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Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz
im privaten WOMAN-Interview

Der Chef der Jungen ÖVP – und jetziger Integrationsstaatssekretär – tanzt aus der Reihe: am liebsten zu Rock und bis in den Morgen. Das Porträt eines jungen Wilden.


Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz
im privaten WOMAN-Interview
© Susanne Spiel

Anmerkung: Dieses Interview erschien am 11. September 2009 in WOMAN.

Wenn Sebastian Kurz, 23, ( heute 24 Jahre alt ) sagt, er will „als VP-Juniorchef für mehr Pep sorgen“, dann bestätigt sich das schon, wenn man das Büro in der Wiener Lichtenfelsgasse betritt. Mitarbeiter nageln hier nämlich gerade A4-Format-große Fotos von kessen Blondinen bei der JVP-Sommertour an die Wand – natürlich nur wegen des ÖVP-Tattoos auf den Pobacken der Bikini-Girls! Überhaupt scheint Kurz’ Truppe in vielem freizügiger als ältere Parteigranden.

Doch bevor wir mit dem Politrebellen und Party-Fan im Interview loslegen, stellt der Sohn eines Meidlinger Technikers und einer AHS-Lehrerin gleich fest: „Meine heisere Stimme ist vom letzten Rafting-Wochenende mit Freunden, wo wir uns alle verkühlt haben. Nicht vom Feiern! Aber Party mach ich trotzdem gern!“

Und scherzend weiter: „Kommt’s doch auf die nächste! Die gibt’s bei der JVP inklusive Schlägerei...“ ( Anspielung auf den Eklat vor einigen Wochen in Salzburg, wo Rechtsradikale einen Streit mit Migranten provozierten. )

Bild: Susanne Spiel
Bild: Melanie Zingl (links vorne) und Petra Klikovits im privaten Talk mit Sebastian Kurz. (© Susanne Spiel)

WOMAN: Echter Galgenhumor, Herr Kurz!

Kurz: In der ersten Woche konnte ich nicht darüber lachen. Jetzt seh ich es lockerer.

WOMAN: Lockeren Schmäh beweisen Sie auch bei den Plakaten für „24 h Verkehr in Wien“. Da schmachtet eine junge Frau ihren Begleiter an: „Wenn wir unseren Verkehr so planen, kommen wir nie in Fahrt.“ Richtig rebellisch für eine Partei, die sonst als prüde gilt!

Kurz: Ich will Politik nah am Leben machen. Wenn ältere Kollegen oder Mitstreiter von der Jungen SPÖ oder den Grünen diese Plakate als „sexistisch“ diffamieren, steckt viel Scheinheiligkeit dahinter. Die sollen vor der eigenen Tür kehren! Ich kenne keinen 16- bis 30-Jährigen, der ein Problem hat, dass wir unsere Idee – die mehr Lebensqualität bringt – witzig verkaufen. Es sei denn, bei ihm rennt selbst was falsch! Wenn Politiker Masken aufsetzen, dürfen sie sich nicht wundern, dass junge Leute Politik nicht interessiert.

WOMAN: Was meinen Sie mit Masken?

Kurz: Politjargon zum Beispiel. Ich rede beruflich genauso wie privat. Ich will nichts „begrüßen“, ich will grad raus sagen, was ich gut finde und was nicht.

WOMAN: Was ist mit Abtreibung?

Kurz: Bin alles andere als ein Fan davon.

WOMAN: Nicht gerade progressiv für einen Jungpolitiker!

Kurz: Ich bleibe dabei: Kinder sind etwas Wertvolles! Sein Kind zur Adoption freizugeben ist im Zweifelsfall noch die bessere Lösung, als es wegmachen zu lassen. Ich habe eine Bekannte, die abgetrieben hat. Ihr geht es alles andere als gut. Aber jede Frau muss das für sich entscheiden.

WOMAN: Und mit Homo-Ehen?

Kurz: Wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen wollen, dann sollen sie das tun können, egal welches Geschlecht sie haben. Jetzt kommt die eingetragene Partnerschaft! Das find ich gut.

