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Frauen können Technik? Und wie!

Die eine kümmert sich um die Kampfflugzeuge unseres Bundesheers, die andere spezialisiert sich auf Robotik sowie künstliche Intelligenz und die dritte gewann Preise für ihre Kameraarbeit für die Vorstadtweiber und mehr. Frauen, die man unbedingt kennenlernen möchte und die wir euch hier vorstellen.

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Frauen können Technik? Und wie!
© Reinhard Engel

Man schreibt das Jahr 2019. Die populärsten Lehrberufe für junge Frauen sind immer noch Bürokauffrau, Friseurin und Verkäuferin. Männer bleiben in den – deutlich besser bezahlten – technischen Branchen weitgehend unter sich. Gebessert hat sich die Situation auf der Ebene von Fachhochschulen und Universitäten. Hier ist der Frauenanteil bei MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) in den letzten Jahrzehnten laufend angestiegen, bleibt aber meist weiterhin von der Parität entfernt. Dabei suchen die Unternehmen intensiv bis verzweifelt technische und IT-Profis. Wo sind die Frauen?

Reinhard Engel hat sich auf die Suche gemacht – und wurde schnell fündig. Er portraitiert Frauen, die sich bewusst für Technikberufe entschieden haben. Er beschreibt, wie deren Arbeit konkret aussieht, was sie leisten und was von ihnen gefordert wird. Die Palette reicht von Lehrlingen im klassischen Maschinenbau über Programm-Entwicklerinnen in der IT-Branche bis zu leitenden Technik-Verantwortlichen in internationalen Großunternehmen, zu Forscherinnen, Unternehmerinnen und Spitzen-Managerinnen.


Im Buch "Frauen können Technik - Portraits und Reportagen aus Österreich" präsentiert er ein Plädoyer für mehr Frauen in vermeintlichen Männerbrachen und wir präsentieren hier drei dieser Vorstellungen, die Lust auf mehr machen:

Manuela Hraby

Manuela Hraby hat beim Bundesheer die Lehre zur Luftfahrzeugtechnikerin absolviert. Jetzt arbeitet sie an der Wartung des Eurofighters - und fliegt privat selbst kleine Propellermaschinen.

Kabelbäume und Navigation

Eigentlich ist der Bruder schuld. Er hatte am Zeltweger Fliegerhorst Hinterstoisser die Lehre zum Luftfahrzeugzeutechniker begonnen und zuhause immer wieder begeistert davon erzählt: Warum Flugzeuge abheben, obwohl sie schwerer sind als Luft. Oder wie viel Power Triebwerke haben. Manuela, zweieinhalb Jahre jünger, hörte fasziniert zu. Und sie machte es ihm nach, sobald sie 15 war. Die HTL und ein mögliches Architektur-Studium mussten weichen, Flugzeuge waren ganz einfach interessanter.

Manuela Hraby, 25, die aus einer kleinen Gemeinde an der Grenze zwischen der Steiermark und Kärnten stammt, bewarb sich und machte die Aufnahmsprüfung: Es gab Fragen zu Mathematik und Physik, Deutsch- und Englisch-Kenntnisse wurden getestet, auch räumliches Denken mit Drähten, die nach Vorgaben dreidimensional gebogen werden mussten. Sie schaffte es.

Doch zunächst ging es in die Lehrwerkstätte der ÖBB im nahen Knittelfeld. Das Bundesheer hat mit der Bahn ein Abkommen, dass seine Lehrlinge - ob Burschen oder Mädchen - dort die Grundlagen der Metallbearbeitung beigebracht bekommen, theoretisch wir praktisch. „Wir haben mit dem händischen Feilen, Schleifen und Bohren begonnen,“ erzählt Frau Hraby. Dann lernten sie unterschiedliche Maschinen kennen, etwa zum Fräsen oder Drehen.

Im zweiten Lehrjahr übersiedelte man in die Werft, und durfte - natürlich unter genauer Anleitung - schon an echten Flugzeugen schrauben und messen. Sie bekamen eine eigen Pilatus PC7 Turboprop-Maschine als Lehrmittel zur Verfügung, die zwar nicht mehr genutzt wurde, aber mehr war als nur ein Dummy, eben das richtige Ding. Jetzt lernten Manuela und ihre Kollegen erst Grundsätzliches über das Gerät, dann konnten sie sich spezialisieren, es gab drei Möglichkeiten: Triebwerk, Flugwerk oder Bordsysteme. Sie entschied sich für letzteres, hier ging es vor allem um Elektrik und Elektronik, um analoge und digitale Anzeigen, um Kabelbäume, um Verbinden, Schalten und Messen.

