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Der große Familien-Öko-Check

Familie Wohlmann aus dem niederösterreichischen Hollabrunn ist es wichtig, nachhaltig zu leben. Doch wie umweltbewusst gestaltet sich ihr Alltag tatsächlich? Gemeinsam mit der Öko-Expertin Michaela Knieli prüften ihren Haushalt auf seinen Grün-Status.

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Der große Familien-Öko-Check
© Stefan Gergely / Studio Steter

Auf den ersten Blick sind die Wohlmanns eine echte Öko-Vorbildfamilie: Sie bauen ihr eigenes Gemüse an, reparieren kaputte Dinge, anstatt sie durch neue zu ersetzen, kaufen fast ausschließlich Secondhand-Klamotten und stellen Waschmittel und Seife selbst her. Als Einrichtung dienen hauptsächlich Möbel aus unbehandeltem Holz, und die Bewohner haben auch beim Umbau ihres Hauses vor acht Jahren auf ökologisch nachhaltige Materialien und ressourcenschonende Arbeitsweise geachtet. "Klingt jedenfalls schon mal ziemlich vielversprechend", freut sich Nachhaltigkeitsexpertin Michaela Knieli von "Die Umweltberatung".

Peter Wohlmann, Lilli Wohlmann, Matthias Wohlmann und Lotte Wohlmann: Eine Familie beim Öko-Check

Zusammen mit ihr besuchen wir Lehrerin Lilli, 36, und IT-Techniker Matthias, 42, bei sich zu Hause. Beide arbeiten Teilzeit, um möglichst viel Zeit mit ihren Kindern Peter, 8, und Lotte, 2, verbringen zu können. Die Familie lebt in einem 115 m 2 großen Haus im niederösterreichischen Hollabrunn und stellt sich dem Test: Wie ist 's tatsächlich um ihren Öko-Status bestellt?! Geht da noch mehr in Sachen Nachhaltigkeit? Mama Lilli ist überzeugt, dass noch Luft nach oben ist: "Aus Gründen der Bequemlichkeit oder aus Zeitmangel stoßen wir immer wieder an unsere Grenzen. Wir sind auf alle Fälle auf die Einschätzung und Tipps der Expertin gespannt."

Gemüse haltbar machen: Umweltberaterin Michaela Knieli berät Zweifachmutter Lilli in Sachen Nachhaltigkeit. "Die Familie lebt sehr vorbildlich mit ein bisschen Luft nach oben", lautet das Urteil der Expertin. Für das Einlegen von Gemüse gibt's jedenfalls Lob: "Vitamine und Nährstoffe bleiben dabei erhalten."

Top und Flop

Und schon geht es los mit dem WOMAN-Öko-Check: In Küche und in der Speisekammer überprüft Ernährungswissenschafterin Knieli den Lebensmittelvorrat: "Pluspunkte gibt 's fürs eingelegte Gemüse und die Tatsache, dass die Familie vieles im Garten selbst anbaut. Auch vorbildlich: Sie kaufen Salz und Zucker ausschließlich aus Österreich. "Weniger erfreulich, dass im April Paprika erstanden wird. Der hat erst ab Juli Saison." Mama Lilli gesteht: "Wir trinken auch weit gereisten Kaffee, Kakao, haben immer Bananen, Zitronen oder Limetten daheim." Was der Expertin auch gleich auffällt: In den Räumen brennt überall Licht, selbst in den Zimmern, in denen sich gerade niemand auf hält: "Das verbraucht unnötig viel Strom. Bitte abdrehen!" Michaela Knieli bemängelt zudem Vorratsdosen aus Plastik, Alufolie und Küchenrolle: "Für alles gibt es umweltfreundliche Alternativen."

Minuspunkte für den Wäschetrockner: Mittlerweile gibt es zwar energieeffiziente Geräte, Knieli ist trotzdem kein Fan davon: "Sollte man nur in Ausnahmefällen wie in einer kleinen Wohnung nutzen, aber auch beim Wäschetrockner besteht Schimmelgefahr. Stoßlüften ist hier wichtig. Das Beste ist aber noch immer, die Kleidung an der Luft trocknen zu lassen."

