Vielleicht waren Lily Aldrin und Marshall Eriksen aus der Kult-Serie "How I Met Your Mother" da durchaus an etwas dran: "Lass uns Einzelbetten kaufen!", beschließen die Zwei nämlich in einer der Episoden. Und dieser Beziehungstrend interessiert aktuell immer mehr Couples.
Dabei steht das gemeinsame Bett für die meisten Paare für Intimität und Zusammengehörigkeit. Es gibt laut Studien allerdings Grund zur Annahme, dass getrennte Schlafzimmer der eigentliche Schlüssel einer gelungenen Beziehung – und eines erholsamen Schlafes – sind. So wird die Sleep Divorce (zu Deutsch: Schlaf-Scheidung) auch in der Sitcom geschildert.
In besagter Folge nächtigen Lily und Marshall im Urlaub zwangsweise in Einzelbetten. Anfangs empört, erkennen die Eheleute schon bald die Vorzüge der separaten Betten und verschlafen vor lauter Erholung quasi ihren gesamten Aufenthalt. Wieder daheim besorgen sie sich noch völlig schlaf-euphorisiert Einzelbetten für zu Hause.
Getrennte Schlafzimmer als Eheretter?
"Wir haben gerade die moderne Ehe revolutioniert", sind sich die beiden Serien-Charaktere daraufhin einig – und haben damit nicht unrecht.
Es ergibt nämlich durchaus Sinn: Störende Geräusche, nächtliches Hin-und-Her-Wälzen, unterschiedliche Schlafrhythmen und Temperatur-Bedürfnisse – das alles führt auf Dauer zu einer schlechteren Schlafhygiene. In weiterer Folge kann das eheliche Bett so zur Brutstätte für sexuelle Dysfunktionen und Streit in der Beziehung werden.
Eine Studie der Medizinischen Privatuniversität Nürnberg bestätigt das. Schlaf- und Beziehungsprobleme würden demnach meist simultan auftreten. Überhaupt gäbe es in Beziehungen öfter Streit, wenn die Nachtruhe des Einen vom Anderen gestört wird, zeigen auch Forschungen der University of California.

Leider passiere es nämlich oft, dass die (daraus resultierenden) Schlafstörungen dem jeweils anderen vorgeworfen werden, weiß Barbara Galla, Psychotherapeutin aus Wien. Sie hat sich unter anderem auf Paartherapie spezialisiert: "Dieser Umstand führt zu einer Belastung in der Beziehung und kann aus meiner Sicht dann nur schwer gelöst werden. Zunächst kommt es aufgrund des entstandenen Schlafmangels zu Gefühlsschwankungen, was die Situation noch weiter verschlechtert. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass Paare nicht konstruktiv darüber reden, sondern sich die Belastungen oft subtil gegenseitig vorwerfen." Somit eröffne sich ein Teufelskreis, aus dem es schwer ist auszubrechen.
Gemeinsames Bett als Gesundheitsrisiko?
Und selbst die Gesundheit könnte leiden. Wer des Nächtens oft aufgeweckt wird, verbringt kaum Zeit im Tiefschlaf, was einen weniger erholsamen Schlaf zur Folge hat. Genau dieser gesunde Schlaf wäre aber für die nächtlichen Selbstheilungskräfte des Körpers dringend nötig. Unzureichender Schlaf wirkt sich außerdem negativ auf das Gewicht und das Immunsystem aus, führt zu Kopfschmerzen, und Stimmungsschwankungen.
Umgekehrt heißt das: Wer ausgeruht ist, hat sein Leben und damit auch seine Beziehungen besser im Griff, ist ausgeglichener und hegt keinen Groll weil er oder sie dauernd vom Partner oder der Partnerin aus dem Schlaf gerissen wird. Das bestätigt Autorin Jennifer Adams in ihrem Buch "Sleeping Apart Not Falling Apart". Die Amerikanerin verbringt ihre Nächte seit über 15 Jahren glücklich in Schlaf-Scheidung: "Es ist toll, wenn ein Paar gern beieinander schläft und sich dabei nicht gegenseitig stört. Es heißt aber nicht, dass es eine bessere Beziehung führt als Menschen, die getrennte Betten bevorzugen."
Wir haben bei drei Pärchen nachgefragt, die diese Schlaf-Form bereits leben – und lieben. Esther Rois-Merz und ihr Mann setzen beispielsweise schon seit Jahren auf die Schlaf-Scheidung. Warum? Weil der 41-Jährigen ihre Ruhe heilig ist: "Mein Mann schnarcht manchmal sehr laut. Trotz Ohrenstöpsel hätte ich dadurch eine schlechtere Schlafqualität. Also bestand ich irgendwann auf getrennte Zimmer." Bei Kuschelbedürfnis könne man sich ja besuchen, schmunzelt sie.
Für Maskenbildnerin Regina Tichy ist das Konzept "Sleep Divorce" noch neu. Und das, obwohl auch schon Ex-Partner schnarchten und sie um die Nachtruhe brachten: "Die hätten das nie akzeptiert." Genau deshalb funktioniere es jetzt aber, ist sich Tichy sicher: "Schlafentzug ist wie Folter. Auf Dauer wirkt sich das negativ auf jede Beziehung aus ..."
Deswegen wandert auch die Wienerin Brigitta Höpler regelmäßig aus dem gemeinsamen Bett aus: "So schlafen wir beide tief und gut. Und haben's trotzdem oder auch deswegen echt gut miteinander."
Und was ist mit dem Sex?
Aber bleibt da am Ende nicht der Sex auf der Strecke? Paartherapeutin Galla gibt Entwarnung: "Das Bedürfnis nach Sexualität ist aus meiner Sicht ein Spiegel der jeweiligen Beziehung und hat nichts mit getrennten Schlafzimmern zu tun. Wenn eine Partnerschaft gut, harmonisch und authentisch ist und der jeweils andere seine Bedürfnisse leben kann, funktioniert das Sexualleben auch meist gut – egal wo."
Für wen das Konzept "getrennte Betten" geeignet ist
Warum schlafen wir also nicht längst ALLE in zwei Betten?? Zum einen hapert es oft schon an der Umsetzung, weil schlicht nicht genügend Platz vorhanden ist, zum anderen sind die getrennten Schlafzimmer auch eine Typfrage. Für einige Frauen, die wir gefragt haben, ist alleine der Gedanke daran unvorstellbar. "Getrennt einschlafen? Getrennt aufwachen? Und dann auch noch den ganzen Tag getrennt sein? Da fällt für mich zu viel 'Gemeinsames' weg", hieß es da. Oder "Auch nach 30 Jahren schlafen wir noch immer eng aneinander gekuschelt. Das möchte ich nicht missen!"
Was die Psychotherapeutin Barbara Galla dazu sagt? Vor allem langjährigen Beziehungen könnte eine Betten-Trennung (trotzdem) guttun: "Die jeweiligen Bedürfnisse individuell zu leben, wird dann immer wichtiger und wenn das Bedürfnis konstruktiv besprochen wird, ist das oft gut lebbar." Einen Versuch ist es also besonders für Schlafgeplagte allemal wert. Solange der Wunsch nach mehr Bett-Freiheit wertschätzend und ehrlich kommuniziert wird, könne dabei laut der Expertin eigentlich nichts schief gehen.
Und übrigens: Marshall und Lily halten es am Ende doch nicht ohne einander aus und huschen schnell wieder unter eine gemeinsame Decke ...