Nach dreieinhalb Jahren wurde das erworbene Wissen gewissenhaft abgeprüft, in der - zivilen - Bundesfachschule für Flugtechnik im niederösterreichischen Langenlebarn. Manuela war zwar aufgeregt - „Ich mag Prüfungsstress wirklich nicht“ -, aber es ging gut. Mündlich musste sie vor einer Kommission etwa die Arbeitsweise eine Generators erklären, dann die Funktionen sämtlicher Instrumente im Cockpit, Aufbau und Wirkung. Im praktischen Teil waren Werkstücke aus Metall präzise zu bearbeiten, mit Bohren, Schleifen, Feilen und Biegen, im Fach Elektrik mussten Kabel verbunden werden. Dann ging es um Genauigkeit in der Montage: Mit welchen Hilfsmitteln werden Schrauben abgesichert? Und schließlich musste sie mit einem Endoskop einen - gefährlichen - Fremdkörper im Inneren einer Turbine aufspüren.

Das Bundesheer bildet derzeit 240 Lehrlinge in 30 Lehrberufen aus. Im Flugbereich sind es drei Angebote: LuftfahrzeugtechnikerIn, ElektronikerIn oder Betriebslogistikkaufmann/-frau. Insgesamt beschäftigen die Luftstreitkräfte momentan 18 Frauen, die die hauseigene Ausbildung durchlaufen haben.

Manuela Hraby war 18 1/2, als sie vom Bundesheer übernommen wurde. Aber sie ist damit keine Soldatin, sondern Verwaltungsbedienstete. Der überwiegende Teil der SpezialistInnen, die an den Flugzeugen arbeiten, sind Zivilistinnen. Frau Hraby trägt wohl heute in der Werft einen olivgrünen Overall, aber der hat keine militärischen Rangabzeichen, es ist lediglich eine Arbeitskleidung, keine Uniform.

Doch gleich kam sie nicht in die Hallen mit den Flugzeugen. Erst gab es dort keine freie Stelle, also begann sie im Tower bei der Flugsicherung, aber sie wollte so schnell wie möglich zurück zu den Fliegern. Nach einem dreiviertel Jahr war es dann so weit. Sie konnte zunächst den vorgeschriebenen Wartschein für Bordsysteme, also Avionik und Elektrik machen, hängte später noch den für Triebwerke an. Mit diesen Qualifikationen darf sie selbständig bestimmte Wartungsschritte durchführen.

Und das macht sie auch am komplexesten System, das die Österreichischen Luftstreitkräfte in Betrieb haben, am Eurofighter. „Ich bin jetzt bei den großen Wartungen eingesetzt“, erzählt sie. Diese ähneln einem großen Service an einem Automobil, sind freilich um einiges umfangreicher und dauern mehrere Monate. Das Fluggerät wird weitgehend zerlegt und wieder neu zusammengebaut. Grundlage dafür sind Flugstunden und Vorgaben des Herstellers EADS.

Dabei geht es erstens einmal um die Flugsicherheit im Betrieb, zweitens um die Gewährleistung für Teile, die eventuell nicht ganz so entsprechen, wie sie sollten. In der internationalen militärischen Luftfahrt gilt der so genannte Drittelsatz: Ein Drittel der Flugzeuge ist im Einsatz, ein Drittel hat kleinere Kontrollen und kann schnell in den Einsatz gebracht werden, ein Drittel bleibt für größere Instandhaltungsarbeiten außer Dienst. Für die 15 österreichischen Eurofighter heißt das: Jeweils fünf befinden sich für diese Arbeiten in der Werft.

