Es ist bereits spätabends, als das Telefon klingelt. Grüß dich, Florian Fitz hier! Sorry, dass ich mich jetzt erst melde, aber ich stehe schon den ganzen Tag für den Dreh der Familienkomödie Da geht noch was am Set. Kein Ende in Sicht, sagt er mit etwas müder Stimme. Seit der Erfolgsserie der Münchner Hotelierssohn unentwegt an seiner Karriere. Wer den 38-jährigen Beau jetzt schon und das nackt! auf Celluloid sehen will, hat in Die Vermessung der Welt Gelegenheit dazu. Da spielt er das Mathematikgenie Carl Friedrich Gauß. Im Dezember bezaubert er als als langhaariger Joshua in Jesus liebt mich
WOMAN: Florian, Die Vermessung der Welt zeigt das Wirken von Mathematiker Carl Friedrich Gauß und dem Naturforscher Alexander Humboldt, die ihr Leben komplett der Wissenschaft verschreiben. Ihre Leistungen sind genial, aber beide leiden darunter, dass kaum ein Mensch sie versteht und so vereinsamen sie. Sie arbeiten auch sehr, sehr viel! Kennen Sie die Momente der Einsamkeit und Leere, wenn mal nichts zu tun ist?
Fitz: Das kennt jeder. Früher fiel ich nach intensiven Arbeitsphasen tatsächlich in ein Loch, aber das ist bessergeworden. Die Arbeit geht ja ständig weiter, deshalb habe ich das Problem so jetzt nicht mehr.
WOMAN: Füllen Sie mit Arbeit nun dieses Loch?
Fitz: Das würde ich so nicht sagen, nee.
WOMAN: Wie bekamen Sie dann das Einsamkeitsgefühl in den Griff? Durch wegatmen, verdrängen, überspielen?
Fitz: Das ist nicht mein akutes Problem, deshalb tue ich mir gerade schwer darüber zu reden. Man muss da halt irgendwie durch. Auch das Unangenehme gehört dazu zum Leben. Unser Problem ist ja, dass wir immer glauben, es müsse alles super sein. Das ist Bullshit! Für mich ist es vollkommen okay, wenns mal Scheiße läuft.
WOMAN: Es heißt, Skorpion-Geborene mögen solche Gefühlsabgründe!
Fitz: Es gibt Leute, die sich in diesen Tiefen seltsam geborgen fühlen. Aber wirklich mögen tut das keiner.
WOMAN: Sind Sie eigentlich gut im Nichtstun?
Fitz: Je nachdem wie viel sich aufgestaut hat, kann ich ganz gut faul sein. Ich kann gut loslassen, ausschlafen und mich regenerieren. Nichts geplant zu haben ist die beste Art, um meine Batterien wieder aufzuladen. Dann bin ich gerne alleine. Treffe Freunde, besuche meine Eltern und meine Schwester und ihre drei Kinder, wo ich auch Patenonkel bin. Aber ich merke relativ schnell: Das reicht dann wieder. Und bevor es mir fad wird, arbeite ich wieder.
WOMAN: Was war für Sie das Faszinierendste an dieser Rolle?
Fitz: Die Mathematik wars nicht. (lacht) Ich habe keine Affinität zu Zahlen, bin erwiesenermaßen auch kein Genie. Mir gefiel Gauß sinnlicher Zugang. Er war gar nicht so verkopft. Für ihn war Nachdenken ein sinnlicher Vorgang. Das fand ich faszinierend. Gauß kannte keine geistigen Schranken. Ich bin leider kein Gauß.
WOMAN: Trotzdem war er in seiner Welt gefangen. Er grübelt sogar beim Sex! Passierte es Ihnen auch schon, dass Sie selbst in der intimsten Zweisamkeit noch Drehbücher im Kopf durchgehen?
Fitz: Eigentlich nicht. Aber was ich schon merke, an mir und auch an meinen Freunden: Dass wir nicht mehr so leicht abschalten können. Man trägt Sachen schon mit sich herum, denkt auch abends noch nach. Früher war das nicht so. Da legte ich mich ins Bett und schlief ein. Das ist wohl eine Begleiterscheinung des Alters.
WOMAN: Schade, dass Sie so viel Grübeln! Dann können Sie ja gar nicht den Moment genießen...
Fitz: Na ja, wir alle wollen ganz überambitioniert im Moment leben. Weil wir es zwischen Kreuzworträtsel und Modestrecke so gelesen habe. Das Resultat ist doch, dass man sich dann ständig fragt: Bin ich jetzt auch wirklich im Moment? Und während ich über Moment nachdenke, habe ich ihn doch schon schon verpasst Also, mal nen Gang runter mit der Erwartungshaltung und sich locker machen.
