Was wäre unsere Gesellschaft ohne die Alten? Und was wären wir ohne ihre Lebenserfahrung, ihre unendliche Geduld und bedingungslose Liebe? Unternehmerin Eveline Steinberger-Kern und Schauspielerin Marika Lichter schreiben bei uns Briefe an ihre wunderbaren Omamas! Taschentuch griffbereit?
Eveline Steinberger-Kern

Der Name meiner Oma ist Anastasia. Er kommt aus dem Griechischen und bedeutet "Wiederaufleben". Sie wurde am 29. April in der Obersteiermark geboren. Sie gebar 6 Kinder, überlebte den zweiten Weltkrieg, überstand eine schwere Herzerkrankung und begrub eines ihrer Kinder noch zu Lebzeiten. 1986 ist sie von uns gegangen. Und sie hatte trotz dieser Widrigkeiten, ein zufriedenes und erfülltes Leben. Das hat sie immer ausgestrahlt.
"Ich bin da"
"Oma, du fehlst mir. Immer wieder. Aber jetzt ganz besonders. Für mich warst du jemand, der einem das gute Gefühl gab: "Ich bin da". "Ich bin da, wenn du jemanden brauchst, der dich mal festhält; dir zu hört; dir sagt, dass du deine Sache gut machst; dich einfach lieb hat." Du warst Oma, Freundin und bester Kumpel in einem.
Wir durchleben eine verrückte Zeit hier. Eine, die uns alle zunehmend fordert. Mit dir über deine Erlebnisse und Erfahrungen zu sprechen, deine Frohnatur zu spüren, mich von deiner Zuversicht anstecken zu lassen und deinen starken Willen zu sehen, mit dem du Berge versetzt hast, und vor allem diese positive Gelassenheit, die du besonders im Alter versprüht hast, würde mir jetzt sehr guttun.
Dieses Super-Virus hat im letzten Jahr vieles verändert. Mich, als Freigeist und Weltenbummler ganz besonders. Aber auch meine Familie und meine Umgebung. Wir sollen wenig bis gar keinen Sozialkontakt haben. Der Mensch ist doch aber ein soziales Wesen. Dies zeigt sich schon daran, dass wir ohne den Kontakt zu anderen, nach dem wir auf die Welt gekommen sind, erst gar nicht überleben könnten. Aber was sage ich das dir, die mitten im Ersten Weltkrieg geboren wurde und mit den schrecklichsten Auswüchsen des zweiten Weltkrieges hautnah konfrontiert war und lernen musste unter diesen unmenschlichen Bedingungen, sich und seine Lieben am Leben zu halten. Die sich oft tagelang im Wald verstecken musste, um nicht von den Falschen erwischt zu werden.
Es wird auch hier und jetzt gut ausgehen, diese Zuversicht würdest du uns geben. Du hast das Fundament für eine große Familie gelegt, die mit deinen Kindern, Enkeln und Urenkeln wächst und wächst. Da geht es oft ein bisschen chaotisch zu. Aber es ist gut genauso. Wir halten zusammen. Und gemeinsam werden wir das schon irgendwie bewältigen. Die Erinnerungen, während ich das schreibe, lassen mich lächeln. Das ist ein gutes Gefühl, so als ob du jetzt da wärst. Ich denke an unsere Spaziergänge. Ich erinnere mich an unsere Gespräche, an einzelne Sätze. Ich schmecke deinen Apfelstrudel. Ich fühle wie die kleine Wunde mit deinem zubereiteten Anikageist zu heilen beginnt. Und ganz besonders sehe ich dein freudiges Gesicht, wenn ich und Margit zur Tür hereinkommen."
Marika Lichter

"Liebe Oma,
ich habe Dich so oft vermisst, obwohl ich Dich nie kennen lernen durfte. Wenn die Kinder im Kindergarten oder später in der Schule von ihren schönen Erlebnissen mit ihren Großeltern erzählten, machte mich das immer sehr traurig. Aber als ich noch klein war, traute ich mich einfach nicht zu fragen, warum gerade ich keine Großeltern hatte. Ich spürte den großen Schmerz, den diese Frage bei meinen Eltern ausgelöst hätte. Erst viel später erfuhr ich die Wahrheit über Dich und den Rest der Familie, von denen keiner überlebt hat außer meiner Mama. Glücklicherweise konnte sie einige Fotos retten. Du hast Mariza geheißen und ich bin nach Dir benannt. Dein Rufname war Mascha. Das hat mir schon immer sehr gefallen. Du warst eine sehr energische Frau, ebenfalls Skorpion im Sternzeichen wie ich und meine Mama fand oft Ähnlichkeiten zwischen uns.
Dein Foto hängt in meinem Schlafzimmer. Da gibt es sogar ein Foto von Dir, Deiner Schwester und Eurer Mutter, meiner Urgroßmutter. Sie erinnern mich an die Geschichten, die mir meine Mama über Dich erzählt hat. Du hast sie studieren und ihr die beste Erziehung angedeihen lassen. Aber eigentlich alles zu dem Zweck, einen respektablen Mann für sie zu finden. Das ist auch gelungen! Du warst sehr humorvoll, praktisch veranlagt und sehr direkt. Da sind wir uns ähnlich! Zudem hast Du niemandem die Hand gegeben. Und wenn es schon mal sein musste, bist Du nachher sofort ins Bad und hast Dir die Hände gewaschen. Diese Geschichte hat mir schon als Kind immer sehr gut gefallen. Du hast sicher immer über meine Eltern und mich von oben herab gewacht. Danke dafür! Ich bin sehr glücklich, dass mein Sohn Pauli die schönste Kinderzeit mit seinen geliebten Großeltern verbringen durfte!"