Es sind die unterschiedlichsten Arbeiten, mit denen Frau Hraby betraut wird. Das können Ölwechsel sein oder Überprüfungen sämtlicher Anzeigen und Displays im Cockpit, es mögen Filterwechsel sein, Zündkerzen-Kontrollen oder solche an den kilometerlangen Kabelbäumen. Sie macht das mit viel Freude, lernt ständig dazu. „Eines ist klar, das Lernen ist mit dem Ende der Lehrzeit nicht vorbei. Man muss immer wieder auf Kurse fahren, allein im Vorjahr war ich vier Monate weg für Schulungen.“ Dennoch würde sie auch anderen jungen Frauen mit Freude an Technik ihren Beruf empfehlen. „Meine zwei besten Freundinnen haben leider nichts übrig fürs Fliegen.“

Für sie bedeutet es freilich weit mehr als einen Job, weit mehr als nur für andere sichere Fluggeräte bereit zu stellen. Erstens einmal ist ihr Mann Eurofighter-Pilot, sie hatte ihn hier am Fliegerhorst kennen gelernt. Und dann teilen sie noch ein Hobby - natürlich Fliegen. „Ich mache das, so oft es geht, und so oft es das Geldbörsl hergibt, vielleicht einmal die Woche. Es ist ein teures Hobby, aber mein einziges.“

Frau Hraby ist Mitglied der Heeressportfliegergruppe, einem Flieger-Club, der am selben Flughafen beheimatet ist. Freilich bewegt sie andere, deutlich kleinere und langsamere Geräte, etwa der Marken Grob oder Diamond Aircraft. „Die Grob ist ein einmotoriges Flugzeug, das für Kunstflug geeignet ist, und ich kann auch schon die Standard-Figuren wie Rollen, Loopings oder die kubanische Acht.“ Sogar einen Schein für Wasserflugzeuge hat sie gemacht, in Polen an einem großen See.

Im Sommerurlaub chartert sie dann mit ihrem Mann eine kleine Maschine und fliegt Richtung Kroatien. Dabei gibt es durchaus ein bisschen Konkurrenz: „Ich habe mehr Erfahrung mit kleinen Flugzeugen, dafür ist er besser mit dem Funken und dem genauen Berechnen vom Spritbedarf.“

Eva Testor

Eva Testor gehört zur kleinen Gruppe österreichischer Kamerafrauen. Doch bis sie für Produktionen wie Maikäfer Flieg, Backstage Wiener Staatsoper oder Vorstadtweiber drehen durfte, war es ein langer, harter Weg.

„Technik dient uns als Werkzeug“

Im Nachhinein scheint es ganz logisch. Aber vom Kindertraum bis zur Wirklichkeit im Herzen der österreichischen Filmbranche sollte es ein weiter, oft steiniger Pfad werden. Eva Testor hatte als Siebenjährige bereits ihren kleinen Koffer gepackt und stand vor der Türe, bereit aufzubrechen: „Ich will zum Zirkus.“ Die Akrobatinnen hatten es ihr angetan, so eine schwebende Feenfigur wollte sie selbst werden. „Meine Mutter ist dann mit mir hingegangen, aber natürlich waren die Leute dort schon gebrieft. Sie haben mir gesagt, ich muss zuerst die Schule fertig machen, dann kann ich mich wieder melden.“

Dazu sollte es nicht kommen. Frau Testor ist dann in einer ganz anderen Ecke des Show Business gelandet und fühlt sich dort sehr wohl: „Was gibt es Schöneres, als das machen zu können, wofür man brennt.“ Sie zählt zur überschaubaren Gruppe österreichischer Kamerafrauen, die für interessante Produktionen gebucht werden, und das reicht von populären Serien wie Vier Frauen und ein Todesfall oder Vorstadtweiber über Literaturverfilmungen wie Maikäfer Flieg nach einem Roman von Christine Nöstlinger bis zu anspruchsvollen Dokumentarfilmen wie Backstage Wiener Staatsoper. „Bei den wirklich großen internationalen Filmprojekten, wo es um sehr viel Geld geht, bleiben die Kameramänner weiter unter sich, aber nicht mehr lange“, sagt sie freilich ganz nüchtern.

„Ich bin eine Spätzünderin und Schulabbrecherin“, erzählt die erfolgreiche Kamerafrau im Rückblick. Und tatsächlich brauchte es eine ganze Reihe von Umwegen, bis sie hinter ihrer gar nicht so kleinen digitalen Alexa Mini-Filmkamera mit Zeiss Optiken Tage und Nächte auf den unterschiedlichsten Filmsets verbringen konnte.

Angefangen hat es mit dem Umstieg von der Gymnasiums-Unterstufe in eine Hauswirtschaftsschule, die ihr nicht wirklich lag: „Da wird man zur Ehefrau ausgebildet. Man lernt bügeln und den Tisch festlich decken, völlig sinnentleert.“ Sie schloss die Schule zwar ab, floh aber gleich für ein halbes Jahr als Au Pair nach Kalifornien. Nach ihrer Rückkehr begann sie eine Ausbildung an einer Sportschule in Wien, „dafür hat man keine Matura gebraucht“, aber sie war schnell unglücklich und folgte verliebt ihrem Tiroler Freund zurück zwischen die Berge. Ohne nennenswerte Ausbildung blieben ihr nicht gerade viele Jobchancen, also arbeitete sie am Gericht, „auf der untersten Stufe, als D-Angestellte“.