WOMAN: Gauß verschanzt sich am liebsten hinterm Schreibtisch. Er hat Angst vor Gänsen, vor Hunden, vor Aussichtstürmen. Meinen Sie, hat er auch Angst vorm Leben?
Fitz: Nein! Er ist einfach nur auf einer anderen Ebene. Er denkt schneller als die Leute in seiner Umgebung, deshalb fühlt er sich so allein. Bis er seine Frau findet die ihn auf ihre Weise versteht. Mit ihr ist er wirklich glücklich! Aber Romantiker ist der keiner (lacht) ! Romantik, so wie sie Frauenmagazine heraufbeschwören, existiert nicht. Da stimme ich mit Gauß absolut überein. Romantik ist ein Zufallsprodukt, wenn sie schön sein soll. Magie kann man nicht kalkulieren. Sie passiert im Moment Da sind wir wieder. Der Moment. (lacht)
WOMAN: Aber den kann man auch versauen. So wie Gauß, der Johanna sein Formelbuch in die Hand drückt und meint: Mein Lebenswerk ist getan. Jetzt kann ich für eine Familie sorgen.
Fitz: Gauß verdeutlicht damit, dass er das, was er erledigen musste, zu Ende gebracht hat. Erst als er die höhere Aufgabe, die er von Gott auferlegt bekam, absolviert hat, erlaubt er sich zu leben. Nur formuliert er das etwas ungeschickt, was Johanna nicht schmeichelt. Ich spüre so eine große Verpflichtung nicht in mir (schmunzelt) ...
WOMAN: Sie brauchen also nicht erst einen Kassenschlager zu produzieren, um sich eine Beziehung zu gönnen? Sind Sie noch Single?
Fitz: (lacht) Es geht mir sehr gut.
WOMAN: Haben Sie jemals in einer Herzensangelegenheit Verstand über Gefühle gestellt?
Fitz: Gefühl ist meistens klüger als der Kopf.
WOMAN: Bei der Hochzeitsansprache meint Gauß: Ich glaube nicht ans Glück. Es fühlt sich an wie ein Rechenfehler.
Fitz: Ich glaube total, dass ich Glück hatte. Und, ja vielleicht ist es ein Rechenfehler, aber zu meinen Gunsten. (lacht)
WOMAN: Wie lange ist Ihre verschwurbeltste Liebeserklärung her?
Fitz: Die gabs so nie. Ich finds schön, jemandem zu sagen, was man in einem bestimmten Moment fühlt. Bin da ganz geradlinig und direkt.
WOMAN: Am Ende sitzen Gauß und Humboldt als Greise da. Und kommen zur Erkenntnis, dass im Leben nicht der Erfolg zählt, sondern viel mehr die Begegnungen mit anderen.
Fitz: Das sehe ich auch so. Aber wenn man in sich den inneren Auftrag spürt, etwas zum Wohl der Menschheit zu machen und sich nicht nur um das eigene Wohlbefinden zu kümmern, dann ist das nicht leicht. Es hat mich wirklich gefreut, dass selbst so ein verbitterter Mensch wie Gauß am Ende doch noch die Nähe zu anderen genießen kann.
WOMAN: Im Dezember spielen Sie den Messias in Jesus liebt mich. Gerade läuft im Kino Wers glaubt wird selig und in Österreich ist die Satireserie Braunschlag ein Hit. Warum boomen zurzeit Filme über Glauben, Wunder und den lieben Gott so sehr?
Fitz: Ich bin froh, dass unsere Religion es gelernt hat, auch Spott auszuhalten, ohne dass Regisseure, die sich dem Glauben humoristisch nähern, gleich gesteinigt werden. Ich bin auch katholisch aufgewachsen, aber bin noch unter Papst Johannes Paul II. ausgetreten. Ich wollte keine Bewegung bezahlen, die Leuten verbietet Kondome zu benutzen. Das ist doch im Hinblick auf Aids und andere Krankheiten purer Wahnsinn! Und ich kann auch nicht das Glaubensbekenntnis aufsagen, ohne dass ich das Gefühl habe zu lügen. Ich freue mich aber für jeden, der seinen Glauben gefunden hat, weil er so sicher nicht so orientierungslos ist wie ich. Aber das nehme ich in Kauf.
WOMAN: Religionen bekritteln auch, dass homosexuelle Paare Kinder adoptieren. Das tut selbst die schrille Mode-Ikone Harald Glööckler, der auch schwul ist!
Fitz: Immerhin anerkennt die Kirche schon gleichgeschlechtliche Paare. Das mit der Adoption ist für diese alte Institution vielleicht ein bisserl zu viel verlangt. Die Gesellschaft ist da glaub ich weiter: Klar ist es ungewöhnlich, wenn ein Kind zwei Väter hat. Aber das Wichtigste ist doch ein stabiles Zuhause.