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Hört endlich auf, Frauen blöd hinterherzurufen!

Herablassende Pfiffe, Nachrufe und als vermeintliche Komplimente getarnte Anmachsprüche machen jeden Weg zum Spießroutenlauf und die Situation kennt JEDE Frau - jeden Alters. Die zwei Fälle unserer Redakteurin zeigen, warum Männer *wirklich* damit aufhören sollten...

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Hört endlich auf, Frauen blöd hinterherzurufen!
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Folgendes Szenario: Du entscheidest dich, nach der Arbeit ausnahmsweise nicht die Bahn zu nehmen, sondern lieber nach Hause zu spazieren. Du hast dein Lieblingskleid an, du fühlst dich gut. Und dann siehst du schon aus dem Augenwinkel, wie ein Auto auf der Straße neben dir verlangsamt. Insasse XY ruft dir blöd hinterher, pfeift, hupt und meint, damit auch noch tatsächlich irgendetwas zu bewirken. Was machst du? Wahlweise ignorierst du ihn, hebst routiniert den Mittelfinger, ohne dich dabei umzudrehen, oder schreist dem Cat-Caller, wie es im Englischen heißt, nicht minder Obszönes entgegen und lässt deiner Wut freien Lauf.

"Geiler Arsch", "Schöne Brüste", "He, dich würd ich gerne...!" - tagtäglich sind wir Frauen auf der Straße sexueller Belästigung ausgesetzt. Traut euch. Fragt Frauen, in welchem Alter sie zum ersten Mal degradierenden Pfiffen, zweideutigen Bemerkungen oder im schlimmsten Fall einer fremden Hand am Popsch ausgesetzt waren. Die Antwort wird dich schockieren. Kein Wunder, dass Frauen mittlerweile derart abgeklärt sind, dass wir schon grundsätzlich nicht mehr an das Gute im Menschen glauben, wenn ein Auto neben uns verlangsamt, uns jemand hinterherruft oder anderweitig auf sich aufmerksam machen will.

Ganz im Gegenteil: Meist helfen wir uns mit völlig bewusstem und professionellem Ignorieren der Person, um der unangenehmen Situation bestmöglich zu entkommen. Und genau das ist das Problem. Weil ein Großteil der Männer es noch immer nicht erkennt, wo ein Kompliment aufhört und sexuelle Belästigung anfängt, gehen auch jene Männer unter, die es nur gut mit uns meinen. Was mir gleich zwei Beispiele verdeutlichten, die mir innerhalb einer Woche passierten...

Diese zwei "Notfälle" verdeutlichen, warum Männer wirklich aufhören müssen, uns ständig zu cat-callen...

...kommen wir noch einmal zum Eingangs-Szenario. Ich bin nämlich erst kürzlich wirklich nach der Arbeit zu Fuß zu meiner Wohnung spaziert. Neben mir verlangsamte tatsächlich ein Auto, die Fensterscheibe auf Fahrerseite wurde heruntergelassen, und es wurde inständigst versucht, meine Aufmerksamkeit zu erregen. Und ich? Ich war maximal genervt, ging schnellen Schrittes weiter, schob mir meine Kopfhörer noch ein bisserl tiefer in die Ohren und setzte mein bestes "Ich hasse Männer"-Gesicht auf. Irgendwann konnte ich die energisch winkenden Hände in meinem Augenwinkel aber doch nicht mehr ignorieren. Und was soll ich sagen? Dieser arme Mann wollte mir nur helfen. Mir war beim Gehen mein Kleid derart hochgerutscht, dass mein halber Popsch zu sehen war (und das ist gerade untertrieben).

Ähnliches passierte mir nur ein paar Tage später. Wieder war ich alleine auf der Straße unterwegs. Wieder war da ein Typ mit dickem Auto, der hinter mir mit Lichthupe Signale setzen wollte und mir bedeutete, zu ihm zu schauen. Nun ja. Long story short: Es war der Stiefvater meines Freundes, der eigentlich nur anbieten wollte, mich Zuhause abzusetzen. Ich hab ihn derart gekonnt ignoriert, dass er erst meine Aufmerksamkeit hatte, als er mich anrief.

Was ich mit diesen Beispielen verdeutlichen will? Catcalling ist eine ernstzunehmende Angelegenheit und keine Hysterie. Für den Moment scheint es vielleicht harmlos, Frauen haben diesen Alltagssexismus aber über Jahrhunderte derart internalisiert, dass die guten Taten dabei völlig untergehen. Es ist 2020 und wir glauben tatsächlich nicht mehr daran, dass uns fremde Männer grundsätzlich nur Gutes wollen. Ein Wahnsinn eigentlich.

Was tun bei Cat-Calling?

Was wir raten? Den Spieß umzudrehen. Anstatt die Bemerkungen und Cat-Caller länger zu ignorieren, bekommen sie von nun an die von ihnen so viel gewünschte Aufmerksamkeit. Starren Männer uns an, starren wir zurück. Pfeifen uns Männer hinterher, pfeifen wir zurück. Johlen? Können wir auch. Und auf dumme Sprüche reagieren wir von nun an mit einer Zurechtweisung. Warum? Weil es ein Aufschrei gegen das demütigende und reduzierende Verhalten ist - und wir im Zweifel rechtzeitig merken, wenn uns einer nur unser verlorenes Geldtascherl nachtragen will. Vielleicht verstehen es ja dann irgendwann alle...

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