Ich bin auch nur ein Mensch und brauch jetzt mal Urlaub, sagt Jessica Schwarz, 35, als wir die Wahlwienerin im Hotel The Ring treffen. Insgesamt vier Filme hat sie binnen weniger Monate gedreht, teils sehr aufwendige Produktionen: Für eine Rolle musste ich extra Französisch lernen, für eine andere Schießen und für die Rolle der krebskranken Floristin Edda im aktuellen Kinofilm Heiter bis wolkig acht Kilo abnehmen, um ihr auch körperlich näher zu kommen,da sie nur noch drei Monate zu leben hat. Der Stress zehrte so an meiner Substanz, dass ich auch ohne Maske ausgemergelt und kaputt aussah, sagt Schwarz, die 2009 mit Romy über Nacht zum Star wurde. Und genauso wie die Schneider, die alles mit dem Herzen spielte, macht es auch Schwarz. Wenns am Set gefühlsintensiv wird, muss ich besonders auf mich achtgeben und mich nach Drehschluss innerlich distanzieren. Edda zu spielen, hat in jedem Fall Spuren hinterlassen...
WOMAN: Welche Auswirkungen hat diese Rolle auf Ihr Leben?
Schwarz: Ich habe durch die verordnete Diät gemerkt, dass mir dadurch sehr viel fehlte von dem, was ich im Leben gut finde: leckeres Essen, abends ein Glas Wein, Zeit für mich selbst, meinen Partner und Freunde. Ich bin Stier, Aszendent Waage. Also doppelt im Zeichen der Venus, Genussmensch pur! Diese eiserne Disziplin und der Verzicht machten mich ziemlich grantig. Ich hatte zwar diese Figur wie all diese Mädels aus den Modezeitungen, aber es fühlte sich einfach nicht richtig an für mich. Ich bin ein Mensch, der gern intensiv lebt und spürt!
WOMAN: Greifen Sie beim Drehen da immer aufs persönliche Schmerzkonto zurück, um möglichst authentisch zu wirken?
Schwarz: Früher tat ich das. Diesmal begleitete ich zwei betroffene Frauen meines Alters mit ihrer Krebskrankheit. Da gab es die eine junge Frau,bei der die Krankheit noch am Anfang stand und die gute Diagnosewerte hatte und da war Steffi, die keine Chemo mehr bekam, weils hoffnungslos war. Steffi war unglaublich positiv, nicht so wie Edda im Film, die aus lauter Verzweiflung nur noch zynisch, trotzig und bösartig ist. Leider ist Steffi während der Dreharbeiten verstorben, was mich unheimlich mitnahm. Aber ich war sehr glücklich, als ich ihren Mann bei der Premiere in Köln traf und er mir vergewisserte, dass Steffi mit dem Film sehr zufrieden gewesen wäre.
WOMAN: Im Film rächt sich Edda an ihrem Ex, der sie verlässt, und an ihrer Chefin, die sie kündigt, weil Edda so oft zum Arzt muss. Meist sind es die schlimmsten Stunden, wo einem nahestehende Menschen ihr wahres Gesicht offenbaren...
Also mir passiert das immer wieder mal, dass ich bei anderen auf absolutes Unverständnis stoße! (lacht) Manchmal kann es passieren,dass zwei Menschen in völlig verschiedenen Gemütszuständen sind: der eine braucht vielleicht Ruhe, der andere Aufmerksamkeit. Heraus kommt dabei dann ein Streit, weil keiner auf den anderen eingehen kann oder will. Daher führe ich, wenn ich sauer bin auf jemanden, zuerst meine Hass-und Meuchelmörderdialoge im Kopf durch, bis sich die Anspannung von Wut oder Trauer legt. Erst wenn mein Gegenüber geistig alles abbekommen hat und ich mich entladen habe, bin ich wieder offen für ein halbwegs konstruktives Gespräch.Stiere sind ja sehr ausdauerstark, was Anfeindungen angeht. Und manche Leute können bei mir einfach auch gut Knöpfchen drücken, damit ich explodiere...
WOMAN: Ihr Freund Markus Selikovsky zum Beispiel?
Schwarz: Ja, aber auch mein Vater und mein Manager! Provozieren können einen ja am ehesten diejenigen Menschen, die am nächsten an einem dran sind und einen am besten kennen.
WOMAN: Provokant ist auch Kantinenkoch Tim, der Eddas Schwester Marie mit der erbärmlichen Aufreißmasche Ich hab Krebs und nicht mehr lange zu leben, bitte schlaf mit mir ins Bett kriegen will.
Schwarz: Echt makaber, Menschen so auszunutzen! Ich hoffe, es gibt da keine Nachahmer, weil es echt ein fieser Trick ist!
WOMAN: Auch Eddas letzter Wunsch ist es, Liebe zu machen mit einer Frau. Können Sie das nachempfinden?
Schwarz: Mein letzter Wunsch wärs nicht, weil ich schon für den Film Lulu mit einer Frau intim sein musste (schmunzelt) . Ich kann Ihnen nicht sagen, was mein letzter Wunsch wäre, weil ich glücklicherweise nicht todkrank bin und mir daher auch keine solchen Gedanken mache. Vor solchen Gedanken will ich mich schützen. Ich habe letztes Jahr fünf Filme gedreht und vier haben mit dem Sterben zu tun. Der Tod hängt wie ein Damoklesschwert über mir! (Seufzt) Ich würde am liebsten schön alt werden und einschlafen...
