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Wir haben zwei lesbische Paare gefragt, wie sie mit Homophobie umgehen

Anlässlich der laufenden PRIDE Week und der Regenbogenparade, die am Samstag in Wien über die Bühne gehen wird, haben wir uns mit zwei lesbischen Paaren über Homophobie unterhalten.

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lesbisches Paar
© iStock

Anmerkung: Die Namen der Personen im Text wurden geändert. Die Personen auf dem Foto sind nicht die Interviewpartnerinnen.

Seit 6. Juni sind die Veranstaltungen rund um die PRIDE Week voll im Gange. Von der Movie-Night bis zum Lauf-Event im Prater, über ein eigenes PRIDE Village am Rathausplatz, bei der sich Arbeitgeber präsentieren, die Diversität und Offenheit in ihrem Unternehmen fördern – Wien steht für zwei Wochen ganz im Zeichen des Regenbogens. Höhepunkt der PRIDE Week wird die am Samstag stattfindende Regenbogenparade sein, bei der die unterschiedlichen Liebes- und Lebensweisen zelebriert werden. Vielfalt und Akzeptanz werden gefeiert und die Gleichberechtigung von LGBTIQ-Personen steht natürlich ganz oben auf der Agenda.

Leider "motivieren" solche Feierlichkeiten im öffentlichen Raum auch jene, die homosexuelle Menschen beleidigen oder besser gesagt – auf das übelste beschimpfen. Auch wenn man natürlich anmerken muss, dass die Situation in Wien eine ganz andere ist, als in etwa in Polen, Russland, Serbien und vielen anderen Ländern, wo Teilnehmerinnen und Teilnehmer der PRIDE regelmäßig angegriffen werden oder PRIDE-Demonstrationen gleich ganz verboten werden.

Homophobie (die Angst, bzw. die Aversion oder Abneigung gegen homosexuelle Menschen) ist in unserer Gesellschaft im Jahr 2018 leider noch immer ein Thema - das zeigt nicht zuletzt der Umstand, dass die "Rosa Lila Villa" - das auffällige, rosa gestrichene Community-Zentrum an der Linken Wienzeile - immer wieder mit Hassbotschaften beschmiert wird, oder Menschen die aus dem Haus kommen, wüst beschimpft werden. Ohne die Euphorie und den positiven Vibe rund um die Regenbogenparade bremsen zu wollen, ist es uns ein Anliegen, homosexuelle Personen – in diesem Fall Frauen – zu Wort kommen zu lassen. Zwei lesbische Paare teilen ihre Erfahrungen mit uns.

Petra, 31

Als ich meiner Familie erzählt habe, dass ich mit einer Frau zusammen bin, gab es sehr unterschiedliche Reaktionen. Ohne auf jedes Detail eingehen zu wollen, kann ich nur sagen, dass ich sehr überrascht war und noch immer bin, dass sich meine Erwartungen teils gar nicht bewahrheitet haben. Und zwar hatten genau die Menschen ein Problem mit meiner Homosexualität, von denen ich erwartet hatte, dass sie es ganz locker nehmen würden. Und die, die ich eigentlich sehr konservativ eingeschätzt habe, waren eher aufgeschlossen und neugierig. Ich denke der sogenannte "Generationen-Clash" spielt da mit. Dinge offen anzusprechen liegt unseren Eltern und deren Geschwistern einfach nicht so wie uns Jüngeren – das habe ich auch in ganz anderen Situationen und auch bei Eltern von Freunden gemerkt. Ich habe das Gefühl, meine Familie brauchte – und braucht noch immer – sehr, sehr viel Zeit, um das Ganze sacken zu lassen. Kleine Gesten von bestimmten Verwandten wie ein Nachfragen, wo denn meine Freundin sei, bedeuten für mich viel. Sie geben mir das Gefühl, wir seien über dem Berg, obwohl es schon ein bisschen heftig ist, denn würden sich heterosexuelle Menschen so fühlen, wenn jemand aus der Familie "nur" nach dem Partner fragt? Ich glaube nicht.

»Wir überlegen beim Buchen eines Urlaubs ernsthaft, in welchem Land wir so Urlaub machen können, dass wir unsere Liebe zeigen können. «

Von meiner Familie mal abgesehen: Freunde und Bekannte hatten wirklich nie ein Problem damit, dass ich mit einer Frau zusammenlebe. Sie haben sich sehr für mich gefreut. Allerdings machen mir die Blicke in der Öffentlichkeit teilweise sehr zu schaffen. Es geht manchmal so weit, dass ich mit meiner Freundin nur wenig bis gar keine Zärtlichkeiten austausche, weil wir oft schon sehr gut einschätzen können, welche Leute zu starren beginnen. Oft sieht es einfach so aus, als wären wir nur gute Freundinnen – leider.

