Kaum angekommen, werden wir zur Einstimmung vor den Laptop der Assistentin gebeten. „Wir haben ein Video vorbereitet, die Frank Stronach-Story.“ Auf dem Schreibtisch des Neo-Politikers gibt es keinen Computer: „Ich habe alles im Kopf“, erklärt er. Während der 80-Jährige Weintrauben nascht, flimmern vor uns Schwarz-Weiß-Bilder aus den fünfziger Jahren vorbei, die den Steirer in seiner Jugend zeigen, als er mit 200 Dollar in der Tasche nach Kanada auswanderte und dort mit dem Magna-Konzern zum Milliardär wurde. Im September 2012 gründete er das „Team Stronach“, mit dem er in Salzburg bereits in der Regierung sitzt.
Im Büro von Frank Stronach können wir zwischen Kaffee und heißem Ingwerwasser wählen. Er schwört auf Zweiteres. In Griffweite liegen Wahlkampf-Flyer, Magna-Prospekte, Bücher über „Fränk“. Als unser Fotograf erste Porträts macht, interveniert Stronach: „20 Bilder. Nicht mehr.“ Wir einigen uns auf 30 und starten ins Gespräch. Mit dabei: Studentin und WOMAN-Leserin Daniela Koch, 28. Es wird ein Talk über Muskeln und Moneten, über Liebesregeln und was ein Liter Milch kostet ...

WOMAN:
Ihr Credo: Jeder soll sein Glück finden. Liegt Ihres denn in der Politik?
Stronach:
Nicht mein Glück, sondern das Glück der Österreicher, wenn wir die Mehrheit haben.
WOMAN:
Warum genießen Sie nicht viel lieber Ihre Pension mit Nichtstun?
Stronach:
Meine Freunde fragen mich das Gleiche. Mein Gewissen sagt: „Du musst was tun!“ Ich hoffe, dass ich die Menschen durch meine Werte und meine Bewegung wachrütteln kann und sie sich einmal am Tag in den Spiegel schauen, sich fragen, was sie für eine bessere Gesellschaft tun können. (Kaum hat er den Satz zu Ende formuliert, sagt er zum Fotografen: „Pass auf, jetzt hamma 40. I hab’ mitzählt.“ Er lacht und fügt an: „Zwei kannst no machen.“)
WOMAN:
Wahlkampf ist stets eine harte Zeit. Wie halten Sie sich körperlich fit?
Stronach:
Ich bin körperlich sehr fit.(Er ballt die rechte Hand zur Faust und präsentiert uns durch das Sakko seinen Bizeps. „Da müssen wir dann mal testen“ und greifen hin. Frank Stronach steht auf, geht um den Tisch und spannt nochmal an. Wir machen die Probe. „Da müssen Sie auch noch!“, grinst er und deutet auf den Trizeps.)

WOMAN:
Woher kommen die Muckis?
Stronach:
Ich mache jeden Tag ein bisschen Yoga, Dehnen, ein bisschen Gewicht, bin auf der Laufmaschine oder am Stepper.
WOMAN:
Ihre Prognose: Wie lange wird Sie die Politik noch freuen?
Stronach:
Ich könnte jetzt am Strand liegen und mich von vier Frauen massieren lassen. Aber Politik ist nicht eine Frage der Lust, sondern der Berufung. Freude macht es nicht. Ich werde von den Medien beschimpft, sitze im Glashaus. Ich glaube, wenn mich die Leute näher kennen lernen würden, würden mich alle wählen. Denn ich will dienen und nicht verdienen.
WOMAN:
Wie haben Sie Ihren Kindern vermittelt, dass man Geld erst verdienen muss, bevor man es ausgeben kann?
Stronach:
Als meine Kinder kleiner waren, war die Firma noch nicht so groß. Wir haben in einem einfachen Haus gewohnt. Belinda (Anm: 46) und Andrew (Anm.: 44) haben mich öfter gefragt, warum wir keinen Pool haben. Sie sind ganz normal erzogen worden.
WOMAN:
Hat die Watsch'n dazugehört?
Stronach:
Nein, nie! Einmal habe ich meinen Sohn am Ohr gezogen. Das hat mir dann sehr leid getan.
WOMAN:
Ihre Tochter bezeichnen Sie als Ihren Zwilling. Warum?
Stronach:
Wenn wir früher essen gegangen sind, habe ich gewusst, was sie bestellen wird und umgekehrt. Jetzt ist sie so gesundheitsbewusst, da bestell’ ich mir was anderes. Ich bin auch gerade dabei, im November eine Steak-Restaurantkette in den USA und Kanada zu eröffnen: „Dinner, Gourmet, Grill.“
WOMAN:
Arbeiten Sie dafür mit Sohn Andrew zusammen? Er ist ja in der Landwirtschaft tätig?
Stronach:
Nein. Er lebt ein sehr einfaches Leben. Er macht das mehr als Hobby und Lifestyle, freut sich, wenn er Zäune machen kann.
WOMAN:
Sie sprechen viel von Werten. Welche haben Sie Ihren Kindern vermittelt?
Stronach:
Sagt die Wahrheit. Seid ehrlich. Seid höflich und hilfreich.
WOMAN:
Würden Sie heute in Väterkarenz gehen? Damit wären Sie einer von lediglich fünf Prozent hierzulande.