WOMAN: Zurück zum Verkehr: Wann hatten Sie Ihr erstes Mal?

Kurz: Mit 15.

WOMAN: Und wie kommen Sie nach einer durchzechten Nacht nachhause?

Kurz: Meist mit der ersten U-Bahn in der Früh. Ich bin lange unterwegs, in der Disco U4. Steh auf Rock! Ich wünsche mir, dass die U am Wochenende durchfährt.

WOMAN: Angst vor kompromittierenden Partyfotos?

Kurz: Solche gibt’s, aber meine Güte, ich bin jung, will keine Spaßbremse sein! Durch die Politik und das Studium ist mein Leben eingeschränkt genug. Insofern kommt mir nie der Gedanke an Disziplin oder das Kopfweh am nächsten Tag, wenn ich Lust zum Abfeiern habe. Ich würde es nicht aushalten, wenn neben mir alle ausgelassen sind und ich nur Wasser trinken müsste. Ich bin doch nicht deppert. Nur wenn ich mit dem Auto fahre, trinke ich nix. Da bin ich traumatisiert von einem Unfall, den ein Freund hatte.

WOMAN: Was trinken Sie abends: Wodka, Schnaps, Bier, Wein...?

Kurz: Ich habe keine Vorlieben. Rauche aber nicht, weil ich Asthmatiker bin.

WOMAN: Schon mal gekifft?

Kurz: Nein, wenn ich nicht einmal eine Zigarette derblase, würde mich ein Joint wahrscheinlich umhauen (lacht) .

WOMAN: Haben Sie Mädels je was versprochen, das Sie nicht hielten? Lügen ist ja eine Politikerkrankheit...!

Kurz: Ja. Nicht nur Frauen haben Launen.

WOMAN: Worauf schauen Sie bei Frauen?

Kurz: Auf die Haare. Am besten gefallen sie mir lang! Die Farbe ist egal.

WOMAN: Wird man als Jungpolitiker nur im Nadelstreifanzug ernst genommen?

Kurz: Ich kenne Kollegen, die den ganzen Tag schnöselig im Dreiteiler herumlaufen! Ich habe nur vier Anzüge im Schrank, die meiste Zeit trage ich Shirts, Hemden, Jeans. Ich bin ein aktiver Politiker, kein Parteiapparatschik. Aber ich gehe gerne shoppen. Bisserl Eitelkeit schadet nie.

WOMAN: Wo stehen Sie in fünf Jahren?

Kurz: Ich will mein Jusstudium fertig haben – der dritte Abschnitt fehlt noch. Ich plane meine Karriere nicht verbissen. Kann mir auch nicht vorstellen, als Politiker in Pension zu gehen. Es gibt noch andere Dinge, die mir Spaß machen würden im Leben. Etwa als Anwalt zu arbeiten oder ein Lokal aufzumachen.

WOMAN: Seit wann sind Sie liiert?

Kurz: Seit fünf Jahren. Susi und ich leben in einer 65-m2-Wohnung bei Schönbrunn, sonst würden wir uns nie sehen. Sie studiert Wirtschaftspädagogik, ich komm nie vor 23 Uhr heim. Aber dann drehe ich das Handy ab, und wir genießen die Zeit zu zweit. Sie ist auch oft bei Partei-Events dabei.

WOMAN: Schlagen Sie zuhause ab und zu einen polternden Politikerton an?

Kurz: Das kann schon passieren. Gerade nach Polit-Events ist man darauf konditioniert, fordernd zu sein. Wenn ich mich im Tonfall vergreife, zeigt mir Susanne, dass auch sie streng sein kann. Sie ist Stier im Sternzeichen, weiß, was sie will!

WOMAN: Wollen Sie Susanne heiraten?

Kurz: Später ja. Da will ich auch Kinder. Aber ich mach ihr jetzt sicher keinen Antrag über WOMAN! Familie und Job darf keine Entweder-oder-Frage sein. Ich würde auch in Väterkarenz gehen. Bin generell sehr für halbe-halbe. Die Küche etwa ist jetzt schon mein Revier!

Interview: Petra Klikovits & Melanie Zingl