltung, bin aber genauso für die Gäste präsent. Ich bin eigentlich immer im Lokal. Die Wörter "selbst" und "ständig" beschreiben meinen Job ganz gut.
WOMAN: Wie sieht es mit den Corona-Ausgleichszahlungen aus? Kommen sie pünktlich? Reicht es aus, um das Geschäft bis Ostern zu retten?
Miriam:
Die Ausgleichszahlungen kommen pünktlich und helfen ein wenig. Das Problem dabei: Sie werden an den Einnahmen des Vorjahres bemessen. November und Dezember sind aber immer etwas mager. Und die Zahlungen variieren: In einem Monat waren es 80 Prozent der Umsätze, im nächsten nur noch 50. Es ergaben sich keine riesigen Beträge, wie man sich denken kann. Außerdem laufen drei verschiedene Kredite. Zu Beginn der Corona-Krise konnte ich die Rückzahlungen pausieren. Seit Jänner habe ich sie aber wieder aufgenommen – die Kosten müsste ich sonst irgendwann nachholen.
Mit einer Öffnung rechne ich ehrlich gesagt erst ab Mai. Ich kämpfe dafür, bis dahin das Café zu behalten und auch die Mitarbeiter weiter zu bezahlen. Meinen eigenen Verdienst habe ich hinten angestellt. Im Jänner hatte ich ganz geschlossen, um uns allen eine Pause zu gönnen. Das war das einzige Mal, an dem die Mitarbeiter in Kurzarbeit waren.
WOMAN: Von welchen Einnahmen lebst du derzeit?
Miriam:
Zum Einen von meinen Ersparnissen, zum Anderen übernimmt mein Partner einige Kosten. Er leitet die Küche im "Traunzeit" und bekommt von mir den üblichen Lohn. Wir teilen uns quasi die Einnahmen. Ohne ihn würde es nicht gehen – er ist mein Fels in der Brandung.
WOMAN: Bietet ihr Takeaway an? Kommen derzeit Einnahmen rein?
Miriam:
Wir bieten seit Beginn der Corona-Krise Takeaway an – die MitarbeiterInnen sind also im Einsatz. Bei uns gibt es hauptsächlich Frühstück, Bagles, Kuchen und Getränke To Go. Das funktioniert ganz gut, stellt uns aber wieder vor neue Herausforderungen: Die Emails und Anfragen müssen bewältigt werden und auch die Kosten durch das Verpackungsmaterial sind gestiegen. Umweltfreundliche Schachteln sind ganz schön teurer ... Insgesamt hält sich das Takeaway-Geschäft in Grenzen. Der Aufwand dahinter ist aber extrem groß.
WOMAN: Wie hoch sind deine privaten Fixausgaben?
Miriam:
Mein Partner und ich wohnen in einer Eigentumswohnung. Wir teilen uns die Betriebskosten und zahlen Strom, Gas und Internet gemeinsam. Wir haben auch ein Auto und zwei Katzen. Pro Monat komme ich mit allem Drum und Dran auf etwa 800 Euro – das schwankt allerdings. Für Lebensmittel gebe ich ungefähr 300 Euro pro Monat zusätzlich aus.
WOMAN: Hast du eine private Pensionsvorsorge? Wenn ja, warum und wie viel gibst du dafür monatlich aus?
Miriam:
Nein. Ich habe weder eine private Kranken- noch eine Pensionsvorsorge.
WOMAN: Sparst du Geld und wenn ja - wie legst du es an?
Miriam:
In den ersten Unternehmensjahren konnte ich mir nicht viel auf die Seite legen. Aber auch danach habe ich ohnehin nicht viel verdient. Grundsätzlich kann ich ganz gut haushalten. In Zeiten wie diesen ist es natürlich nicht möglich, etwas wegzusparen. Wenn dann doch Geld übrig bleibt, bewahre ich es am liebsten zuhause auf – dort, wo ich es sehen kann (lacht).
WOMAN: Wie viel bleibt am Monatsende übrig?
Miriam:
Als mir vor der Corona-Krise noch 2.000 Euro netto übrig geblieben sind, konnte ich immer zwischen 300 und 400 Euro auf die Seite legen. Momentan verdiene ich quasi nichts.
WOMAN: Bist du zufrieden mit deinem Gehalt?
