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Was wir von der 90er-Serie "Daria" über Feminismus lernen können

Auch wenn es uns früher vielleicht gar nicht so aufgefallen ist: Daria Morgendorffer war eine der einflussreichsten feministischen Ikonen der 90er! Und jetzt kommt sie zurück!

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Was wir von der 90er-Serie "Daria" über Feminismus lernen können
© MTV

Der MTV Cartoon Daria feierte erst kürzlich seinen 21. Geburtstag und wurde zwischen 1997 und 2002 auf dem Musiksender ausgestrahlt. Als Spin-Off der Serie Beavis and Butthead entstanden, ist der Plot eigentlich schnell erklärt: Hauptschauplatz ist die fiktionale Lawndale High School. Daria Morgendorffer, war auf den ersten Blick eine etwas gar coole Jugendliche, die viel lieber daheim saß und ihre Bücher las, als sich in der Öffentlichkeit mit ihren superpeinlichen Eltern und ihrer unausstehlichen. aber viel beliebteren kleinen Schwester zu zeigen. Zusammen mit ihrer besten Freundin Jane Lane versuchte sie, irgendwie die High School zu überleben.

Dabei zeigte Daria das Gegenstück zu der immer beliebten, materialistischen und rosa Mädchenwelt. Es ging um viel mehr als nur ein Mädel, dass sich durch die High School wurschtelt: Der Cartoon zeigte wie nebenbei Probleme wie Sexismus und Rassismus auf. Daria selbst war zynisch, intelligent, eine Außenseiterin erster Güte, die aber nicht auf das Klischee reduziert wurde und alleine das Titellied der Riot Girls Splendora war perfekt gewählt.

Von der Nebendarstellerin zur Stimme des Take-No-Shit-Feminismus

Daria war ursprünglich eine Figur der Beavis and Butthead -Show, weil die MTV-Präsidentin Judy McGrath zumindest einen intelligenten, weiblichen Charakter im Cartoon haben wollte. Richtig gehört. Keine supersexy Nebendarstellerin, keine nervige Besserwisserin, die den Jungs immer nur die Laune verderben will - Judy McGrath wollte ewas Anderes: Sie wollte eine Repräsentantin für ein ausgehungertes, aber riesiges Publikum: Intelligente Teenagerinnen. Herausgekommen ist dabei Daria, die weniger nach Britney Spears, als nach einem Werbegesicht für Doc Martens aussah. Mit dem Spin-Off war Daria nicht nur die erste ihrer Art im TV, sondern vor allem deswegen einzigartig, weil Daria quasi den Real-Talk erfunden hat: Herkunft, Geschlecht, Identität - Themen, die heute so aktuell wie nie klingen und in voller Härte in der Serie angesprochen wurden.

Dann gab es da auch noch andere weibliche Charaktere im Cartoon, die den Feminismus unterschwellig prägten: Helen, Darias Mutter war eine ambitionierte Anwältin, die versuchte, Job, Liebesleben und Familie unter einen Hut zu bringen. Jodie, die schwarze Streberin in einer sehr, sehr weißen High School, die die Balance zwischen den Wünschen ihres Vaters und den eigenen Träumen finden wollte und ohne dem stereotypen Gehabe auskam. Oder auch Brittany, die typische amerikanische Cheerleaderin, die in Wahrheit viel smarter war als sie wirkte, weil sie wusste, wie sie ihre Spielchen zu spielen hatte. Und dann waren da noch Miss Li, Jane oder Miss Barch und viele andere.

Der Cartoon forderte auch den kommerziellen Feminismus - nicht unähnlich dem heute verbreiteten Markenfeminismus - heraus, indem er infrage stellte, wer wirklich vom Mainstream-Feminismus profitiert. In einer Episode mit dem Titel "The Lost Girls" zeigte Daria auf, wie Medien aus den Unsicherheiten von Frauen Kapital schlagen und gleichzeitig unter dem Deckmantel von Feminismus und Empowerment auftreten. Körperbild und Selbstwertgefühl und wie sich beides mit dem Kapitalismus kreuzt, zog sich wie ein roter Faden durch Daria, von dem der scheinbar emotionslose Teenager oft leidenschaftlich sprach.

