Der 45-jährige Steirer war lange Politiker (FPÖ, dann BZÖ). Er ist seit 2015 Unternehmer und Blogger und seit 2013 mit seinem Lebensgefährten verpartnert.
Ganz ehrlich, wäre es nicht mal Zeit für eine Bundespräsidentin?
Ja! Es ist wirklich ein Armutszeugnis, dass sowohl SPÖ, ÖVP, Grüne, als auch die Neos keine Frau für die Bundespräsidentenwahl nominierten, sondern deren gemeinsamer Kandidat ausgerechnet ein alter weißer Mann ist. Die FPÖ hätte mit Susanne Fürst ein Alleinstellungsmerkmal gehabt. Die Chance ist vertan.
Wann wären Sie lieber eine Frau?
Ich bin mit dem mir angeborenen Geschlecht durchaus im Reinen und habe das Schicksal diesbezüglich noch nie in Frage gestellt.
Was ist das weiblichste an Ihnen?
Das ist im Jahr 2022 schwer zu sagen, zumal die klischeehaften Rollenbilder bzw. eine Einteilung in klassisch weibliches oder männliches Verhalten gottlob überholt sind. Modisch bin ich für einen Mann durchaus mutig und bunt. Vielleicht kommt hierbei die weibliche Seite zur Geltung.
Wie gleichberechtigt leben Sie Ihren Alltag mit Ihrem Partner?
Mein Mann Thomas und ich leben in allen Belangen unseres gemeinsamen Alltags gleichberechtigt. Das ist auch das Geheimnis, warum unsere Beziehung seit 12 Jahren glücklich anhält.
Was können Männer von Frauen lernen?
Nachsicht und Sensibilität.
Was können Frauen von Männern lernen?
Beharrlichkeit und Mut.
Welche lebende Frau außerhalb Ihrer Familie beeindruckt Sie besonders und warum? In unserer südsteirischen Nachbarschaft lebt eine bemerkenswerte 68-jährige Frau, die nicht nur ihren Haushalt schupft, die Landwirtschaft quasi im Alleingang bestreitet, sondern vor allem auch am gesellschaftlichen Leben teil nimmt und hohe soziale Kompetenz beweist. Sie jammert nicht, sondern tut. Sie lebt ein physisch beschwerliches Leben, aber sie lebt es gut. Und das finde ich beeindruckend.
Singen Sie die Bundeshymne immer auch mit „großen Töchtern“?
Ich singe sie aus Respekt vor dem Werk von Paula von Preradović und der Geschichte dieser Hymne in der ursprünglichen Version, sehe aber in der Zeile „Heimat bist du großer Söhne“ Frauen miteinbezogen.
Gendern Sie?
Das Gendern ist eine Vergewaltigung der deutschen Sprache und bringt am Ende keine Gleichberechtigung, sondern stellt die Pervertierung eines an sich sinnvollen Ringens dar.
Was bedeutet für Sie Feminismus?
Alles was mit „ismus“ ein Ende findet, ist nicht meins. Der Kampf um Gleichberechtigung und dieselbe Freiheit für alle Bürgerinnen und Bürger abseits des Geschlechts. Das ist mein Ziel. Da bin ich aber noch kein Feminist.
Sind Sie Feminist?
Nein. Ich bin ein Mensch, dem Freiheit und Gleichberechtigung unabhängig vom Geschlecht wichtig ist. Ich bin kein eifernder Aktivist.
Was halten Sie von Quoten?
Nichts. Gelebte Gleichberechtigung braucht keine Quoten und wir werden sie durch diese auch nicht erreichen.
Wie können Frauen Kinder und Karriere besser vereinen?
Das Kind steht im Mittelpunkt. Die Frage muss daher lauten. Wie kann man Elternsein und Karriere besser vereinen. Mit einem flächendeckenden Ausbau qualitativ hochwertiger Kinderbetreuungseinrichtungen.
Als Bundespräsident ernennen Sie die Minister:innen. Was macht für Sie eine gute Frauenministerin aus?
Eine gute Ministerin oder einen guten Minister macht aus, dass sie oder er mit vollem Idealismus, politischem Wissen, rhetorischem Talent und Geschick für die Anliegen des Ressorts eintritt.
Würden Sie auch einen Mann als Frauenminister angeloben?
Selbstverständlich. Denn alles andere wäre ja nicht nur sexistisch sondern eine eklatante Missachtung des Gleichheitsgrundsatzes. Herbert Haupt war der erste und einzige männliche Frauenminister. Noch heute erzählen mir damalige Aktivistinnen, dass unter ihm sehr viel weitergegangen ist.
In den USA hat das Supreme Court das Grundrecht auf einen Schwangerschaftsabbruch gekippt. Sehen Sie bei der Fristenlösung in Österreich Änderungsbedarf?
Wer bin ich als 45-jähriger Mann, um über diese schwerste Entscheidung einer Frau zu urteilen? Die Fristenlösung in Österreich steht bei einer Mehrheit der Menschen außer Streit.
Welche Maßnahmen fordern Sie gegen Femizide?
Die Unterwanderung unserer Gesellschaft mit Individuen aus Kulturkreisen zu stoppen, die ein mittelalterliches Bild gegenüber Frauen haben.
Frauen sind von Altersarmut besonders betroffen – was dagegen tun?
Dieses Problem wird uns noch lange beschäftigen, weil zu lange erziehende Frauen sozialrechtlich nicht abgesichert wurden. Frauenminister Herbert Haupt war übrigens der erste, der Kindererziehungszeiten in der Pensionsversicherung durchgesetzt hat. Mit dem Anstieg der Beschäftigung von Frauen wird sich dieses Problem hoffentlich lösen.
In puncto Gender-Pay-Gap zählt Österreich EU-weit zu den negativen Spitzenreitern. Was muss passieren?
Gleiche Arbeit muss zu gleichem Lohn führen. Es gibt begründbare Unterschiede und es gibt Diskriminierung. Bei der Diskriminierung müssen wir ansetzen.
Fanden Sie die Me-too-Bewegung ausschließlich gut oder (auch) übertrieben?
Diese Me-too Bewegung hat tatsächlich zu Missbrauch und Verleumdung geführt. Die Debatte wurde ausgerechnet von jenen Aktivisten gezündet, die der religiösen Frauenverachtung ansonsten Tür und Tor öffnen. Für mich ist und bleibt diese Bewegung heuchlerisch.
Nachfrage: Haben Sie sich bei diesem Thema in der Vergangenheit etwas vorzuwerfen?
Nein, ganz im Gegenteil. Ich war Opfer von Verleumdung. Im Jahr 2000 wurde mir unterstellt, ich hätte eine Mitarbeiterin sexuell belästigt. Am Ende gestand diese unter Tränen, dass sie für eine politische Intrige gegen die damalige Regierung missbraucht wurde. Ich musste mich hingegen, um mich frei zu beweisen, unter Zwang als Homosexuell öffentlich outen.
Was wäre Ihr wichtigster Rat an eine 18-jährige junge Frau?
Lebe Dein Leben, abseits der Zwänge. Und suche die Freiheit.
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