Miriam:
Mit den 2.000 Euro, die ich mir damals ausbezahlt hatte, war ich wirklich sehr zufrieden. Für meine Begriffe ist das viel Geld. Ich kann in den Urlaub fahren und leiste mir Dinge, die mir wichtig sind – mir fehlt es an nichts. Ich denke zwar nicht, dass es in Relation zu meinen Arbeitsstunden steht, aber ich bin trotzdem ganz glücklich damit. In den ersten beiden Jahren habe ich nur 1.000 netto verdient.
WOMAN: Weißt du, wie viel deine KollegInnen aus der Branche verdienen?
Miriam:
Nein, da habe ich keine Ahnung.
WOMAN: Wofür gibst du gerne Geld aus?
Miriam:
Für hochwertige Lebensmittel – beim Einkauf achte ich sehr auf die Qualität. Auch der wöchentliche Massagetermin ist mir heilig. Zur Pediküre gehe ich auch ab und zu – ich bin schließlich ständig auf den Beinen. Ansonsten für Urlaube oder Mode – eine Schwäche, die ich durch eine kleine Boutique in Wels entdeckt habe. Die Besitzerin gibt immer viele Tipps, da kann ich schwer widerstehen. Ich besuche aber auch regelmäßig Persönlichkeits- und Unternehmenscoachings.
WOMAN: Wofür würdest du gern mehr Geld verdienen?
Miriam:
Eigentlich bin ich sehr zufrieden. Manchmal würde ich mir mehr Freizeit wünschen. Ich arbeite 60 Stunden pro Woche. Geld ist mir eigentlich nicht so wichtig. Zeit, um zur Ruhe zu kommen, ist mir viel wert. Wenn ich mehr zur Verfügung hätte, würde ich es für Wellness-Urlaube, Massagen und Kosmetik-Behandlungen ausgeben.
WOMAN: Warum nimmst du dir nicht mehr Zeit?
In den ersten Jahren der Unternehmensgründung ist das schwierig. Besonders am Anfang ist es wichtig, präsent zu sein. Ich hoffe, dass ich in Zukunft mehr Freizeit haben werde. Eigentlich wollte ich schon letztes Jahr mehr auf meine Work-Life-Balance achten und neue Mitarbeiter einstellen, dann kam aber alles anders, wie wir wissen (lacht). Momentan ist es ein wenig ruhiger, dafür ist man mit mehr Ängsten beschäftigt – das stresst auch ungemein.
WOMAN: Sprichst du mit deinem Freundeskreis über deine Finanzen?
Miriam:
Ja, mit den engsten Freunden spreche ich sogar sehr viel darüber. Sie sind sehr interessiert daran, wie es mit dem Café weitergeht und wissen, dass ich eine große Verantwortung gegenüber meinen Mitarbeitern habe. Über exakte Zahlen sprechen wir aber allerdings nicht.
WOMAN: Würdest du von dir selbst behaupten, dass du gut mit Geld umgehen kannst?
Miriam:
Definitiv, ich bin mit 16 Jahren von zuhause ausgezogen und stehe seitdem auf eigenen Beinen. Schon damals musste ich lernen, wie man mit wenig Geld umgeht. Das kommt mir jetzt zugute. Ich kann meine Finanzen sehr gut managen. Aber grundsätzlich bin ich ein sehr sparsamer Mensch und komme mit wenig aus.
WOMAN: Kannst du dir die Dinge leisten, die du gerne haben möchtest oder musst du oft auf etwas verzichten?
Miriam:
Ich bin sehr genügsam. Aber prinzipiell kann ich mir die wichtigsten Dinge leisten. Beim Shoppen überlege ich mir manchmal schon, ob sich das gerade ausgeht.
WOMAN: Wie wichtig ist dir dein Job generell? Welchen Stellenwert nimmt er in deinem Leben ein?
Miriam:
Das "Traunzeit" ist mein Baby: Ich hab's bekommen und muss mich darum kümmern (lacht). Es ist eine große Leidenschaft, die sich verwirklicht hat, auf der anderen Seite aber auch ein harter Kampf. Vor allem, wenn es um die fehlende Freizeit geht. Trotzdem kann ich meinen Traum leben. Ich hab den Platz damals gesehen und gesagt: Dort baue ich mein Café. Und ich bin bis heute sehr glücklich darüber.