Kinder und Umweltschutz

Die Eltern möchten ihrem Nachwuchs unbedingt einen bewussten Umgang mit der Umwelt und ihren Ressourcen beibringen. Peter, 8, und Lotte, 2, helfen deshalb immer wieder beim Garteln mit, um ein Gefühl dafür zu bekommen, woher ihr Essen eigentlich kommt. In Sachen Spielzeug sieht 's da schon ein bisschen anders aus. "Bevor unsere Kinder da waren, war es unser Wunsch, sie ausschließlich mit ökologisch freundlichen Spielsachen aufwachsen zu sehen. Das stellte sich ziemlich schnell als nicht umsetzbares Projekt heraus. Nämlich ab dem Zeitpunkt, als Peter das Wort ,Auto' sagen konnte", lacht Mama Lilli. Da war das eine oder andere Kunststoffteil unvermeidbar. Worauf sie aber Wert legt: Die Sachen, mit denen sich die Kinder nicht mehr beschäftigen, werden weitergegeben. "Ein akzeptabler Mittelweg", findet Knieli.

Weniger Plastik: Im Kinderzimmer finden sich neben ökofreundlichen Spielsachen auch viele aus Kunststoff. Öko-Profi Knieli: "Geht natürlich besser, aber immerhin geben die Wohlmanns nicht mehr verwendetes Spielzeug an andere Kinder weiter."

Nicht immer gelingt Verzicht

Wenn wir schon beim Beichten von Öko-Sünden sind: Wo werden die Wohlmanns noch schwach und agieren wenig umweltfreundlich?"Wir bestellen regelmäßig online, haben natürlich Handys und Computer, die alles andere als fair produziert wurden. Wir würden gern mehr auf Plastik verzichten, sind aber oft zu bequem dafür. Und vieles ist finanziell einfach nicht drin: eine riesige Solaranlage auf dem Dach zum Beispiel oder ein Elektroauto." Apropos Auto: Ihren 15 Jahre alten VW Bora verwenden die Wohlmanns manchmal als Einschlafhilfe bei Tochter Lotte: "Braucht man nicht darauf stolz sein.

Gemüsezucht: Mama Lilli baut in ihrem Garten jede Menge Grünzeug an Unter anderem Knoblauch: "Man vergräbt ein paar Zehen unter der Erde. Nach drei, vier Tagen kommen die ersten Blätter. Wenn diese nach ein paar Monaten welken, kann mit der Ernte begonnen werden."

Aber viele Eltern verstehen es vielleicht ein bisschen, dass wir eine Runde drehen, wenn sie sich anders partout nicht beruhigen lässt " Trotz der einen oder anderen Öko-Panne schneidet die Familie bei unserem Test ziemlich gut ab: "Sie machen mehr als die meisten", resümiert Knieli. "Sie essen wenig Fleisch, achten bei den Lebensmitteln großteils darauf, dass sie regional, saisonal und bio sind, erledigen die meisten Wege zu Fuß, öffentlich oder mit dem Rad, produzieren viel selbst, reparieren Kaputtes, anstatt es zu entsorgen, und verwenden Mehrwegwindeln. Vor allem aber hinterfragen sie immer wieder kritisch ihren Lebensstil und sind bereit, diesen im Sinne der Umwelt zu verändern." Deshalb, liebe Familie Wohlmann: Wir gratulieren, Öko-Check mit gutem Erfolg bestanden!

Second Hand: Die Familie kauft ihre Kleidung fast nur aus zweiter Hand in Gebrauchtwarenläden oder auf Flohmärkten. Von Knieli gibt's dafür ein Plus: "Laut Statistik bleibt jedes fünfte Kleidungsstück ungetragen." Außerdem besitzen wir vier Mal so viel Kleidung wie vor 30 Jahren.
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