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"Feminismus ist ein Bekenntnis"

Zwei Frauen holen zum 100. Todestag von Gustav Klimt seine Muse ins Rampenlicht. Grund genug, Belvedere-Chefin Stella Rollig und Mimin Maxi Blaha zum spannenden Doppeltalk über Mansplaining und Feminismus zu bitten!

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Stella Rollig und Maxi Blaha

Die beiden verstehen sich: Belvedere-Chefin Stella Rollig (li.) & Schauspielerin Maxi Blaha (re.)

© wolfgangwolak.com

Sie galt als das it-Girl der Wiener Moderne: Emilie Flöge war bahnbrechende Modedesignerin, bekannt ist sie aber vor allem als Muse von Jugendstil-Star Gustav Klimt. Zu dessen 100. Todestag zeigt Schauspielerin Maxi Blaha, 45, im extra für sie verfassten Stück "Emilie Flöge - Geliebte Muse" ab 13. März die gesamte Persönlichkeit dieser Pionierin ihrer Zeit. "Ich finde es super, dass mit Flöge eine Frau im Zentrum dieses Jubläums steht", freut sich Blaha im WOMAN-Talk. Gespielt wird nicht in einem Theater, sondern in Klimt-affinem, prunkvollem Ambiente: im Marmorsaal des Wiener Belvedere. Direktorin Stella Rollig, 57, veranlasste aufgrund des Jubiläums auch eine Neuaufstellung der Klimt-Sammlung. Die beiden Wienerinnen verbindet schon lange eine gute Bekanntschaft. Nur logisch also, dass sie sich für dieses Projekt zusammengetan haben.

WOMAN: Emilie Flöge wird - vor allem hierzulande - in erster Linie als Muse, "Frau von" Gustav Klimt wahrgenommen. Nicht wirklich als jene Pionierin ihrer Zeit, die sie eigentlich war. Ist das ein typisch österreichisches Phänomen?
BLAHA: Ob es typisch österreichisch ist, weiß ich nicht. Es zieht sich durch die gesamte Kulturgeschichte, oder?
ROLLIG: Das zieht sich durch, ja! Weil unsere Kultur eine männlich dominierte ist. Der Mann ist der Schöpferische, der Mann ist der Kreator, ist der, der den Ton angibt. Wenn die Frau selbst schöpferisch ist, wird sie oft noch immer nur als die gesehen, die den Mann inspiriert.

WOMAN: Gegen dieses Rollenbild versuchen Frauen immer wieder anzukämpfen. Die feministischen Stimmen werden jetzt gerade immer lauter. Bezeichnen Sie sich selbst als Feministinnen?
BEIDE: Natürlich!

WOMAN: Warum werden Frauen, die für ihre Rechte und gegen Klischees kämpfen, von Männern, aber auch von manchen Frauen, oft noch als frustrierte Emanzen abgetan?
ROLLIG: Ja, schrecklich. Das Klischee vom frustrierten Blaustrumpf, der eh schiach ist und keinen Mann findet!
BLAHA: Ein männlich tradiertes Klischee. Männer fühlen sich angegriffen und schlagen so zurück. Schlimm ist nur, wenn Frauen das übernehmen. Und Kommentare von sich geben, wie: "Ich brauche kein Binnen-I, mir ist wichtig, dass mir mein Mann den Sessel unter den Popsch schiebt!" Ich mein: Hallo?
ROLLIG: Aber glücklicherweise ist das heute eher eine Seltenheit. Es gibt so tolle Popfeministinnen! Ich glaube, dass für junge Frauen der Feminismus heute ein selbstbewusstes Bekenntnis ist.
BLAHA: Absolut! Ich bin auch eine totale Quotenverfechterin. Gerade in so einem männerdominierten Bereich wie dem Theater. Ich hatte ja noch nie das Glück, unter einer Intendantin zu arbeiten und somit einen Vertrag mit einer Frau zu unterschreiben. Auch mit der Bezahlung ist es immer noch so ungerecht: Da wird dann auf dem Computer die Excel-Datei geöffnet, mit der Gehaltsliste für Frauen. Für Männer gibt es eine Extra-Liste. Unglaublich eigentlich.
ROLLIG: Im Kunstbetrieb spiegelt sich das klar am Markt wider. Und auch hier sind die vordersten Plätze in den Rankings der teuersten Künstler mit Männern besetzt.