Ein ganz spezieller Vorfall blieb uns beiden sehr in Erinnerung und hat sich in unsere Köpfe eingebrannt. Seitdem hat sich unser Verhalten in der Öffentlichkeit sehr verändert. Und zwar waren wir vor einigen Jahren in Kroatien im Urlaub und lagen an einem sehr kleinen Strand mit ca. 30 Leuten. Hinter uns im Schatten platzierte sich eine Gruppe älterer Kroaten. Die Pensionisten-Pärchen saßen auf den Bänken unter den Bäumen, alles schien friedlich, ich und meine Freundin lagen in der Sonne. Wir hielten Händchen, gaben uns ab und zu ein Bussi – wir verhielten uns so, wie sich jedes heterosexuelle Paar am Strand verhalten würde. Wir schliefen in der Sonne, als wir plötzlich von einem Schwall eiskaltem Wasser geweckt wurden. Ein älterer Herr schimpfte auf Kroatisch (meine Freundin konnte ihn verstehen): So etwas Grausliches hätte in seinem Land nichts verloren, das solle uns jetzt einmal eine Lehre sein! Der Mann hatte einen Autoreifen mit eiskaltem Wasser aus der Dusche befüllt und uns "zur Strafe" über unsere Körper geschüttet. Wir waren vollkommen fertig und natürlich absolut perplex. Am Strand wurde es still, alle Leute schauten uns und sich gegenseitig an, teils trafen uns mitleidige Blicke, niemand hatte etwas sagen können – ich denke, wir alle waren ziemlich baff. Die Pensionisten-Gruppe feierte den Mann und nickte ihm zustimmend zu, als er zurück zum Schatten schlenderte. Danach legten wir uns ein Stück weg. An diesem Strand gingen wir nicht mehr und wir überlegen beim Buchen eines Urlaubs ernsthaft, in welchem Land wir so Urlaub machen können, dass wir unsere Liebe zeigen können. Dieses Erlebnis hat mich wirklich sehr geprägt und macht mich bis heute noch immer unglaublich traurig. Das einzig Positive: Meine Solidarität mit anderen Menschen ist seitdem sehr gestiegen. Ich habe damals zum ersten Mal erfahren, was es heißt, diskriminiert zu werden. Und jetzt stehe ich in der Öffentlichkeit noch schneller oder noch leichter für andere ein.

lesbisches Paar 2

Denise, 25

Ich bin seit 7 Jahren mit meiner Freundin Jana zusammen und ich muss sagen, bis heute hat in meiner Gegenwart noch nie jemand schlecht darüber geredet oder mich beleidigt, weil ich mit einer Frau zusammen bin. Seit ich 12 Jahre alt bin, spiele ich in einem Frauenfußball-Team. Meine Eltern, meine Großeltern und mein gesamter Freundeskreis sind dadurch schon sehr früh mit Homosexualität in Berührung gekommen – auch ich. Ich bin sehr lange mit Männern ausgegangen. Erst als ich ca. 20 war, war es für mich ein Thema, mit einer Frau etwas anzufangen. Eigentlich erst, als ich etwas mit meiner Freundin angefangen habe. Eine Kollegin aus dem Team hat einmal zu mir gesagt: "Weißt du, man verliebt sich nicht in ein Geschlecht, sondern in den Menschen." Dieser Satz ist mir bis heute in Erinnerung geblieben, denn er stimmt für mich zu 100 Prozent. Jana und ich verstanden uns einfach gut, wir hatten total viel Spaß miteinander und ja – die Liebe wurde immer stärker. Meiner Familie habe ich eigentlich nie offiziell gesagt, dass ich mit ihr zusammen bin. Jana kam einfach immer öfter zu mir nach Hause und als wir dann zusammengezogen und immer öfter in den Urlaub gefahren sind, war es für alle klar. Ich musste mich also nie wirklich outen.

»Ob man jetzt ein paar Kilos mehr drauf hat oder ein bisschen ausgefallener angezogen ist – die Leute schauen einfach. Aber das ist uns eigentlich ziemlich egal.«

Ich glaube, dass meine Familie so locker mit der Situation umgeht, liegt zum Einen daran, weil sie durch das Fußballspielen schon immer mit lesbischen Frauen in Kontakt waren und weil sie meine Freundin einfach unglaublich lieben. Sie ist auch bei meinen Freunden so beliebt – alle waren von Jana sofort hin und weg. Sie kleidet sich sehr burschikos und viele glauben auf dem ersten Blick zu wissen, dass sie lesbisch ist und trotzdem haben wir beide nie das Gefühl, dass uns jemand anglotzt. Ja, vielleicht wird hier und da ein wenig getuschelt, aber das machen die Leute doch sowieso immer. Ob man jetzt ein paar Kilos mehr drauf hat oder ein bisschen ausgefallener angezogen ist – die Leute schauen einfach. Aber das ist uns eigentlich ziemlich egal. In meiner Arbeit wissen allerdings nicht alle Bescheid. Aber ich finde, dass ich nicht jedem meiner Arbeitskollegen auf die Nase binden muss, dass ich mit einer Frau zusammen bin. Das würde ich auch nicht machen, wenn ich heterosexuell wäre. Ich frage sie ja auch nicht, mit wem sie gerade schlafen – also finde ich das unnötig. Meine Freundin hat übrigens ähnliche Erfahrungen gemacht bezüglich Famlie und Freunde. Außer bei den Kollegen: Die wissen zwar, dass sie lesbisch ist, lästern aber in ihrer Anwesenheit über Homosexuelle ab. Sie macht sich dann schon bemerkbar und sagt Sätze wie: "Ihr wisst aber schon, dass ich mit einer Frau zusammen bin." Dann kommt meistens zurück: "Ja, du bist ja nicht so!" Da merkt man schon, wie eingeschränkt viele Leute denken und wie sehr sie andere Menschen in eine Schublade stecken. Meine Ex-Freunde hatten früher übrigens auch ein ganz schön großes Problem damit, dass ich mit lesbischen Frauen zusammen Fußball spiele. Sie haben sich immer Sorgen gemacht und die Mädels als große Konkurrenz gesehen. Aber insgesamt muss ich sagen: Noch nie hat jemand komisch reagiert, als ich erzählt habe, dass ich mit Jana zusammen bin. Obwohl ich ehrlicherweise vor so manchem Gespräch mit Freunden ganz schön nervös war.

Themen: Liebe,