"Der Krieg in der Ukraine belastet mich extrem. Ich bin selber Nato-Soldatin in einer kämpfenden Einheit und alleinerziehende Mama einer dreijährigen Tochter. Letzte Woche kam der Befehl zur ABC-Bereitschaft. Das heißt, dass wir uns innerhalb der nächsten zwei Wochen bereit halten sollen und unsere Ausrüstung kontrollieren sollen. Ich kann also direkt abgezogen werden und wäre sogar eine der ersten, die in an die Kriegsfront zieht, sollte Putin die Nato-Grenzen verletzen. Das wäre für mich das erste Mal, dass ich ins Ausland müsste.
Und meine Tochter? Ich ertrage den Gedanken nicht, sie allein lassen zu müssen, nur weil ein größenwahnsinniger Russe die Welt zerstören will. Theoretisch würde sie zu einer Pflegefamilie kommen, wenn ich für einen längeren Einsatz weg müsste. Das will hier in meinem Umfeld natürlich keiner zulassen. Aber als Alleinerzieherin ist die Situation nicht so einfach. Kontakt zum Vater besteht keiner, seine neue Frau möchte das nicht. Meine Mutter leidet an Lungenkrebs und wird von mir gepflegt.
Gestern hat mir meine Schwägerin angeboten, dass sie meine Tochter vorübergehend nehmen könnte. Und meine Mama versucht trotz Erkrankung auch irgendwie da zu sein, soweit es die Schmerzen eben zulassen. Meine Freundinnen wollen meine Mama und die Schwägerin unterstützen.
Dass ich bei meinem Einsatz als Soldatin auch sterben könnte, verdränge ich. Ich kann den Gedanken nicht zu sehr an mich ran lassen, sonst könnte ich meine Arbeit nicht mehr machen. Man ist dann nicht mehr zu hundert Prozent bei der Sache und macht Fehler. Und wenn Krieg ist, kann man sich keine Fehler erlauben. Man gefährdet dadurch nicht nur sich, sondern auch seine Kameraden.
Am schlimmsten wäre es für mich, wenn ich eines Tages heim komme nach einem längeren Auslandseinsatz und merke, dass ich für meine Tochter eine Fremde bin. Sie weiß zwar, was ich beruflich mache und war auch schon öfter mit mir in der Kaserne, aber was es wirklich bedeutet, Soldatin zu sein, das versteht sie noch nicht. Sie ist ja erst drei geworden und weiß gerade mal, dass man andere Menschen nicht hauen darf. Ich wünsche mir für sie, dass die Welt eines Tages wieder friedlicher wird.“