Emma Watson ist eine. Lena Dunham und Miley Cyrus sowieso. Action-Star Dwayne "The Rock" Johnson auch. Sich als FeministIn zu bezeichnen, ist heute schick. Wer sich nicht klar positioniert, hat im Jahr 2021 eigentlich schon verloren.
So wurde Feminismus in den letzten Jahren zum Marketing-Kniff, einer Art Selbstvermarktung; ein bisschen politische Meinung, um den eigenen Marktwert ein bisserl zu steigern, sich selbst etwas mehr Profil zu geben. Das haben auch die großen Marken erkannt.
Feministische Slogans zieren T-Shirts und Notizbücher, überall ist von "female empowerment" die Rede. Unterwäsche, Duschgel, Make-up, Monatshygieneartikel - alles Mögliche ist heute feministisch. Im Englischen gibt es dafür sogar einen Begriff – femvertising, sprich Werbung, die sich die Ideale des Feminismus zu eigen macht.
Femvertising als Masche
Das Problem dieses Verkaufsarguments? Feminismus mag zwar Teil der Populärkultur sein, Lösungen liefern Werbung und Konsum jedoch nicht, wie auch die US-amerikanische Feminismus-Expertin Andi Zeisler bestätigt. Was ist mit der politischen Bedeutung? Was ist mit der ursprünglichen Idee? Die Kommerzialisierung verniedlicht den Feminismus, raubt ihm Sinn. Motto-Shirts und feministische Parfüms werden den Lauf der patriarchalen Welt nämlich kaum ändern.
Zu einem ähnlichen Schluss kommt die Autorin Beate Hausbichler in ihrem Buch Der verkaufte Feminismus: "So offenkundig der Hype um Feminismus inzwischen ist, so klar ist auch, dass der realpolitische Zustand feministischer Frauenpolitik in einem großen Widerspruch zur neuen 'Sexyness' des Feminismus steht." Gegen die tatsächlichen Probleme gebe es nach wie vor keine wirkungsvolle Politik, wie die gebürtige Tirolerin schreibt: "Keine gegen die hohe Frauenarmut im Alter. Keine dagegen, dass in Branchen mit einem starken Frauenüberhang miese Löhne gezahlt werden. Keine dagegen, dass Frauen noch immer zum größeren Teil die Arbeiten erledigen, die es in jedem Leben braucht, für die aber niemand zahlt – das Pflegen, Umsorgen, Putzen und vieles mehr."
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Schlimmer noch: Viele Firmen profitieren von feministischer Werbung, während intern ganz andere Standards gelten. Automarken lassen Fernsehspots zum Thema Gleichberechtigung produzieren, während im Vorstand ausschließlich Männer sitzen. Disney brüstet sich mit seinen Frauencharakteren und steht gleichzeitig in der Kritik, Frauen nicht zu befördern oder ihnen den Mutterschutz zu verweigern. Große Brands bitten InfluencerInnen, ihre Weltfrauentag-Kampagnen zu promoten, wollen sie dafür aber nicht bezahlen. Diese Liste ließe sich fortführen.
Gibt es ein Happy End?
Der Feminismus wurde kommerzialisiert und zu einem weiteren Trend. Das ist Fakt. Lena Dunham zu verehren und GRLPWR -Shirts von Zara zu tragen ist schließlich recht bequem. Das ist grundsätzlich nichts Schlechtes.
Bei aller Diskussion muss gesagt werden, dass dieser Hype-Feminismus am Ende eben auch die andere Hand wäscht. Frauenpolitische Themen rücken zumindest mehr in den Mittelpunkt. Es wird darüber gesprochen. Es tut sich was. Der Begriff "FeministIn" sorgt nicht mehr sofort für Schnappatmung. Es wird dabei nicht mehr automatisch an vehementen Männerhass gedacht. Das ist die positive Seite.
Trotzdem: Gerade heute, wo vieles als feministisch gilt, ist es wichtig, gegen die Sinnentleerung des Begriffs zu kämpfen – und "Feminismus" weiterhin mit Inhalten und konkreten Forderungen zu füllen. Im echten Leben und in den Zahlen zur Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Sexualität und Herkunft zeigt sich der neue Werbeschlager Feminismus nämlich (noch) nicht.
Bist du FeministIn? Ein kurzer Selbstcheck
Feminismus ist die Überzeugung, dass Frauen und Männer die gleichen Rechte und Chancen haben sollten – sozial, ökonomisch, politisch sowie kulturell. Du glaubst an Gleichberechtigung? Herzlichen Glückwunsch! Du bist FeministIn. Bussi.