Ressort
Du befindest dich hier:

Hört auf, Menschen auf ihre vermeintlichen Makel anszusprechen!

Schiefe Zähne, starke Behaarung, Narben oder das Gewicht? Das alles sind Dinge, die man besser unkommentiert lassen sollte. Danke!

von

Hört auf, Menschen auf ihre vermeintlichen Makel anszusprechen!
© iStock

Dass "Hey, Gratulation - du hast abgenommen" nicht besser ist als jeglicher anderer Kommentar über das Gewicht einer Person, haben wir bereits in DIESEM Artikel ausführlich beleuchtet. Das Ganze lässt sich aber noch viel weiterspinnen. Im Grunde genommen könnte man sagen, dass das Potenzial, mit Kommentaren über den Körper anderer, mehr Schaden als Gutes anzurichten, enorm hoch ist.

Das hob jetzt auch Autorin Jaqueline Scheiber alias minusgold auf Instagram einmal mehr hervor. Die wurde jetzt nämlich von einer Followerin gefragt, ob sie eigentlich nie daran gedacht hat, sich ihre Zähne richten zu lassen.

»Was ist mit deinen Zähnen passiert?«
»Hast du nie über eine Zahnspange nachgedacht?«
»Wann warst zu zuletzt beim Zahnarzt?«
»Du weißt schon, dass man sich die Zähne aufhellen lassen kann?«

Wenn es dir nicht spätestens nach diesen Beispielsätzen klar ist: Es ist genauso unhöflich und verletzend, jemanden auf sein Gebiss anzusprechen, wie sein Gewicht zu kommentieren. Es ist eine ganz ähnliche Kategorie. Körper sind unterschiedlich, unglaublich faszinierend ... und lassen sich teils einfach sehr schräge Dinge einfallen. Wenn für dich der Körper eines anderen Menschen also ein bisserl baufällig wirkt oder ganz einfach nicht dem kulturellen Schönheitsideal entspricht, dann schalte bitte 1. vorher kurz das Hirnkastl ein, bevor du irgendeinen unbedachten Kommentar absetzt und denke 2. daran, dass die äußere Hülle nicht unbedingt eine Reflexion ihrer guten oder schlechten Angewohnheiten ist.

Von dem abgesehen sind gerade Übergewicht und (schiefe) Zähne noch immer stark mit der jeweiligen sozialen Schicht verbunden. Das hebt auch Scheiber in einem ihrer Postings noch einmal ganz klar hervor: "Armut macht krank. Das ist ein Fakt und kann man in unterschiedlichen Publikationen nachlesen. Menschen, die ein geringes Einkommen haben oder an der Armutsgrenze leben, sind häufiger von psychischen und physischen Krankheiten betroffen. Das fängt bei der Ernährung an (leider ist gesunde Ernährung oft noch teurer als ungesunde Ernährung) und hört bei äußerlichen Merkmalen auf."

"Armut macht krank"

Und sie hat recht. Obwohl Zähne zu unserem Körper gehören, werden sie ins unserem eigentlich guten Gesundheitssystem zweitrangig behandelt. Mundhygiene wird im Regelfall nicht von der Krankenkassa bezahlt. Zwei Mal jährlich 100 Euro alleine für die Vorsorge auszugeben? Für viele nicht stemmbar. Ganz zu schweigen von ästethisch(eren) Zahnfüllungen, Zahnspangen, Kronen, Brücken, Implantaten und Co.

Lasst uns also bitte ein für alle Mal darauf einigen, damit aufzuhören, die Zähne und überhaupt äußerliche Merkmale an Menschen hervorzuheben, die sie in erster Linie nicht selbst verschuldet haben. Und selbst wenn - STOP. IT.

Weil wir es nicht besser sagen können als Jaqueline Scheiber selbst:

»Normschön zu sein, hat viel mit Geld, sozialer Herkunft und Privilegien zu tun. Natürlich gibt es Menschen, die "gute" Erbanlagen haben und mit einem symmetrischen Gesicht und perfektem Lächeln geboren werden, aber die Norm ist das allemal nicht.«

Die Zähne, die Behaarung, die Narben, die Akne oder das Gewicht Anderer zu kommentieren ist übergriffig, unnötig und es ist ganz sicher nicht etwas, was die Person selbst nicht schön längst wüsste. Wenn überhaupt ist es eine andere Form des Shamings, des Stigmatisierens – getarnt als höfliche Besorgnis.

Versteht uns nicht falsch. Jemandem zu sagen, dass er oder sie etwas zwischen den Zähnen hat, ist eine andere Geschichte. Eine kurzer Scham-Moment vielleicht, ja. Aber eben kein Hinweis auf deren permanente Unzulänglichkeit.

Themen: Report,