Während Impfungen von ExpertInnen als notwendige und sichere Schutzmaßnahme empfohlen werden und es auch einen offiziellen Impfplan des Gesundheitsministeriums gibt, warnen ImpfgegnerInnen vor angeblichen (vertuschten) Folgeschäden. Eine besonders ausgeprägte Form der Impfgegnerschaft sind sogenannte „Masernpartys“. Dabei werden gesunde, ungeimpfte Kinder gezielt mit Masern angesteckt, damit sie die Krankheit in einem Alter durchmachen, in dem es seltener zu komplizierten Verläufen kommt. Die Eltern erhoffen sich davon, dass ihre Kinder eine Immunität gegen die Krankheit entwickeln, ohne die vermeintlichen Risiken und Nebenwirkungen der Impfung in Kauf nehmen zu müssen. Oft wird auch behauptet, dass sich eine Masernerkrankung sogar positiv auf das kindliche Immunsystem auswirken soll.
Erziehungsrecht vs Fürsorgepflicht
Zur Rechtfertigung berufen sich die Eltern zumeist auf ihr Erziehungsrecht. Grundsätzlich ist es zwar richtig, dass Eltern das Recht haben, ihre Kinder nach eigenen Vorstellungen zu erziehen. Was dabei allerdings manchmal vernachlässigt wird: Bei der Ausübung der Erziehungsrechtes sind die Eltern dazu verpflichtet, das Kindeswohl zu wahren. Dem Erziehungsrecht steht also eine Fürsorgepflicht gegenüber. Auch wenn den Eltern bei der Kindererziehung ein sehr weiter Ermessensspielraum zugebilligt wird, sind Erziehungsmaßnahmen, durch die das Kind in unvertretbarer Weise gefährdet oder in seiner Entwicklung beeinträchtigt wird, jedenfalls unzulässig.
Masernpartys gefährden das Kindeswohl
Da Masern nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft keine harmlose Kinderkrankheit sind und die Masernimpfung als sicher gilt, stellen Masernpartys eine massive Kindeswohlgefährdung dar. Daher kann das Pflegschaftsgericht Eltern, die ihre Kinder einem solchen Risiko aussetzen, die Obsorge ganz oder zumindest im medizinischen Bereich entziehen.
Außerdem machen sich Eltern, die ihre Kinder an einer Masernparty teilnehmen lassen, grundsätzlich wegen einer vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten und unter Umständen auch wegen Körperverletzung strafbar.
Dasselbe gilt wohl auch für eine absichtliche Ansteckung der Kinder mit anderen Krankheiten, bei denen das Risiko von schweren Gesundheitsschäden besteht oder die sogar tödlich enden könnten. Eltern, die mit dem Gedanken spielen, ihre Kinder absichtlich mit dem Coronavirus anzustecken, damit sie gegen eine neuerliche Ansteckung immun sind (wie dies in sozialen Netzwerken bereits diskutiert wird), könnten daher massive rechtliche Probleme bekommen.

Über die Autorin: Mag. Carmen Thornton ist selbständige Rechtsanwältin in Wien und schreibt regelmäßig juristische Artikel für WOMAN.at - etwa über Zahnspangenkosten. Ihre Kanzlei ist spezialisiert auf Scheidungen, Obsorge und Unterhaltsverfahren. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.
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