Ressort
Du befindest dich hier:

Karriere-Leitfaden

Leitfaden für die Konflikte im Büro austrägst.

von

Karriere-Leitfaden
©

Du verbringst immer mehr Zeit mit deiner Arbeit, kannst aber keinen Gehaltssprung auf dem Konto erkennen? Deine Vorgesetzten schicken dir des Öfteren auch nach 20 Uhr Mails und erwarten prompt eine Antwort? Ab und an musst du deine Kinder auch in die Firma mitnehmen, weißt aber nicht, wie du das deinem Chef sagen sollen?

Wir haben die 25 brennendsten Fragen in Sachen Karriere - von Mobbing über Kollegen bis hin zur Work-Life-Balance - zusammengesucht und von Experten beantworten lassen. Doris Rauscher-Kalod, Leiterin der Abteilung Arbeits- und Sozialrecht der AKNÖ, etwa weiß: "Gerade wenn es um Karenz und Kindergeld geht, gibt es viele Missverständnisse. Weil für jeden etwas anderes gilt. Ohne Profi-Rat läuft man da schnell Gefahr, die Zuverdienstgrenze zu überschreiten und alle Ansprüche zu verlieren.“

1. KARRIERE UND KARENZ

Sind Zusatzausbildungen Garant für den Jobaufstieg?

Nein. Wichtig ist es, am Ball zu bleiben und viel Praxiserfahrung zu sammeln. Was habe ich von der besten Theoretikerin, wenn sie keine Ahnung von der Praxis hat. Natürlich kann man die "Karenzzeit“ nutzen, um sein Können zu erweitern, aber wenn du schon so viel Zeit zur Verfügung hast, warum steigst du nicht wieder ein paar Stunden im Unternehmen ein?

Zahlt es sich aus, in der Zeit der Babykarenz regelmässigen Kontakt zum Unternehmen zu halten - und gelingt das, ohne gleich als aufdringlich zu gelten?

Ja. Den Kontakt zu halten lohnt immer, genauso wie eine flexible Einstellung. Ruf' immer wieder im Unternehmen an, bei Kollegen und auch beim Chef - und nimm' an Veranstaltungen (wo es möglich ist) teil. Viele Frauen kommen nur in die Firma, um stolz ihr Kind herzuzeigen. Das ist ein Teil, um Kontakt zu halten, jedoch sollte dieser auch "inhaltlich“ bestehen bleiben. Warum? Das Unternehmen soll deine Initiative erkennen, gleichzeitig bleibst du so am Wissensball und kannst rasch wieder einsteigen.

Gibt es die richtigen Worte, um den Chef davon zu überzeugen, dass mein Kind ab und an zur Arbeit mitkommt?

Nein. Es hängt vom Chef ab und von den Situationen. In Ausnahmefällen kann man sein Kind sicher mitnehmen, aber man sollte es vorab in einem Gespräch abklären. Diese Ausnahme ist wirklich die Ausnahme. Warum? Du kannst nicht konzentriert arbeiten - und das Kind hat nur begrenzt Spaß daran, im Büro zu sitzen. Bau' dir sich ein gutes Netz aus Betreuung auf, und vergiß dabei nie den Kindesvater. Frauen glauben, alles alleine machen zu müssen, binde aber aber besser deinen Mann in alles ein. Schwanger sein muss man alleine als Frau, aber ab dann gilt 50/50.

Sind Kinder eine Karrierebremse?

Nein. Wenn man weiß, welche Karriere man machen möchte, sind Karriere und Kind möglich. Die Frage ist immer: Wo möchte ich hin, was möchte ich im Job und mit meiner Familie erreichen. Frauen neigen dazu, überall 150 % zu liefern. Das ist nicht möglich. Mal muss ich Zeit für die Karriere investieren, mal mehr Zeit in die Kinder, dann auch wieder in die Beziehung zu meinem Partner und zu meinen Freunden. Und natürlich muss man auf dem Weg nach oben in Kinderbetreuung investieren, aber das ist gleichzeitig eine Investition in sich selbst. Irgendwann sind die Kinder schließlich aus dem Haus - und was machst du dann? Erst zu dieser Zeit wieder richtig durchzustarten ist eher schwer.

2. MOBBING UND WORK-LIFE-BALANCE

Macht es Sinn, gegen Mobbing anzukämpfen?

Ja. Wenn es nur offene Kritik ist, sollte man lernen, damit umzugehen. Wer immer Everybody’s Darling sein will, der ist ein idealer Spielball für Mobber. Bei Mobbing unter Kollegen ist ein guter Draht zu Vorgesetztem und Personalleiter wesentlich, und es lohnt sich, für sich selbst zu kämpfen. Oft aber gelingt das nicht im gewünschten Ausmaß, und dann bleibt meist nur mehr ein Arbeitsplatzwechsel als einzige Lösung, um den psychisch und physisch krank machenden Attacken zu entkommen.

