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Liebe Männer, Online-Flohmärkte sind kein Flirtportal

Anzügliche Nachrichten und unangebrachte Flirtversuche sind in den Chats von Online-Flohmärkten keine Seltenheit. Wir haben mit vier Frauen darüber gesprochen.

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© Privat

Etwas auf einem Online-Flohmarkt wie willhaben oder Shpock zu verkaufen, ist schon eine recht eigene Philosophie. Der Gedanke dahinter ist ja ein Guter: Dinge, die man nicht mehr braucht und die womöglich auf dem Müll landen würden, finden bei jemand anderen eine neue Verwendung. Und im Normalfall freut sich der- oder diejenige über das Schnäppchen und ist überglücklich. Nur an der Übergabe scheitert's dann manchmal ein bisschen. Leute, die sehr – wenn nicht zu sehr – interessiert sind, sagen nach langem Hin- und Herschreiben plötzlich ab. Dann gibt es noch die Unkomplizierten, die nur eine kurze Info brauchen, wann sie das heißbegehrte Teil abholen können. Sie kommen, zahlen und gehen. Und dann sind dann auch noch die "Kommunikationsprofis", die zwei Wochen und gefühlt 100 Nachrichten nach der Anfrage sich endlich dazu in der Lage fühlen, ihr willhaben-Teil abzuholen und auch noch den ganzen Weg zum Treffpunkt betreut werden müssen, weil sie nicht wissen, wie man sich via Handy zu einem Ort navigiert.

Und nicht zu vergessen: Die Personen, die während des ganzen Prozedere irgendwann vergessen haben, auf welchem Portal sie sich befinden und plötzlich einen Anmachversuch starten oder von vorn herein nur aus diesem einen Grund in den Chats der Online-Flohmärkte herumkursieren. Und mit diesen Personen sind vorwiegend Männer gemeint – ist nun mal so. Um denen, die damit noch keine Erfahrung gemacht haben, ein Bild über diese Lage zu geben, haben wir mit 4 Frauen gesprochen, die auf Online-Flohmärkten mit anzüglichen Nachrichten belästigt wurden. Die Namen der Frauen wurden auf eigenen Wunsch von der Redaktion geändert.

frustrated

Birgit, 49

Ich habe einmal ein paar BH's auf einem Flohmarkt-Portal online gestellt. Ich war schockiert, wie viele Nachrichten von Männern kamen. Ich solle den BH doch einmal anziehen, andere fragten um ein Treffen und einer hat sogar um ein gebrauchtes Höschen gebeten. Da habe ich die Reißleine gezogen und den Nutzer bei den Betreibern der Seite gemeldet und ihn anschließend blockiert. Ich habe die BH's dann trotzdem online gelassen. Ich wollte ihn ja verkaufen und es haben sich dann zum Glück ein paar Frauen gemeldet, die wirklich Interesse hatten. Bis dahin war es allerdings ein mühsamer Weg. Ich habe bestimmt 8 bis 10 anrüchige Nachrichten von Männern erhalten. Zu einem späteren Zeitpunkt stellte ich dann auch ein Paar High Heels mit Leopardenmuster online. Daraufhin kamen ebenfalls viele Nachrichten von Männern. Vor allem Fußfetischisten haben sich da gemeldet. Ein Mann tat anfangs so, als ob er wirklich Interesse hat. Nach einigen Nachrichten wusste ich aber schon, auf was das Ganze hinauslaufen soll. Er fragte mich, ob ich ihm die Schuhe vorführen könnte, wenn er sie abholen kommt. Ich habe ihn dann sofort blockiert und natürlich nicht mehr zurückgeschrieben. Ich bin generell sehr vorsichtig, was Online-Flohmärkte betrifft. Wenn ein Käufer oder Käuferin interessiert ist, dann lasse ich die Personen zur Firma meines Mannes kommen, nie zu unserer eigentlichen Wohnadresse. Mich ärgert es schon, dass man sich mit solchen mühsamen Nachrichten herumschlagen muss, bis sich jemand meldet, der die Stücke wirklich kaufen will.

