Gut, ich geb's ja zu: So richtig „Klick“ gemacht hat's bei mir und James Blunt in den letzten Jahren nicht wirklich. Warum? Er ging mir der Oberschnulze „You're beautiful“ dermaßen auf die auf die Nerven, dass ich irgendwann mal beschloss, mich nicht mehr näher mit den musikalischen Ergüssen des britischen Weichspüler-Songwriters zu beschäftigen. Sorry James, das war ein Fehler!
Ganze 12 Jahre lang versteckte ich Blunt mit seinem Millionenhit in die der „Bäh-zu kitschig-zu penetrant-zu aufdringlich“-Schublade. Bis vor ein paar Tagen eine Interview-Einladung in meinem Postfach landete. James Blunt möchte gerne über sein neues Album „The Afterlove“ plaudern. Treffpunkt Hotel Sans Souci.
Notiz der Kulturchefin: Kannst du übernehmen? Wer... ich??
Muss ich... wirklich? Ja, musst du.
Na gut, geben wir Mister „You're beautiful“ noch eine Chance, dachte ich zähneknirschend und begann, die letzten Jahre James Blunt aufzuarbeiten.
Vier Stunden später: Hey, der Typ ist ja weit mehr als nur ein „hoffnungsloser Romantiker“ oder „eh nett“. Seine Auftritte bei TV-Shows sind wirklich superlustig, und das, was Blunt auf Twitter abzieht – großes, selbstironisches Kino! Wirklich cool!

„Ich bin von meiner Plattenfirma als Romantiker verbraten worden und haben vier Alben lang auf meiner Akustikgitarre traurige Lieder geschrieben“, sagt der Sänger, der seinen Schmusehit 14 Millionen mal verkauft hat, und u.a. mit dem Brit Award und dem Echo ausgezeichnet wurde. So, und jetzt ist sein neues Baby an der Reihe.
Am 24. März erscheint „The Afterlove“, und damit ein Album, das so irgendwie gar nicht verschmust klingt, eher frisch, elektronisch und voller „Wumms“. Dazu seine Ankündigung auf Twitter: „Wenn ihr glaubt, 2016 war schlecht – 2017 kommt ein neues Album von mir!“
Der Typ hat wirklich Humor. Und eine Vorliebe für Wiener Schnitzel, wie wir von seiner Agentin bei unserm Date im Hotel Sans Souci erfahren. Mit einem freundlichen „Hi“ begrüßt uns der Popstar in seiner Hotelsuite. Und dann ging’s auch schon los. Lieber James Blunt, ich hätte da mal eine Frage...
WOMAN:
James, sag mal, kann es sein, dass du in deinem neuen Album den Romantiker umgebracht hast?
James Blunt:
Na ja, umgebracht wäre etwas übertrieben. Warum sagst du das?
WOMAN:
The Afterlove klingt auf jeden Fall weniger verschmust, als das, was du vorher produziert hast.
James Blunt:
Ich würde eher sagen, dass es vielfältiger ist. Es geht darum, das Leben in seiner Vielfalt zu feiern. Es bringt nix, in einer Bar seine Probleme wegzutrinken. Es kommt nämlich alles wieder zurück.
WOMAN:
In „Someone singing along“ thematisierst aber auch, dass bestimmte Politiker unsere Gesellschaft extrem polarisieren...
James Blunt:
Viele Politiker versuchen, Leute gegeneinander aufzuhetzen, Ängste zu schüren. Schwarz gegen Weiß, Männer gegen Frauen, Homos gegen Heteros, Muslime gegen Christen gegen Juden. Ich finde, wir sollten nicht ständig nach Dingen suchen, die uns trennen, sondern mehr nach Gemeinsamkeiten Ausschau halten. Wir sind ja alle nur Menschen mit Gefühlen. Wir müssen auf uns aufpassen! Das ist es nämlich, was uns glücklich und stark macht.
WOMAN:
Ist das auch dein Anspruch auf Twitter? Immerhin antwortest du ja vielen Hasspostern persönlich...
James Blunt:
Ach, ich nehme das alles nicht so ernst, was sich online abspielt. Die echte Welt draußen ist viel interessanter. Menschen, die mir Hassbotschaften schicken, kann ich nur mit Humor begegnen. Das sind nämlich die, die mit heruntergelassener Hose allein im dunklen Zimmer sitzen. Aber ja, ich werde oft nach Hasspostern gefragt. Es gibt sie, aber man kann sie an einer Hand abzählen. Lass uns doch lieber über die 25.000 Leute sprechen, die weit reisen, sich stundenlang in einer Reihe anstellen, nur um ein Konzert von mir zu sehen. Oder die Millionen Fans, die meine Alben kaufen.
WOMAN:
Ja, gut, dann lass uns über darüber sprechen. Verrätst du uns dein Erfolgsgeheimnis?