Stronach:
Nein, das passt nicht zu meiner Person. Politisch unterstütze ich die Familie und die muss entscheiden, wie sie das macht. Der Staat kann nicht alles sagen. Der Vater kann ja auch nicht Brust füttern.
WOMAN:
Mit der Mutter Ihrer Kinder, Elfriede, sind Sie seit 52 Jahren verheiratet. Da haben Sie eingangs gleich Regeln aufgestellt. Welche sind das?
Stronach:
(überlegt länger) Ich habe meine Frau noch nie angelogen. Manchmal sagt man: „Pass auf, frag mich nicht.“ Wichtig ist, dass man Respekt voreinander hat. Ich weiß, wenn es manchmal Männertreffen gibt, wird gefragt: „Wo ist eine Bar, wo gibt’s Weiber?“ und dann rufen sie zuhause an „Honey, I miss you.“ Ich habe meine Frau gefragt: „Willst du so einen Mann haben?“ Ich sage ihr: „In mir hast du einen Freund, du bist die Mutter meiner Kinder und hast einen Special Status.“
WOMAN:
Und würden Sie sich jemals scheiden lassen?
Stronach:
(schnauft laut aus) Nein, ich hätte keinen Grund dazu. Sie ist eine Lady, eine gute Mutter und eine weise Frau. Sie kann ihr Leben führen.
WOMAN:
Ihre Enkel (Frank, 22, Nikki, 20, Celina, 11) werden Ihr Vermögen einmal erben. Arbeiten Sie bereits mit?
Stronach:
Frank hat gerade bei mir angefangen. Er hat das gewisse Etwas und einen guten Hausverstand. Außerdem ist er ein bekannter DJ und sagt: „Pass auf, ich bin nicht auf dein Geld angewiesen!“ Ich schätze ihn sehr. Nikki ist erfolgreiche Springreiterin, Celina noch zu klein.
Stronach:
Fehlen Ihnen eigentlich irgendwann mal auch die Worte?
Stronach:
Ich glaube, ich kann über jedes Thema sprechen. Es gab Zeiten, in denen ich auf der untersten Stufe gelebt habe, und ich habe mit Königen und Königinnen gespeist.
WOMAN:
Und was ist Ihnen peinlich?
Stronach:
Mir ist nichts peinlich!
WOMAN:
Eine Schwäche haben Sie aber sicher. Verraten Sie uns die?
Stronach:
Ja, Schweinsbraten.
WOMAN:
Und was macht Ihnen Angst?
Stronach:
Das steht in den Sternen! Wichtig ist, dass man inneren Frieden hat, dafür braucht es ein gewisses Alter. Ganz gleich, wie alt, berühmt, hübsch man ist, man kann nie alles haben und das ist gut so. Wie immer es auch ist: Mach’ das Beste draus!
WOMAN:
Wie viel Gefühl hat in Ihrem Leben Platz? Lassen Sie Tränen zu?
Stronach:
Einmal sind vielleicht ein paar Tränen runtergefallen, als vor acht Jahren mein bester Freund gestorben ist.
WOMAN:
Und im Gegenzug: Wann lachen Sie lauthals?
Stronach:
Jeden Tag. Wir blödeln sehr viel.
WOMAN:
Erzählen Sie uns doch mal Ihren Lieblings-Witz...
Stronach:
Wie sauber muss er sein? (lacht) „Treffen sich zwei Schlangen, fragt eine die andere: ,Wie geht es dir?‘ Die sagt: ,Naja, man schlängelt sich so durch.‘ Treffen sich zwei Vögel, fragt der eine den anderen: ,Wie geht es dir?‘ Der antwortet: ,Naja, man fliegt so durch die weite Welt.‘ Das ist ein lieber Witz, oder?
WOMAN:
Ja, eh! Wissen Sie eigentlich, wie viel ein Liter Milch kostet?
Stronach:
Der wird einen Euro kosten (Anm.: kostet ab 95 Cent). Aber hier gehe ich selten in den Supermarkt, drüben öfter. Ich will nicht so viele Bedienstete haben und kauf’ mir schnell mal Früchte, Brot und Butter.
WOMAN:
Tragen Sie Bargeld bei sich?
Stronach:
Ich verwende meistens die Kreditkarte. (Daraufhin greift er in seine Hosentasche und zieht ein Geldpackerl heraus. Ein Fünfhunderter und ein Zweihunderter blitzen hervor).
WOMAN:
Na, das ist aber ordentlich.
Stronach:
Eineinhalbtausend bis zweitausend habe ich meist bei mir. Wenn ich mit Leuten essen gehe, zahl’ ja ich.
WOMAN:
Zuletzt ein Blick in die Zukunft: Was würde denn besser sein, wenn Sie ab Oktober in der Regierung sitzen?
Stronach:
Oder die Mehrheit hole. Es gibt kein Wundermittel, dass wir Österreich umdrehen, aber jetzt ist vielleicht die einzige Möglichkeit, eine Änderung herbeizuführen. Mehr Freiheit, Demokratie, besserer Wohlstand.
WOMAN:
Für Sie ist es also vorstellbar, Bundeskanzler zu werden?
Stronach:
Nein, das ist nicht vorstellbar. Ich strebe kein Amt an.
Kommentare