Bei einer Zugfahrt kam sie mit einem älteren Herrn ins Gespräch, und der überzeugte sie davon, dass sie die Matura machen müsse, um weiter zu kommen: „Der war wie ein Engel für mich“. Sie gab sich einen Ruck, folgte der Empfehlung, reduzierte ihre Arbeitsstunden bei Gericht und besuchte für die nächsten viereinhalb Jahre fünf Tage in der Woche eine öffentliche Abendschule. „Das hat mir total getaugt“, erinnert sie sich. „Es hat zwar eine hohe Ausfallsquote gegeben, aber es war ganz anders als in der Tagesschule. Wir sind wie erwachsene Menschen behandelt worden.“ Sie lernte diszipliniert, bekam für die letzten Monate ein Stipendium, und nach der Matura folgte der nächste Aufbruch nach Wien.

Es sollte die Filmakademie werden, obwohl niemand in ihrer Familie oder in ihrem Freundeskreis etwas mit Film zu tun hatte. Doch es ging schief. Zweimal schaffte sie die Aufnahmsprüfung nicht, genauer: Nach Abgabe ihrer Foto- und Filmproben wurde sie gar nicht erst zur Prüfung eingeladen. Sie wußte nicht so recht, was sonst tun, das Geld wurde knapp, so arbeitete sie eine Zeit lang als Kellnerin auf einer alpinen Hütte in Vorarlberg.

Doch dann kam die Wende. Als sie sich zum dritten Mal bewarb und an der Akademie lautstark beschwerte, dass man sie zuvor zweimal ohne Begründung, trotz mehrmaligen Nachfragens, abgewiesen hatte, lief ihr der neue Professor für Kamera, Christian Berger, über den Weg, selbst Tiroler. Er schaute sich ihre Arbeiten genauer an, motivierte sie nochmal anzutreten, schlussendlich schaffte sie die harte Aufnahmeprüfung und landete in seiner Klasse. „Bei der Heimfahrt im Zug aus Wien nach Innsbruck habe ich den ganzen Speisewagen eingeladen“, erzählt sie. „Ich habe gedacht, der Himmel öffnet sich für mich.“

Viereinhalb Jahre studierte sie mit Verve, finanziell hielt ihr ein Stipendium den Rücken frei, „weil ich ja davor schon lang gearbeitet hatte.“ Sie lernte das Filmen und alles was, dazu gehört. „Die Technik ist dazu das Werkzeug. Bei den alten, analogen Kameras konnte man noch etwas reparieren, wenn es notwendig war. Die hat man aufgemacht und den Fehler gesucht. Das geht heute in der digitalen Welt nicht mehr.“

Ihren ersten Kinofilm „Crash Test Dummies“ drehte sie mit Jörg Kalt noch auf 16 mm, dann lernte sie sukzessive mehrere Regisseurinnen kennen, mit denen sie längerfristig zusammenarbeiten sollte: Nina Kusturica, Mirjam Unger, Sabine Derflinger. Und die Frauen griffen dabei früh Themen auf, die erst viel später auf ein breites Interesse und politische Reaktionen stoßen sollten. Schon 2008 - lange vor der dramatischen Flüchtlingswelle des Jahres 2015 - drehte Nina Kusturica einen Film über unbegleitete jugendliche Flüchtlinge aus unterschiedlichen Ländern: „Little Alien“. „Vienna`s Lost Daughters“ von Mirjam Unger portraitierte jüdische Frauen aus Wien, die dem Nationalsozialismus mit Kindertransporten über England in die USA entkommen waren. „Oh Yeah, She Performs“ war ein Film, ebenfalls mit Frau Unger, über österreichische Indie-Musikerinnen.

Mit Nina Kusturica gründete Frau Testor eine eigene kleine Produktionsfirma, die sie zehn Jahre betrieben. „Das war eine wichtige lehrreiche Zeit.“ Dann ging man wieder getrennter Wege, sie ließ sich neue Visitenkarten drucken, auf denen statt Produzentin jetzt „nur“ mehr Kamerafrau stand.

