Hurts, bestehend aus Theo Hutchcraft und Adam Anderson, kommen aus dem kalten, industriellen Manchester, was vielleicht eine Erklärung für ihren düsteren Sound ist. Melancholie liegt ihnen also im Blut. Hurts zu hören, das ist immer ein bisschen so, als würde man in den Himmel starren und darauf warten, dass sich die Wolkendecke lichtet und ein-, zwei Sonnenstrahlen durchbrechen: Um die positiven Messages in ihrer Musik zu erkennen, muss man Schwermut und Melancholie ertragen können, sich daran weiterentwickeln und erstarken.
Vor allem mit "Exile", das sie 2013 veröffentlichten, schienen die beiden viele ihrer eigenen, dunklen Seiten aufzuarbeiten. Umso überraschender ist es, auf "Surrender" zahlreiche Tracks zu finden, die energiegeladen und hoffnungsvoll klingen: Eine Ambivalenz, die man zwar schon auf ihrem ersten Album erkennen konnte, die dieses Mal aber noch deutlicher hervortritt. Unverändert: Ihr fabelhafter, persönlicher Stil, raffinierte Melodien und eine riesige Portion Sexiness. Und obwohl Hurts eher unnahbar, kühl und geheimnisvoll wirken, sind sie im Interview spontan, lustig und haben uns mit ihrer Meinung über Frauen sehr überrascht. Wir sind Fan!
WOMAN: Wisst ihr, dass wir schon mal geplaudert haben? Beim Frequency Festival 2013…
Theo: Haha, wirklich? Wie war das Gespräch?
WOMAN: Ziemlich gut! Ich hatte einen Fangirl-Moment. Und die Show war auch der Wahnsinn.
Theo: Sehr gut, das freut uns! Weißt du, ein Interview mit uns hätte 2013 auch ganz anders laufen können…
WOMAN: Ja? Ihr seht auch anders aus, irgendwie glücklicher… Adam, du hast dich optisch auch sehr verändert!
Adam: Wir sind auch viel besser drauf als damals. Und ja, das macht der Bart, wahrscheinlich…
WOMAN: Dass sich etwas verändert hat, merkt man an der Stimmung eures neuen Albums! Was ich noch bemerkt habe: Starke, impulsive Frauen-Charaktere scheinen euch auch dieses Mal sehr beschäftigt zu haben. Sind Frauen eine besondere Inspirationsquelle für euch?
Adam: Eine sehr gute, erste Frage!
Theo: Ja, sehr! Natürlich sind Frauen eine Inspirationsquelle: Sie kontrollieren deine Emotionen, das kann entweder gut oder schlecht sein. Uns geht's um die Geschichte, die diese Frauen zu erzählen haben. Wir schreiben gerne über starke Frauen, die viel Scheiße miterlebt haben.
WOMAN: Wie in "Rolling Stone"?
Theo: Ja, in "Rolling Stone" geht es genau darum. Der Song wirkt ziemlich düster, weil es darin um eine Frau mit einer starken Persönlichkeit geht, die sich viel gefallen ließ, ausgenutzt wurde und keine leichte Zeit hatte. Das ist auch der Frauentyp, der uns anspricht, der uns beim Schreiben fasziniert. Dramatische Charaktere, die trotzdem diese innere Stärke besitzen.
WOMAN: Gibt es denn momentan besondere Damen in eurem Leben?
Theo: Es gibt viele, besondere Damen in unserem Leben!
WOMAN: Was für eine diplomatische Antwort!
Theo: Ja, oder? Jeder hat das Potential, eine besondere Lady für uns zu sein. Nein, aber eine, ganz Besondere gibt es im Moment nicht. Unsere Herzen sind offen für alles!
WOMAN: Wie geht's euch mit dem Thema Dating?
Theo: Ich find's lustig! Aber es ist auch verdammt seltsam. Weil da zwei Fremde aufeinandertreffen, die aneinander interessiert sind. Und auch, wenn es aus einer romantischen Sicht nicht so toll läuft, ziehe ich ein Date dann trotzdem durch. Weil ich finde, dass man trotzdem Spaß haben kann. Wir leben in einer Welt, wo man sich ständig SMS schreibt, und das wochenlang – da ist es eine schöne Abwechslung, wenn man mal face to face plaudert! Ich finde es auch lustig, dass manche Menschen immer ganz erstaunt sind, wenn ich sie im echten Leben nach ihrer Telefonnummer frage. Das macht man heutzutage ja kaum noch.
