Wer Kinder hat, hat diesen Satz nicht nur einmal gesagt: "Ich zähle jetzt bis drei!" Drohend, verzweifelt, völlig sinnlos. Denn der Nachwuchs denkt gar nicht daran, deshalb jetzt das Zimmer aufzuräumen, die Sandspielsachen wieder zurückzugeben oder den Broccoli aufzuessen.
Es gibt ein paar klassische Standardsätze, die alle Eltern immer wieder aussprechen – und bei ihren Kindern damit auf taube Ohren stoßen. Warum? Weil es leere Drohungen sind. Oder die Kleinen die Bedeutung einfach nicht verstehen und damit nachvollziehen können.
Wir haben die typischen Eltern-Sätze aus dem neuen Buch "Alle Eltern können schlafen lernen" (von Julia Heilmann und Thomas Lindemann, Atlantik-Verlag, 238 Seiten, 16,99 Euro ) gesammelt. Und erklären, wie du dir bei deinen Kindern mehr Gehör verschaffst.
„Was sollen denn die Leute denken?“ Junior wirft sich im Supermarkt auf den Boden, weil er keine Süßigkeiten mehr bekommt. Das Töchterl beginnt im Restaurant laut zu brüllen, weil es sitzenbleiben soll. Und schon starren alle Menschen in der Umgebung irritiert in eure Richtung. "Hat die ihren Rabenbraten nicht im Griff?" Dir wird heiß, du wirst rot, du srpichst: "Hör auf jetzt, was sollen denn die Leute denken?" – Ein Fehler. Denn "die Leute" sind deinem Kind (im Gegensatz zu dir) in dieser Situation völlig egal. Es kennt sie schließlich nicht. Am Gequäke ändert dieser Satz rein gar nichts. Im Gegenteil: Es potenziert sich womöglich, wenn dein Kind merkt, dass du schwitzt. Die Lösung: Sei wie dein Kind. Die anderen Menschen sind jetzt einmal egal, es handelt sich um einen Konflikt zwischen euch beiden. Je unbeeindruckter du dich vom Gebrüll des Nachwuchses gibst, desto schneller wird er auch wieder abebben.
"Ich zähle jetzt bis drei!" Ihr seid in Eile, dein Kind aber trödelt lieber herum, als sich anzuziehen. "Ich zähle jetzt..." – Warum dein Kind nicht schon bei "eins" fixfertig auf der Matte steht? Weil es nicht nachvollziehen kann, weshalb jetzt auf einmal plötzlich alles wahnsinnig schnell gehen muss. Die Lösung: Kündige deinem Kind schon zehn Minuten vorher an, dass es jetzt bald losgeht und es sich bis dahin fertig machen muss. So unterbrichst du es nicht abrupt im Spiel; es gibt weniger Unverständnis und damit Konflikte. Erklär' ihm auch, warum es bis dahin fertig sein muss ("Oma kommt dann!", "Das Abendessen ist gleich fertig.")
"Und wenn XY aus dem Fenster springt, machst du das dann auch?" Dein Kind will bis 22 Uhr aufbleiben, immerhin darf sein Freund das auch. Das neue Spiel MUSS es sein, hat ja XY ebenfalls bekommen. Irgendwann lassen Eltern dann den schlauen Lemming-Vergleich ab, in der Hoffnung auf intelligente Selbstreflektion des Nachwuchses. Mit wenig Erfolg, denn dem ist derlei auf dem Weg zur Zielerreichung herzlich wurst. Die Lösung: Ein klares und deutliches "Nein!" Kinder brauchen manchmal Grenzen und keine pädagogische Beratungsstunde.
"Lass das! Das tut man nicht!" Dein Kind lässt bei Betreten einer Wohnung die Hosen fallen und rennt in Windeln durch die Gegend? Oder bohrt in der Straßenbahn genüsslich in der Nase? Was "man" tut oder nicht, ist Kindern reichlich egal. Die Lösung: Erklär' deinem Kind, dass es sich verkühlt, wenn es unbekleidet rumläuft. Oder sein Rotz dann den Griff verschmutzt. Das ist nachvollziehbarer.
"Die Kinder in Afrika wären froh....!" Wenn wir nicht aufessen wollten, sind uns schon unsere Eltern mit den hungernden Kindern in Afrika gekommen. Die wenigsten Kinder haben eine Idee davon, was Afrika ist und verbinden Hunger am Ende der Welt schon gar nicht mit dem Broccoli auf ihrem Teller. Die Lösung: Bitte dein Kind, zumindest davon zu probieren. Oder lass' es eine Woche lang nur jene Teile des Abendessens essen, auf die es Lust hat (Achtung: Deshalb nicht extra für das Kind kochen!). Der Rest der Familie ist ganz normal. Irgendwann wird sich das Kind dann doch auch für deinen Teller interessieren.

"Warum muss ich immer alles dreimal sagen?" Dass du dir die Zähne putzen sollst, den Fernseher abdrehen musst, deine Hausaufgaben machen sollst... Dauer-Meckern macht Kinder taub, sie schalten sehr konsequent auf Durchzug. Die Lösung: Durchatmen und einfach mal nix sagen. Deine Energie brauchst du für die wirklich wichtigen Dinge.
„Wenn du jetzt nicht kommst, geh ich allein!“ Eine furchtbare Drohnung, vor allem, wenn du dich dann auch noch kurz versteckst, um deinen Worten Nachdruck zu verleihen. Ein Kind soll niemals denken, dass Mama oder Papa ohne es verschwindet. Die Lösung: Verwandle alles in ein Spiel. Der Abmarsch vom Kinderspielplatz kann zum Beispiel ein Feuerwehreinsatz sein, bei dem alles möglichst flott zusammengepackt werden muss...
"Da geht es ums Prinzip!" Ein Streit über Nichtigkeiten (Kleid statt Hose in den Kindergarten, Zimmer aufräumen etc.) hat sich zur echten Machtfrage hochgeschaukelt. Du willst nicht mehr zurückstecken, immerhin "geht es ums Prinzip". Die Lösung: Schlag' einen Kompromiss vor. Wichtig ist dabei nur, dass es nach dem Kompromiss keine Extra-Verlängerungen mehr gibt.
"Willst du nicht lieber Liam einladen?" Dein Kind hat einen Freund, der sich jedes Mal furchtbar aufführt. Dabei wäre doch das Nachbarskind viel netter... Zum einen: Dein Kind muss sie seine Freunde selbst aussuchen. Zum anderen: Je mehr du am Freund herumnörgelst, desto interessanter wird dieser. Die Lösung: Dein Kind wird selbst erfahren, ob ein Freund der richtige ist – oder nicht. Das sind die Erfahrungen des Lebens, die du ihm auf keinen Fall vorwegnehmen solltest.
Kommentare