Doch es ging weiter, und wie. Für die Krimi-Serie Vier Frauen und ein Todesfall - unter anderen mit Adele Neuhauser und Brigitte Kren - nach einer Idee von Wolf Haas sollte Frau Testor ursprünglich die zweite Kamera übernahmen. Als die Nummer eins ausfiel wurde sie gefragt, ob sie sich diese zutraue. „Klar kann ich das. Da muss man reagieren, wie das die Männer tun. Damit war ich in Österreich die erste Frau, die in einer Serie Kamera gemacht hat.“

Und es klappte wieder mit einer Serie, diesmal mit den Vorstadtweibern. Die Regie teilten sich Sabine Derflinger und Harald Sicherits, Frau Testor arbeitete mit Derflinger. „Das war zwar eine spannende Arbeit, aber unter permanentem Zeitdruck, das war weniger lustig“, erzählt sie. „Für die ersten fünf Folgen gewann ich für meine Kameraarbeit die goldene Romy, das haben wir gut gefeiert. Seitdem flutscht es eh.“ Die Opern-Dokumentation anlässlich des 100. Geburtstages der Wiener Staatsoper im Jahr 2019 mit Stephanus Domanig teilte sich Frau Testor mit einer zweiten Kamerafrau, Judith Benedikt, es gab immer wieder andere Verpflichtungen, auch im Ausland. „Aber es war ein Traum“, schwärmt sie. „Ich liebe klassische Musik, und so nahe an den KünstlerInnen dran zu sein, die Magie auf der Bühne zu spüren, das war schon etwas Besonderes.“

Neben ihrer spät begonnenen, aber doch äußerst erfolgreichen Karriere gab es noch zwei Ehen. Als ihre Tochter Alina klein war, halfen die Eltern mit der Betreuung aus, „sonst wäre das nicht gegangen. Der Vorteil war, dass ich mich als junge Mutter im Beruf immer gut organisieren musste.“

Aktuell dreht sie mehrere Folgen der Krimireihe Die Füchsin für ARD Degeto. Dabei geht es um eine ehemalige Stasi-Agentin, die in der Pension als Privatermittlerin jobbt, aber doch immer wieder von ihrer Vergangenheit eingeholt wird. Daneben schreibt Frau Testor Drehbücher, noch im Herbst 2019 wird ihr erster - Tiroler - Landkrimi gedreht. Und wenn sie sich umwendet und ganz weit zurückblickt, bis zum gescheiterten kindlichen Ausbruchsversuch unter die Kuppel des bunten Zirkuszelts, dann sieht sie ihre eigene künstlerische Lebenslinie über alle Hindernisse hinweg gezogen: „Die Filmwelt ist halt doch ein bisserl Zirkuswelt.“

Caroline Spinner

Caroline Spinner studiert an der FH Wiener Neustadt im Fachbereich Robotik. Als künftiges Berufsziel sieht sie Medizintechnik oder das Feld der Künstlichen Intelligenz.

Jetzt geht es ans Programmieren

Die Prüfungen der ersten Semester waren nicht leicht, aber sie hat sie gut bestanden. „Von Mechanik und Elektrotechnik habe ich vorher im Gymnasium nie etwas gehört. Bei Elektrotechnik hat mir mein Vater einiges erklären können, er hat das einmal an einer HTL gelernt.“ Caroline Spinner studiert an der FH Wiener Neustadt Robotik, in einem Fachbereich, der erst seit zwei Semestern angeboten wird. Und sie sieht hautnah, wie ihre Mit-Studierenden, die aus den HTLs kommen, sich leichter tun, was sie alles schon wissen, das für sie noch Neuland bedeutet.

„Der Druck war schon sehr groß und ich habe mich ein paar Mal gefragt: Wie werde ich das alles schaffen?“ Es sollte auch nicht für alle reichen, das erste Jahr zu überstehen: „Wir waren am Anfang 16, davon zwei Mädchen“, erzählt sie. „Jetzt sind wir nur mehr acht, und ich bin die einzige weibliche Studentin.“ Die anderen haben entweder selbst aufgegeben, oder die Prüfungen nicht bestanden.