WOMAN: Haben Sie schon jemanden beim Sterben begleitet?
Schwarz: Nein. Meine Großeltern väterlicherseits waren schon tot, als ich geboren wurde. Und als meine Oma, die ich kaum kannte mütterlicherseits starb war ich fünf und musste beim Begräbnis die ganze Zeit lachen, weil ich es so komisch fand, was die Pfarrerin da so über meine Omi erzählte. Ich war einfach zu jung, um zu verstehen und damit klar zu kommen. Mir bereitet das Thema Tod jetzt noch große Probleme.
WOMAN: Was genau?
Schwarz: Ich habe Angst davor, was der Tod mit mir machen wird. Dass ich etwas verpasse, was andere noch erleben dürfen. Aber am allermeisten fürchte ich mich aber davor, einen geliebten Mensch für immer zu verlieren und mich verlassen zu fühlen. Die Hinterbliebene zu sein und das große Loch nicht mehr füllen zu können.
WOMAN: Es gibt Paare, die sich noch das Jawort geben, im Wissen, dass einer bald sterben wird.
Schwarz: Das ist romantisch! Die Idee, eine Verbindung über den Tod hinaus zu haben, finde ich sehr schön.
WOMAN: Warum wollen Sie, wie ich gelesen habe, dann erst mit 50 heiraten?
Schwarz: (lacht) Vielleicht passiert es ja ein bisschen früher. Ich finde, eine Beziehung braucht einfach gewisse Motivationen, um durchhalten zu können. Dinge, auf die man sich freuen kann, dass sie erst noch passieren. Es gibt nichts Schlimmeres, als alles mit einem Wisch zu erledigen: Schwanger sein, Haus bauen, heiraten Deckel drauf, und was machen wir die nächsten 40 Jahre, Schatz? Man kann auch mit 50 noch eine schöne Party machen und sagen: Jetzt haben wirs miteinander so lange ausgehalten. Was kann jetzt noch dazwischen kommen...?
WOMAN: Sind Ihre Eltern noch verheiratet?
Schwarz: Ja, seit über 40 Jahren! Sie sind jeden Tag 24 Stunden miteinander und glücklich. Meine Schwester Sandra hat mit ihrem Mann drei Kinder und lebt mit ihm seit 20 Jahren ohne Trauschein. Die will nicht mehr heiraten, weil sie glaubt, dass sie im weißen Kleid nimmer gut aussieht. Blödsinn! Jeder findet das Glück eben in einer anderen Form.
WOMAN: Wollen Sie Mutter werden?
Schwarz: Ich kanns mir schon vorstellen. Stierfrauen kriegen ja entweder ganz viele oder gar keine. Mal sehen, wie es bei mir wird. Tante bin ich ja schon. Sogar Patentante von Sandras Ältestem, Marlon, 10. Nach seiner Taufe trat ich aus der Kirche aus. Ich glaube nicht an Gott, sondern an die Kraft der Sonne. Bin Atheistin und Humanistin.
WOMAN: Tim rührt Eddas Verlust so sehr, dass er sein ganzes Leben überdenkt. Warum ändern sich Menschen oft erst 5 vor 12?
Schwarz: Vielen fehlt einfach der Mut. Man wills ja meist gemütlich haben, nicht immer alles überdenken...Ich kann jedem nur raten: raus aus den sicheren Gewässern, hinein ins Ungewisse! Mein Umzug nach Wien vor zwei Jahren war so eine intuitive und impulsive Bauchentscheidung. Heute bin ich auf jeden Fall in einer ruhigeren Verfassung als noch vor drei Jahren.
WOMAN: Woran liegt das?
Schwarz: Sicher mal daran, dass ich nach 20 Jahren mit dem Rauchen aufgehört habe! (lacht) Im Ernst: Es liegt am Vertrauen. Ich habe so in meiner Partnerschaft sehr viel Stabilität und Geborgenheit gefunden. Und auch die Stadt selbst hat mich gelassener gemacht. Ich muss geradezu aufpassen, dass ich in Wien nicht zu faul werde! Gestern lag ich den ganzen Abend in der Jogginghose vorm Fernsehen und aß Kartoffelchips. Aber wenn ich merke, dass ich zur Couchpotatoe werde, spaziere ich am Karmelitermarkt oder entlang der Donau umher oder gehe Schwammerlsuchen in der Buckligen Welt. Es gibt sehr viele schöne Ecken hier.
WOMAN: Also kein Heimweh?
Schwarz: Nicht wirklich, ich sehe meine Familie ja sehr häufig. Erst vor zwei Wochen war ich zuhause, um in unserem Hotel Die Träumerei (das betreibt sie mit Schwester Sandra, Anm.) nach dem Rechten zu sehen. Vor kurzem haben wir mein altes Kinderzimmer zu unserem fünften Hotelzimmer - einer großen Suite - umgebaut.Es wird ab jetzt nur noch an Weihnachten,Ostern und Geburtstagen für mich selbst freigehalten.
WOMAN: Vergessen Sie mich nicht zu informieren,wenn Sie mal ein Kinderzimmer in Wien einrichten...
Schwarz: (lacht) Abgemacht!
Interview: Petra Klikovits