James Blunt:
(Denkt kurz nach, lächelt): Ja, ich glaube, meine Mutter steckt dahinter. Sie hat mich dazu gezwungen, von klein auf Musik zu machen, Piano zu spielen. Ich hasste es! Jetzt bin ich ihr dankbar dafür. Ohne sie wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin. Und dann gibt’s da auch noch die vielen tollen Menschen, denen ich auf meiner Lebensreise begegnet bin: Linda Perry von den 4 Non Blondes, die mich immer unterstützte und ermutigte, an mich zu glauben, oder etwa Elton John, der mich auf seine Tour mitnahm.
WOMAN:
Inwiefern hat dich das verändert?
James Blunt:
Das musst du eher die anderen fragen. Ich glaube, so etwas verändert eher die Menschen, die um dich herum sind, nicht einen selber. Wenn du berühmt bist, wirst du mit anderen Augen wahrgenommen, klar. Ich bin aber noch immer der James, der ich vorher war. Mein Erfolg hat mich nicht unbedingt größer gemacht, auch wenn ich das vielleicht bevorzugt hätte (lacht).
WOMAN:
Aber deine Fans lieben dich so, wie du bist. Was war bis jetzt die verrückteste Fanpost, die du erhalten hast?
James Blunt:
Einmal bekam ich eine Box geschickt, in der jemand mein ganzes Leben in Miniatur nachgebaut war. Ich war eine kleine Puppe, in einem Zimmer mit Klavier und Gitarre, rundherum lauter Bücher und CDs, über die ich jemals öffentlich gesprochen habe. Es waren sogar Chicken-Wings in der Box (Anmerkung: James liebt Chicken Wings). Irgendwann mal werde ich aufwachen und als Puppe in der Box weiterleben. (lacht)
WOMAN:
Haha, sehr lustig. Und was hast du mit der Box gemacht?
James Blunt:
Ich hab sie gut auf meinem Dachboden versteckt.
WOMAN:
Ich habe mich ja auch gefragt, welche Musik James Blunt auf seinem Handy so hört. Gibt’s da die eine oder andere Nummer, die dir vielleicht peinlich ist? Also Musik, die nicht von dir ist.
James Blunt:
Ich hör nur meine eigene Musik.
WOMAN:
Genau. Und das sollen wir dir glauben?
James Blunt:
Nein, stimmt eh nicht. Meine Musik wird aber wirklich von vielen als Guilty Pleasure gesehen (lacht). Trotzdem sollte sich keiner schuldig fühlen für Musik, die man am iPhone mit dabei hat Also, was hab ich da für dich parat... (nimmt sein iPhone, wischt herum....), Ah, genau, AC/DC höre ich, Highway to Hell und Dancemusik liebe ich! (Spielt uns was vor und wippt mit dem Kopf)
WOMAN:
Aber das sind jetzt keine wirklichen Guilty Pleasures, oder?
James Blunt:
Ja, eh. Keiner soll sich für seinen Musikgeschmack schämen müssen. Obwohl, wart mal. Da hab ich ja auch noch Blur. Für Blur schäme ich mich wirklich etwas, gestehe ich. Die sind wirklich nicht cool.
WOMAN:
Warum denn das?
James Blunt:
Weil ich das so sage.
WOMAN:
Aha. Bist du immer so stur eigentlich?
James Blunt:
Hm, ja, schon. Vielleicht kommt das noch aus meiner Army-Zeit (Anmerkung: Blunts Vater gehörte dem British Army Corps an. Blunt war 1999 als Soldat im Kosovo). Ich steh auf das Wort YES, und ich steh drauf, wenn Dinge schnell und unkompliziert umgesetzt werden.
WOMAN:
Sieht das deine Frau auch so? (Anm: Blunt ist seit 2012 mit Juristin Sofia Wellesley verheiratet, seit letzten Sommer haben die zwei einen gemeinsamen Sohn).
James Blunt:
Nein, das ist nur unter Männern so. Meine Frau, meine Mutter und meine Schwestern haben natürlich immer recht. Obwohl, bei meinen zwei Schwestern stimmt das nicht ganz.
WOMAN:
...weil?
James Blunt:
...ich der Älteste bin.
WOMAN:
Aber immerhin hat sich eine deiner Schwester von dir erfolgreich mit einem Helikopter-Piloten verkuppeln lassen. Wurdest du auch schon mal verkuppelt?
James Blunt:
Ja, das hat gut geklappt mit meiner Schwester. Nein, ich wurde noch nie verkuppelt. Zum Glück! Meine Familie ist mir sehr nah, und ich versuche, so viel Zeit wie möglich mit meinem Sohn und meine Frau zu verbringen.
WOMAN:
Bist du Feminist?
James Blunt:
Ich bin Egalitarist. Jeder sollte unabhängig von seinem Geschlecht, Rasse oder Religion gleich behandelt werden. Trotzdem ist Feminismus wichtig, weil Frauen noch immer nicht die gleichen Rechte wie Männer haben. Insofern: Ja!
James Blunt spielt am 4. Mai im Volkstheater beim Amadeus Award, am 31. 10. in der Stadthalle Wien und am 1.11. in der Salzburgarena. Wir verlosen hier Tickets!

Kommentare