Ist offene Kritik vor den Kollegen schon Mobbing?

Nein. Keineswegs - Mobbing versteht sich als systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte über längere Zeit. Offene Kritik gehört zu einer Feedbackkultur und ist für eine Weiterentwicklung im Job sinnvoll. Die Frage ist nur, in welcher Form und mit welchen Worten die Kritik angebracht wird.

Macht sich das Sammeln von Beweisen bezahlt?

Ja. Bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen muss man die systematische Vorgehensweise des Schikanierens vor Gericht konkret darstellen und nachweisen - etwa durch Fotos von Sachbeschädigungen, Post-its mit Notizen, Mails, ggf. einem Lärmprotokoll, medizinischen und psychologischen Gutachten. Wichtig zu wissen ist jedoch, dass beim Gemobbten ein "krankheitswertiger“ Zustand hervorgerufen worden sein muss, wie etwa lang anhaltende Schlafstörungen, Erschöpfungszustände, Panikzustände, aber auch Magen-Darm-Leiden oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Unbehagen allein oder sich "schlecht behandelt fühlen“ reichen vor Gericht nicht aus - Beweise dieser Art sind wertlos und auch kein Mobbing.

Muss ich die Aufgaben des faulen Kollegen auffangen?

Nein. Prinzipiell muss man keine Aufgaben von "faulen“ Kollegen auffangen, außer man erhält direkte Anweisungen vom Vorgesetzten, dies zu tun. Scheu' dich nicht, darauf hinzuweisen, dass durch den Mehraufwand eigene Arbeitsbereiche zu kurz kommen könnten und man Prioritäten setzen müsste. Vorgesetzte haben nicht immer den Überblick, was du bereits alles bewerkstelligst - und denken, das ist ja "eh nur“ eine Kleinigkeit mehr.

3. KARRIERE-NETZWERKE

Beeindrucke ich den Chef, wenn ich mir kaum Urlaub nehme?

Nein. Mit Blick auf den Stellenwert von Gesundheit und steigende Burnout-Raten gewinnt "Urlaub nehmen“ neue Relevanz. Dein Chef bzw. deine Chefin wird nicht sonderlich beeindruckt sein, wenn du nach dem Motto handelst: Krankenstand statt Urlaub.

Nützt jedes Netzwerk der Karriere?

Nein. Frag' nach, ob es in deinem Unternehmen firmeninterne Netzwerke gibt, die für dich von Bedeutung sein könnten. Gibt es speziell für deine Berufsgruppe ein interessantes Netzwerk? Wirf auch unbedingt einen Blick auf Business & Professional Women BPW , das größte internationale Netzwerk für berufstätige Frauen.

Darf ich die Mail des Chefs nach 20 Uhr unbeantwortet lassen?

Jein. Welche Arbeitszeiten wurden vereinbart? Besser, du wartest auf den nächsten Arbeitstag und überdenkst die Antwort in Ruhe. Es wäre nicht so günstig, wenn du in aufgedrehter Freizeitstimmung vorschnell eine zu saloppe Antwort parat haben. Ansonsten gilt: Beurteile die Dringlichkeit, und besprich' für zukünftige Fälle gemeinsam die Vorgehensweise.

Darf ich das laute Telefonieren meines Kollegen unterbinden?

Ja. Versetze dich in dein Gegenüber, und sprich' das Thema höflich und in Ruhe an. Überlege: Wie hättest du gerne Feedback für das Verhalten? Nützt das Gespräch nichts, versuch' es mit einer witzigen Demonstration, und zeig' deinem Sitznachbarn, wie laut er wirklich ist, denn selbst können wir die eigene Lautstärke gar nicht richtig einschätzen.

4. VERDIENST UND RECHTSLAGE

Ich bin wegen Karenz zuhause, darf ich dazuverdienen?

Ja. Karenzzeit ist eigentlich als gänzlicher Freistellungsanspruch von der Arbeit gedacht, um diese Zeit der Erziehung des Kindes zu widmen. Es gibt aber die Möglichkeit, in diesem Zeitraum geringfügig zu arbeiten, im Moment liegt diese Grenze bei € 376,26. Du musst zusätzlich die Zuverdienstgrenzen deines Kinderbetreuungsgeldmodells beachten. Infos gibt’s bei der Krankenkasse und der AK.

Kann ich bei einer Verkühlung Krankenstand anmelden?