screenshot messenger

Karina, 29

Wie man im Screenshot (oben) erkennen kann, habe ich mit einem Typen auf Whatsapp geschrieben. Anscheinend habe ich ihm auf dem Bild gefallen und schon kam diese Nachricht. Zuvor hat er mich übrigens gefragt, ob ich am Abend ausgegangen bin, weil ich ihn gebeten habe, die Tasche, die er haben wollte, nach 9 Uhr abzuholen. Obwohl es gar nicht schlimm erscheint, wurde mir irgendwie komisch. Ich dachte, wenn dieser Typ die Tasche abholen kommen sollte, werde ich mich sicher mit ihm an einem öffentlichen Ort treffen. Am Ende hat er sie dann eh nicht genommen. Was mir noch zum Thema einfällt, ist eine völlig aus dem Ruder gelaufene Konversation mit einer "Frau", die meine einmalig benutzte Menstruationstasse kaufen wollte. Ich konnte mich mit dem Teil einfach nicht anfreunden, habe es ausgekocht und dachte mir, ich könnte jemanden eine Freude machen, weil diese Dinger ja doch sehr teuer sind. Ich wurde von "ihr" gefragt, wie die Menstruationstasse sitzt, warum ich sie nicht verwenden möchte und wie mein vaginaler Ausfluss sei. Daraufhin wurde ich schon ein wenig stutzig, obwohl die Fragen ja noch ziemlich sachlich formuliert waren. Nachdem das Fragen nicht mehr aufhörte und sie wissen wollte, "wie eng ich da unten sei", war ich mir ziemlich sicher, dass es sich am anderen Ende nicht um eine Frau handelt und habe das Gespräch sofort abgebrochen und die Menstruationstasse von der Plattform genommen.

Hey

Lisa, 28

Das Gespräch verlief zuerst ganz okay. Aber als mich der Herr am anderen Ende als "liebe Frau" bezeichnet hatte, wusste ich schon, auf was er hinaus möchte. Schließlich haben wir ja schon alles andere für den Kauf geklärt. Meine erste Reaktion auf solche Nachrichten ist immer dieselbe: Ich sage sofort, dass ich vergeben bin, obwohl ich momentan niemanden habe. Das scheint viele davon abzuhalten, weiterschreiben zu wollen und ich erspare mir unangenehme Nachrichten. Ich habe das Hemd dann übrigens tatsächlich dem Käufer persönlich übergeben, obwohl ich zuerst echt überlegte, ob ich nicht doch meine Mutter schicke. Ich hab mir irgendwie einen 40-Jährigen Mann vorgestellt. Als ich dann zum vereinbarten Zeitpunkt runtergegangen bin, saßen zwei junge Burschen, so um die 22, in einem Auto. Sie sahen so bubenhaft und jung aus, ich musste irgendwie über sie lachen.

Screenshot Messenger

Petra, 26

Der Screenshot ist ziemlich selbsterklärend: Ich wollte ein paar BH's auf einem Online-Flohmarkt verkaufen und bekam diese Nachricht. Ich dachte mir nur: "Na klar willst du den BH nur für deine Schwester kaufen" und sagte dem Typen gleich ab.

Fazit

Dass derartige Nachrichten total unangebracht sind, ist ganz klar und bringt Frauen, die bloß ihre alten Sachen loswerden wollen, in eine unangenehme Lage. Viele würden jetzt sagen: "Das kann man doch auch als Kompliment auffassen!", aber das komische Gefühl, das sich bei solchen Nachrichten breitmacht, spricht für sich. Flirten ist ja grundsätzlich eine tolle Sache (auch bei Online-Flohmarkt-Portalen), aber – und man kann es nicht oft genug betonen – es muss von beiden Seiten ausgehen.

Was kann man tun?

Grundsätzlich solltet ihr bei solchen Nachrichten ganz klar euren Standpunkt vertreten. Hört die Person nicht auf euch zu schreiben, gibt es bei den Apps die Funktion, die Nutzer zu blockieren. Außerdem solltet ihr die Person sofort melden. So können die Betreiber der Website darauf reagieren und die Konten solcher Nutzer sperren. Die Pressestelle von willhaben sagt dazu: "Solange willhaben User über die Nachrichten-Funktion kommunizieren und nicht auf andere Kanäle ausweichen, können sie unangenehme Nutzer, mit denen sie keinen weiteren Kontakt wünschen, leicht blockieren." Die Anzahl an geblockten Nutzern aufgrund von anzüglichen Inhalten könne laut willhaben leider nicht vollständig nachvollzogen werden, da die Betreiber keinen Einblick hätten, welche Begründung den einzelnen Entscheidungen zu Grunde vorliege. "Auch entsprechende Fälle, die unserem Support-Team vorgebracht werden, werden nicht gesondert gezählt. Wir können jedoch mitteilen, dass wir trotz dem starken Wachstum der vergangenen Jahre eine stabil geringe Anzahl an Beschwerden insgesamt haben.“

Ob ihr eure Handynummer und eure Wohnadresse hergebt, ist natürlich euch überlassen. Allerdings ist es nicht empfehlenswert, die genaue Adresse mit Wohnungstür anzugeben. Am besten, man verabredet sich zumindest VOR dem Wohnhaus oder an einem öffentlichen Ort.

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