WOMAN: Findet ihr, dass ein Date intimer ist, als Sex zu haben?
Adam: Fantastische Frage!
Theo: Sex haben ist natürlich eine intime Sache. Aber wenn du auf ein Date gehst, vor allem am helllichten Tag, dann kannst du dich einfach hinter nichts verstecken. Hinter Alkohol, zum Beispiel.
Adam: Ich liebe diese Aufregung, dieses Gefühl, bevor du jemanden triffst. Wenn man ein bisschen nervös ist und so. Heutzutage flirten wir ja alle online, die Sache ist nur, dass man nicht zu viel von sich preisgeben darf. Lass’ noch was für die Vorstellungskraft über! Das soll jetzt nicht wie ein Ratschlag oder so klingen…
Theo: Hahaha!
WOMAN: Ist es eurer Meinung nach heutzutage schwieriger, eine Beziehung aufzubauen?
Theo: Für uns persönlich kann das schon recht schwierig sein! Auch für die jüngere Generation, glaube ich. Sicher auch wegen Social Media. Im Endeffekt geht es aber darum, die richtige Person zu finden. Die eine Person, die dich nicht dazu bringt, diese Spielchen zu spielen. Man muss auch wählerisch sein, glaube ich.

WOMAN: Wie fühlt ihr euch, wenn ihr auf Tour seid? Wie kann man da Beziehungen aufrecht halten, zu Familie und Freunden? Funktioniert das?
Theo: Es funktioniert schon. Man hält das nur aus, wenn man gute Freunde hat, mit denen man regelmäßig telefoniert. Nur so kann man sich wohl fühlen.
Adam: Ich habe nur zwei beste Freunde. Und beide heißen Joe! Ansonsten halte ich nicht viel von Telefonieren, auch nicht mit Mädels…
Theo: … Interessant!
Adam: Ja, ich finde es einfach kontraproduktiv für beide Seiten. Wer mit uns zusammen ist, wird immer spüren, dass da so viel ist, was die andere Person nicht nachvollziehen kann. Man ist tausende Kilometer von einander entfernt und muss versuchen, einen gemeinsamen Nenner zu finden, da hatte ich mit meinen Freundinnen immer Schwierigkeiten. Ich verdeutliche das mal: Ich hatte eine Freundin in Manchester und wir haben 2011 Rock am Ring gespielt, vor 80.000 Menschen. Zwei Minuten vor der Show schreibt sie mir, "Hey, du musst den Installateur anrufen, das Klo ist kaputt.", und ich so, "Ah, okay, ich muss da noch kurz was erledigen…". Ich bin dann von der Bühne gekommen und sie hat mir sechs Nachrichten mit Fragezeichen geschickt.
Theo: … Das ist Liebe!
Adam: Um das zusammenzufassen, wenn wir über Liebe reden: Es müsste jemand sein, der voll und ganz versteht, wie unser Leben aussieht.
Theo: Der Schlüssel ist Unabhängigkeit. Ich fühle mich immer sehr zu unabhängigen Frauen hingezogen, das ist extrem attraktiv.
WOMAN: Wirklich, das schreckt dich nicht ab?
Theo: Nein, gar nicht. Wenn sich jemand mit sich selbst wohlfühlt, dann fühlt man sich auch wohl. Wenn man lernt, die eigene Gesellschaft zu genießen, kann man sich mit Menschen treffen, weil man sie wirklich sehen will. Und nicht, weil man nicht alleine sein kann oder will. Ich habe selber einige Freunde, die ständig von einer Beziehung in die nächste stolpern, weil sie nicht alleine sein wollen. Wir sind durch unseren Job auch recht unzuverlässige Zeitgenossen: Nicht, weil das unsere Art ist, sondern weil wir einfach ständig unterwegs sind. Unsere Freunde müssen das auch verstehen. Das ist nicht immer leicht.
Adam: Wie gesagt, ich habe zwei Freunde. Und Theo eben. Mehr brauche ich nicht.
WOMAN: Ich will euch jetzt mal was fragen, was ich noch nie jemanden gefragt habe: Ihr habt sicherlich Groupies…
Adam: Die existieren nicht!