Ja. Wenn du durch die Erkältung so krank sind, dass du "an der Leistung deiner Dienste verhindert bist“, wie es im Gesetz steht, solltest du dich krank melden. Der Besuch beim Arzt und die Krankschreibung durch ihn sind allerdings unumgänglich.

Darf ich gleich nach der Kündigung meine Sachen packen?

Nein. Nach einer Kündigung musst die Kündigungsfrist einhalten, sofort Sachen packen und verschwinden ist keine Option. Dein Arbeitgeber muss sich darauf verlassen können, dass du deine Arbeit bis zum letzten Tag ordentlich erledigst, sonst könntest du rechtliche Probleme bekommen. Wenn dich hingegen der Chef vom Dienst freistellt, dann ist das natürlich eine andere Sache. Aber: Lass dir das unbedingt auch in schriftlicher Form bestätigen.

Muss ich bei der Urlaubsplanung auf Kollegen Rücksicht nehmen?

Jein. Eine Verpflichtung dazu steht nicht im Gesetz. Die gemeinsame Planung ist aber eine feine Sache, um den Arbeitgeber zu überzeugen. Wenn alles schon vororganisiert ist, kann der Chef zu deinem Wunsch schwer Nein sagen.

5. BETRIEBSKLIMA

Erzähle ich meiner Chefin Schmankerln aus dem Privatleben?

Nein. Wahre Souveränität und Professionalität, und wähl' genau aus, wem du was erzählst. Die Schmankerln lass dir lieber mit guten Freunden und Familie schmecken …

Verlaufen gute Karrieren stets kontinuierlich nach oben?

Nein. Auf Umwegen entdecken Menschen Inspirationen für ihren Erfolg. Wenn der Weg immer geradlinig nach oben verliefe, wären viele Topleute nicht so erfolgreich. Im Gegenteil: Tiefer Fall scheint sogar zu besonderen Höhenflügen zu animieren.

Ist Freundschaft unter Kollegen kreativitäts-steigernd?

Ja. Kreativität wird beflügelt durch Freude und Begeisterung. Du hast mit deinen Arbeitskollegen Spaß, ihr seid Freunde und lacht viel? Ideen entstehen aus der neuen Kombination von Altbekanntem!

Darf ich im Aufzug Unternehmensinterna ansprechen?

Nein. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Vertraulichkeit ist ein Gut, das es hoch zu achten gilt. Und Interna sollten Interna bleiben. Deshalb: Beweise Integrität, und nutze die Zeit im Aufzug lieber für anderes, wie etwa zum Netzwerken und zur kurzen Entspannung im hektischen Büroalltag.

Kontert man der Kritik der Chefin?

Ja. Fassen Sie Mut, blick' der Chefin gerade in die Augen, und frag' nach: Was soll ich wie anders machen? Wie soll ich an eine Aufgabe herangehen? So schaffst du den Turnaround und zeigst Willen zur Verbesserung.

6. GELD UND AUFSTIEG

Muss ich für mehr Geld auch mehr arbeiten?

Jein. Ausgehend von mehr Gehalt für gleiche Qualifikation bedeutet dieses "mehr an Geld“ auch ein "mehr an Erwartung“ seitens des Arbeitgebers. Das heißt: Es wird nur mehr für mehr Leistung bezahlt. Es gibt aber auch Sparten, die besser zahlen als andere - somit kann man unter Umständen durch einen Branchenwechsel doch zu mehr Geld für weniger oder den gleichen Einsatz kommen.

Ist es gut, mit den Kollegen auch übers Einkommen zu reden?

Jein. Vorausgesetzt, es ist im Vertrag nicht untersagt und du bist bereit, die Konsequenzen zu tragen. Zum Vorteil kann die Info werden, wenn du weniger verdienst, denn dann lässt sich’s unter Umständen leichter nachverhandeln. Im umgekehrten Fall tun das die anderen auch - und Neider gibt es schließlich überall. Der Arbeitgeber wird in keinem Fall darüber erfreut sein.

Sind Gehaltserhöhungen in der Krise tabu?

Nein. Wenn die Umsätze sich gut entwickeln und der Einsatz passt, sind sie nicht tabu. Wenn du über spezifische Kenntnisse verfügst, die unbedingt erforderlich sind, auch nicht! In diesem Fall aber muss man aufpassen, dass sich der Arbeitgeber nicht erpresst fühlt, denn das rächt sich irgendwann.

Werden Streber schneller befördert?

Jein. Streber werden nur schneller befördert, wenn sie ihre Mehrleistungen auch an geeigneter Stelle positionieren können. Gute Arbeit im Stillen wird von Vorgesetzten, wenn überhaupt, oft zu wenig registriert - und rasch auch als selbstverständlich eingestuft. Daher Mut zum Selbstmarketing!

Thema: Karriere