Caroline hat von den Eltern ein grundsätzliches Interesse an Handwerk und Technik mitbekommen. Ihr Vater hat zwar seine Elektrotechnik-Ausbildung längst gegen einen Pilotensessel bei Austrian Airlines getauscht, die Mutter unterrichtet an einer Neuen Mittelschule. Aber zuhause wurde vieles selbst gemacht, von Elektroinstallationen bis zu Holzarbeiten, und Carolina, Jahrgang 1999, die älteste von drei Geschwistern, war oft dabei.

Das Gymnasium im niederösterreichischen Berndorf sollte der Start werden. Nach der vierten Klasse überlegte sie kurz den Wechsel an eine HTL, blieb dann aber doch und maturierte. „Ich war nie schlecht in Mathematik, und auch Physik hat mich interessiert, aber so viel wie an einer HTL haben wir natürlich nicht gelernt.“ Zuerst begann Caroline in Wien an der Uni Biologie zu studieren. Aber es wurde ihr bald klar, dass sie hier nicht bleiben wollte: „Es war unpersönlich, ich wollte keine anonyme Nummer in einem großen Betrieb sein. Außerdem war es mir zu weit von der Praxis entfernt.“

Also machte sie sich auf die Suche nach einer Ausbildung, die sie freuen würden, „und wo ich mir auch vorstellen kann, dass ich das länger machen will.“ Vor allem die Internet-Suchmaschinen der Fachhochschulen nutzte sie intensiv, beim neuen Studiengang Robotik in Wiener Neustadt blieb sie hängen. Ähnliches bietet auch die FH Technikum Wien an, aber so kann sie noch zuhause wohnen und mit dem Auto in einer halben Stunde zum Studienort fahren.

„Vor zwei Jahren hätte es das noch nicht gegeben“, freut sie sich über das glückliche Zusammentreffen. „Dann hätte ich vermutlich Mechatronik gemacht, aber da gibt es doch viel mehr Elektrotechnik, was mich weniger interessiert.“ Doch es ging schon über die Einführungsvorlesungen hinaus: Im Elektroniklabor baute sie an Schaltplänen, lernte auch den Umgang mit dem Oszillographen, erstellte Datenprotokolle.

Im nächsten Semester wird sie mehr über Sensorik erfahren, über Algorithmen, und dann geht es ans Programmieren. Wenn alles klappt, erwartet sie im fünften Semester ein Praktikum, und das kann man auch im Ausland absolvieren, nicht nur im europäischen. „Ein Kollege geht jetzt in die USA, zu einer Uni, mit der wir kooperieren, nach Wichita in Kansas. Dort gibt es ein ähnliches Robotik-Programm. Ich werde ihn genau ausfragen, wie das dort ist.“

Genaue Berufsziele hat Caroline noch nicht, aber einige Felder kristallisieren sich schon heraus: „Medizintechnik wäre so etwas, zum Beispiel Prothesen, da spielen Mechanik und Elektronik eng zusammen.“ Sie kennt auch das global tätige Unternehmen Ottobock mit seiner großen Produktions- und Entwicklungsniederlassung in Wien, besucht hat sie es allerdings noch nicht. „Was ich mir auch vorstellen kann, ist irgendetwas mit KI zu machen, mit Künstlicher Intelligenz.“ Im Studium steht ihr eine Spezialisierung bevor, sie wird sich entscheiden müssen, ob sie eher in Richtung Industrieroboter weitermachen wird oder mit Schwerpunkt mobile Roboter. Diese Entscheidung hat sie schon zugunsten der mobilen getroffen.

Die Robotik ist ein vergleichsweise kleiner Fachbereich im Angebot der FH Wiener Neustadt. Deren Curricula - an drei Standorten in Niederösterreich, es gibt weitere in Tulln und Wieselburg - reichen von Betriebswirtschaft bis zu Aerospace, von Biotechnologie bis zu Medizin- und Radiologietechnik. Insgesamt sind 4000 Studenten eingeschrieben, erzählt Johannes Dosek, PR- und Marketingmanager.

Und noch etwas kann er erzählen, aus der Praxis von Angebot und Nachfrage auf den spezialisierten Arbeitsmärkten einer modernen IT-getriebenen Wirtschaft. „Es gibt auch eine positive Seite zu den hohen Anforderungen und der Qualität der Ausbildung. Wir haben von namhaften Unternehmen sehr früh konkrete Anfragen nach unseren Robotik-Studenten. Diese sind erst im zweiten Semester und werden in zwei Jahren fertig. Man bietet ihnen schon jetzt Vorverträge an, damit sie dann auch wirklich zu ihnen kommen.“

Thema: Karriere