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"Emily in Paris" wird sexuell belästigt und alles, worüber geredet wird, sind ihre Outfits

Die neue Netflix-Serie "Emily in Paris" wird gefeiert, aber auch hart kritisiert. "Zu klischeehaft", finden viele. Uns ist da etwas anderes aufgefallen...

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"Emily in Paris" wird sexuell belästigt und alles, worüber geredet wird, sind ihre Outfits
© Getty Images

Die neue Netflix-Serie "Emily in Paris" von "Sex and the City"-Schöpfer Darren Star erobert gerade das Internet – wenn auch nicht immer positiv. In der Hauptrolle Lily Collins als Emily, die ihre Arbeit von Chicago nach Paris verlegt, um dort im Marketing durchzustarten. Doch so schön das Ganze auch klingen mag, erstmal hat Emily schwer mit ihren neuen ArbeitskollegInnen samt Chefin zu kämpfen. Und auch die Kunden diverser Luxusmarken machen es ihr nicht gerade einfach. Soweit so gut. Während sich viele der 1-Stern-Rezensionen mit der seichten Handlung, den vielen Klischees und der unrealistischen Darstellung der französischen Hauptstadt beschäftigen (ganz abgesehen von der fragwürdigen Musikauswahl oder den zweifelhaften Kameraneinstellungen), ist uns noch etwas anderes aufgefallen: Und zwar hat die Protagonistin Emily mit mehr zu kämpfen, als einer Chefin, die sie versucht, aus dem Unternehmen zu mobben – sie wird immer wieder sexuell belästigt.

Ein weitverbreitetes Problem: 56 Prozent der Arbeitnehmerinnen wurden bereits am Arbeitsplatz sexuell belästigt.

Emily erlebt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Es sind Szenen, die tausenden Frauen tagtäglich passieren. Männliche Kollegen schieben Bemerkungen über ihr Äußeres, verwenden vulgäre Sprache in ihrer Gegenwart und witzeln über ihr Sexleben. Zudem nennen sie die beiden Kollegen zu Beginn noch "Plouc" (zu Deutsch: Proletin, Bauerntölpel), um Emily zu ärgern. Schließlich schießt sie mit einem "Du kannst mich mal" eines Tages zurück, worauf sich der Kollege beeindruckt zeigt. Nachdem die beiden Herren ihr einen Penis über die Firmenphilosophie malen, die Emily aus Chicago ausgedruckt mitgebracht hatte, wehrt sie sich und stellt die Männer zur Rede. "Ich war's nicht. Meiner biegt sich nicht, er ist gerade", so die Antwort.


"Die Sprache lernst du am besten im Bett"

Noch schwieriger wird die Lage für Emily, als sich ein Kunde der Agentur unangemessen verhält. Antoine Lambert ist Parfümeur und versucht mit Emily zu flirten. Sein Parfum, das nach "gutem Sex" rieche, gebe einer Frau Selbstbewusstsein, "so wie Dessous". Schließlich schickt er ihr ebenjene direkt ins Büro. Er gibt ihr zudem die Empfehlung, die französische Sprache mit Hilfe eines Mannes zu erlernen, denn schließlich ginge das "im Bett am besten". Immer wieder versucht Emily, die Situation mit einem Lächeln oder einem schlagfertigen Spruch zu retten. Schließlich sagt sie dem Kunden, dass er sich unangebracht verhält. So ganz bewusst scheint ihr die Lage aber nicht zu sein. Im Gespräch mit ihrem guten Freund Gabriel nimmt sie einen Teil der Schuld auf sich: Schon als Kind hätte sie strenge Regeln gehabt, was die Trennung von Privatem und Beruf angeht: "Beim Essen lagen die Erbsen dort, das Fleisch da".

"Emily in Paris" zeigt ganz deutlich, in welcher verzwickten Lage sich viele Frauen befinden. Sich gegen einen Kunden aufzulehnen oder sich an eine Chefin zu wenden, die einem ohnehin im Nacken sitzt, ist äußerst schwierig. Das Problem liegt hier nicht darin, dass solche Szenen gezeigt werden. Sie spiegeln die Realität wieder und zeigen auf, wie es tausenden weiblichen Arbeitnehmerinnen weltweit geht. Sondern eher darin, dass der Diskurs über diese Vorkommnisse in der Serie fehlt. Emilys Outfits, ihr Lifestyle oder die Darstellung vom Pariser Leben scheinen weiter oben auf der Agenda zu sein.

Was ist zu tun?

Die Arbeiterkammer hat hier eine genaue Auflistung an Hilfsangeboten und Beispielen bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt. Der Gesetzgeber sagt recht klar: Sexuelle Belästigung ist unter anderem, was als solche empfunden wird und für die betroffene Person unerwünscht ist. Im ersten Schritt sollten Belästiger höflich, aber bestimmt darauf aufmerksam gemacht werden, dass das Verhalten unerwünscht ist. Zudem kann man sich an BetriebsrätInnen und Frauenbeauftragte, sofern es solche im Unternehmen gibt, wenden. Alternativ steht die Arbeiterkammer des jeweiligen Bundeslandes oder die Gleichbehandlungsanwaltschaft zur Verfügung. Der Verein "Sprungbrett" hat im letzten Jahr gemeinsam mit der Arbeiterkammer eine Telefonberatung für Betroffene namens "Act4Respect" ins Leben gerufen. Mehr Infos dazu findet ihr hier.

Rechtliche Folgen bei sexueller Belästigung

"Der Belästiger ist verpflichtet, sein Verhalten sofort einzustellen. Der Betrieb ist im Rahmen seiner Fürsorgepflicht angehalten, unverzüglich ab Kenntnis der sexuellen Belästigung geeignete Abhilfe zu schaffen, sodass der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin keinen weiteren Übergriffe ausgesetzt ist", heißt es auf der Website der Arbeiterkammer.

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