WOMAN: Wie zuversichtlich sind Sie, dass Frauen irgendwann gleich viel verdienen wie Männer?
BLAHA: Optimistisch bin ich immer!
ROLLIG: Grundsätzlich bin ich das auch. Aber ich habe oft das Gefühl, dass sich die ganze Thematik drei Schritte vor und einen zurück bewegt und sich im Hinblick auf eine gendergerechte Welt alles verzögert.

WOMAN: Sie beide sind Frauen, die sich in männerdominierten Branchen behauptet haben. Gegen welche Vorurteile müssen Sie immer noch ankämpfen?
ROLLIG: Weil ich selten laut werde und eine zurückhaltende Person bin, traut man mir manchmal wenig zu. Aber es ist noch jeder draufgekommen, dass ich das durchsetze, was ich durchsetzen will. Da habe ich schon manche eines Besseren belehrt. Und im Alltag erlebt man dieses Mansplaining, diese herablassende Art von Männern gegenüber Frauen, einfach ständig. Dass Männer Frauen unterbrechen, dass Männer etwas wiederholen, was man grad gesagt hat, und den Beifall ernten. Das nervt. (Denkt kurz nach): Ich habe vergangenes Jahr etwas erlebt, was mich immer noch wurmt. Als ich zur Belvedere-Direktorin bestellt wurde, war ich Live-Gast im Ö1-"Mittagsjournal". Und die Moderatorin hat mich doch tatsächlich gefragt, ob ich glaube, dass ich das überhaupt kann. Leider habe ich sehr brav geantwortet, heute denke ich mir, ich hätte ihr einfach gegen das Schienbein treten sollen. Ich bin mir sicher, dass sie das einen Mann nie gefragt hätte. Solche Unterstellungen passieren nur Frauen - wenn sie dann noch von einer anderen Frau kommen, ist es besonders bitter.

WOMAN: Da fällt mir ein Zitat von Opernball-Chefin Maria Großbauer ein, die in WOMAN meinte, Frauen stünden sich gegenseitig im Weg. Hat sie recht?
BLAHA: Nein, ich finde das ganz falsch. Mein Leben lang habe ich immer gut mit Frauen zusammengearbeitet. Ich habe mich auch nie gemessen, stand nie in einem Konkurrenzkampf. Vielleicht, weil ich immer anders ausgesehen habe als die anderen. Ich war immer zu groß, habe nie wirklich wo dazugehört und war Einzelkind.
ROLLIG: Mir geht es genauso. Meine Erfahrung ist übrigens auch, dass es Frauen besser gelingt, auf gewisse Insignien der Macht zu verzichten. Es muss mir niemand meine Handtasche nachtragen, ich fahre mit der U-Bahn, weil es mir am liebsten ist, und ich koche meinen Kaffee in der Küche selbst - das muss nicht irgendjemand für mich tun, weil ich glaube, dass mir das dann Autorität gibt. Mir fallen wirklich nur Frauen ein, die das genauso handhaben. Und glauben Sie mir, ich habe viele Männer in Generaldirektorenpositionen getroffen. Und da ist jedem wichtig, dass die junge Sekretärin erst einmal rausgeht, dich willkommen heißt und fragt, ob du einen Kaffee willst. Und nicht er selbst.

WOMAN: Sind Sie beide eigentlich zu den Frauen geworden, die Sie immer sein wollten?
BLAHA: Ich wollte eigentlich immer Malerin werden. Bis ich mit 18 erkannt habe, dass ich dafür wirklich kein Talent habe. Und dann dachte ich mir, ich werde Schauspielerin. Und das war offensichtlich das Richtige.
ROLLIG: Ich könnte nicht glücklicher sein, als ich es in meiner Position bin. Das Einzige, was ich nicht geschafft habe ist dass ich nie gelernt habe, in hohen Schuhen zu gehen. Das würde ich manchmal gern einsetzen. Alle paar Jahre kaufe ich mir dann ein Paar und denke mir: Jetzt probierst du es. Aber es klappt leider nie.

Stella Rollig und Maxi Blaha