Theo: Was definierst du Groupies? Als jemanden, mit dem du schläfst, der deine Band mag? Also ich würde nicht mit jemandem schlafen, der meine Band nicht mag!
WOMAN: Haha, die existieren, da bin ich mir sicher. Theo, du hast recht! Was sind das für Frauen? Wie verhalten sie sich?
Theo: Es ist eigenartig. Weil sie Fans sind und wir da eine Verantwortung tragen. Wir sind ganz normale Menschen, aber man wird da auf ein Podest gestellt. Manche haben eine bestimmte Vorstellung von uns. Aber man muss das respektieren und darf das auf keinen Fall ausnützen – das verätzt die Seele.
Adam: Nein, das wäre echt nicht cool. Ich glaube trotzdem, dass da viel Mythos dabei ist. Wenn die Leute dann nach einem Konzert vor deinem Bus stehen, dann wünschen sie sich einen besonderen Moment mit dir. Und wenn man diesen Moment dann ausnützt und zerstört, ist das nicht cool.
Theo: Ja, aber andererseits würde ich eben auch niemanden daten, der meine Band nicht mag.
Adam: Bill hat uns nicht gemocht! Sie hat das offen gesagt, dass sie unsere Musik nicht mag.
Theo: Hahaha, lustig!
WOMAN: Naja, es hat ja ganz offensichtlich nicht gehalten…
Theo: Hahaha, das war dann vorprogrammiert.
Adam: Naja, man wünscht sich zumindest jemanden, der die eigene Arbeit respektiert.
WOMAN: Welcher Typ Frau zieht euch an?
Adam: Ich habe keinen bestimmten Typ, ich mag sie alle. Theo, du hast da eher ein bestimmtes Schema…
Theo: Ich mag Mädels, die mich zum Lachen bringen. Die selbstbewusst und unabhängig sind, die ihr eigenes Ding machen. Ich respektiere das auch sehr, Frauen generell. Ich bin sehr für Gleichberechtigung in einer Beziehung. Man muss auf einem Level sein. Und ich muss gestehen, ich mag’ große Mädels…
WOMAN: Ja, ich weiß! Ich kenne deine Instagram-Fotos! Aber da kann man keinem einen Vorwurf machen. Models sind heiß.
Theo: Ja, aber wenn man den ästhetischen Aspekt mal außer acht lässt: Ich habe viele, schöne Frauen getroffen, aber wenn man Zeit miteinander verbringt, muss da einfach mehr sein. Intelligenz ist mir auch sehr wichtig. Ich glaube, dass ich ein sehr aktives Hirn habe, ich lasse mich leicht ablenken. Da braucht man jemanden, der die Aufmerksamkeit immer auf sich ziehen kann. Jemanden, der mich beeindruckt.
WOMAN: Theo, ich weiß, du magst Egon Schiele. Ich war letztens im Leopold Museum und musste wieder an dich denken…
Theo: Wirklich?! Ich liebe Schiele! Seine Selbstportraits sind unglaublich. So ehrlich. Und die Farben… Ich habe mich sogar mal eine Zeit lang wie Schiele angezogen!
WOMAN: Schiele war definitiv ein Star seiner Zeit, auch bekannt für seine Damengeschichten: Wie ergeht es dir, wenn du Sex-Symbol bezeichnet wirst?
Theo: Wenn mich Leute als das bezeichnen, ist das seltsam. Ich weiß nicht, das alles ist so eigenartig! Manchmal vergesse ich, dass ich in einer Band bin, dass mich Leute kennen. Wenn mir dieses ganze Fame-Ding Zutritt zu coolen Parties beschert, dann ist das cool. Aber gut, darum geht es ja nicht. Wenn ich mich selbst als Sex-Symbol sehen würde, hätte ich wahrscheinlich 50 Freundinnen. Ich hab aber keine 50, ich habe nicht einmal eine. Das kann also entweder heißen, dass ich gar kein Sex-Symbol bin… Oder dass ich einfach verdammt wählerisch bin!
WOMAN-Redakteurin Sinah mit Hurts
"Surrender" ist am 9.10. bei Sony erschienen, die Deluxe-Version beinhaltet 13 Tracks. Am 26. Februar werden sie das Gasometer bespielen. Tickets gibt es hier.
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