Eine Serie, die so aktuell ist wie nie zuvor

Gleichzeitig war Daria die erste offen atheistische Figur im TV. Außerdem sprach die Serie in ihrer Episode "Fat Like Me" über Body Image-Probleme und zeichnete selbst die beliebten Kids multidimensional und ließ sie nicht als die immer erfolgreichen, schönen und reichen Sissis dastehen. Vielleicht das Wichtigste überhaupt: Daria wird in der Serie nicht dafür bemitleidet, dass sie nicht zu den populären Mädchen der Schule gehört. Sie bekommt am Ende keine Make-Over, ihr Geschmack wird nicht infrage gestellt. Daria bleibt sich selbst treu und verlangte das auch von ihrer Familie und ihren Freunden. Trotzdem zeigt sie auch mit dem Finger auf sich selbst. In einer Episode nimmt sie die Unsicherheiten von jedem Einzelnen ihrer Familie auseinander - inklusive ihrer eigenen. Darias Gefühl für sich selbst war somit nicht nur auf den Punkt, sondern auch noch ziemlich lustig.

Und wenn Daria ein männlicher Charakter gewesen wäre?

Obwohl Daria für ihre feministische Neigung schon vor 20 Jahren gelobt wurde, erlebte die Show neben ihrer Fangemeinde auch Kritik. Gegner wiesen oft darauf hin, dass Darias teils schon recht direkte Art gegenüber ihren Klassenkameraden und ihrer Schwester Quinn derart hart war, dass sie an grausam grenzte. In nicht wenigen Artikeln wird von Daria, "der gefühlslosen Idiotin" gesprochen. Während eine solche Kritik an Daria durchaus eine gewisse wahre Züge enthält, müssen wir uns trotzdem fragen: Wäre der Figur Daria ähnliche Kritik entgegen geschlagen, wenn sie als Junge gezeichnet worden wäre?

Vielleicht war es Darias Offenheit, die ihr den Status einer Außenseiterin - oder einer Idiotin - einheimste, der für Mädchen und Frauen typisch ist, die es wagen, den Status quo herauszufordern. Offene, anprangernde Mädchen und Frauen wie Daria, Jodie und Jane, die einerseits dafür gelobt werden gegen den Strom zu schwimmen, werden mindestens genauso oft als Außenseiterinnen, Zicken und - bringen wir es auf den Punkt - schwierig angesehen.

Hätte ich die Serie schon in meiner Jugend gesehen, wären meine Teenagerjahre vielleicht viel weniger schwierig gewesen. Egal, sie ist mittlerweile in meinem Leben und ich bin froh, dass sie hier ist. Und tatsächlich, die 90er sind vielleicht schon lange tot, aber der Charakter von Daria Morgendorffer lebt in den Köpfen von Generation X und den Millennials weiter - mit einem Einfluss, der überall von Girls bis Riverdale zu sehen und spüren ist. Man könnte argumentieren, dass Daria im gegenwärtigem politischen Klima der Welt relevanter denn je ist.

Eine Inspiration für die Gegenwart

In einem Zeitalter von Insta-Herzerl, Facebook-Likes und Tinder-Swipes wächst eine ganze Reihe junger Mädchen heran. Eben jene Frauen werden darauf konditioniert, dass die Akzeptanz und das Wohlwollen völlig Fremder das A und O ihrer Existenz und vor allem ihres Erfolges ist. Eine Annahme, die wohlgemerkt hauptsächlich auf ihrer physischen Erscheinung beruht. Wir müssen wachsamer sein - und es bräuchte ein Gegensteuern. Eine Serie wie Daria es war, wäre einer dieser Schritte. Erst kürzlich wurde bestätigt, dass es ein Reboot unter deem Namen Daria & Jodie geben wird! Wie der Name suggeriert, soll der Fokus künftig auch auf ihrer Freundin Jodie liegen.

Bis es soweit ist, ist die ganze Serie aber zum Glück vollständig online verfügbar. So können sich junge Frauen weiterhin von Daria Morgendorffer, Jane Lane und Jodie Landon inspirieren lassen. Denn Daria ist ein guter Reminder von dem was passieren kann, wenn Frauen mit einer Meinung eine Chance bekommen, gehört zu werden - und seien sie nur Cartoon-Charaktere. Daria inspirierte Menschen mit ihrer furchtlosen Art, Autorität und Konformität infrage zu stellen und gab so vor allem auch jungen Frauen und Mädchen Hoffnung, die oft nicht sagen was sie denken, weil sie Angst davor haben, als "schwierig" zu gelten.

Ein paar der besten Szenen der Serie

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