Mit Anfang 20 wurde ich von einem Interviewpartner unter Druck gesetzt: "Wenn du in der Branche Fuß fassen willst, wird dir nichts anderes übrigbleiben. So läuft das Business. "Als ich in einem Artikel über meine Erfahrungen geschrieben habe, war das Feedback groß. Unglaublich viele Frauen haben sich gemeldet, die mir von den Übergriffen berichtet haben, die sie im Laufe ihrer beruflichen Laufbahn erlebt haben. Texte, die zeigen: Es passiert viel zu oft. Die Zeilen beweisen aber auch: Wir halten es nicht einfach aus, wir reden drüber!
"Ich war 19. Internationaler Konzern. Frühdienst an der Rezeption. Ich stehe in der Küche und gebe Wasser in die obligatorische Blumenvase für den Empfang. Personalchef betritt die Küche. Greift mir wortlos von hinten in die Bluse. Ich drehe mich um. Knall ihm eine. Wortlos. Ohne eine Sekunde nachzudenken. Nie hat jemand danach ein explizites Wort darüber verloren. Es gab aber Andeutungen. Nie wieder hat in dieser Firma jemand versucht, mich anzugreifen. Ich hab diese Küche aber auch nie wieder allein betreten. Der Typ war danach nicht mehr lang im Unternehmen", Susanne, 43.
"Bei meinem ersten Job fragte mich mein Chef vor der ganzen Belegschaft: 'Na, wie war das F***en am Wochenende?' Alle KollegInnen lachten. Ich war perplex. Kurz davor habe ich ihm einen Rechtschreibfehler ('bordo' statt 'bordeaux') auf einem Plakattext ausgebessert ", Renate, 57.
"Während meiner Lehrzeit hatte ich einen Ausbilder, ein kleiner, eitler Mann, der mir immer auf den großen Busen geglotzt hat. Irgendwann sagte er mal zu mir: 'Ist dir kalt, oder bist du erregt?' Ich zog nur meine Jacke zu und sagte, mir sei kalt. Ich hatte den Job wohl nur wegen meiner Oberweite bekommen. Nach einer verkürzten Lehrzeit bin nach 2 Jahren dort weg", Sabine, 49.
"Ich hatte einen Chef, der immer weiße Leinenanzüge trug, deutlich sichtbar ohne Unterwäsche drunter und im Laufe der Woche mit gelben Urin-Spuren. Er hat sich ein Vergnügen draus gemacht, vor uns am Schreibtisch sitzenden Frauen zu stehen, auf- und abzugehen, sein Gemächt baumeln zu lassen und zu genießen, wie wir nicht wissen, wo wir hinschauen sollen", Barbara, 57.
"Mein Klavierprofessor hat in einer Stunde meinen Hals geküsst. Ich habe den Vorfall gemeldet. Die Konsequenz war, dass ich keine Stunden mehr bekam – mit dem Argument: Es sollte mich dann kein Professor mehr unterrichten und in meiner Sparte gab es nur Männer... Er unterrichtet immer noch. Ich weiß von meinen KollegInnen, dass ich kein Einzelfall bei ihm war", Alice, 34.
"Mit Anfang 20 arbeitete ich als freie Mitarbeiterin in einer bekannten Tageszeitungsredaktion. Mein Chef, der noch dazu verlobt war, hat gedacht, er bekommt eine Gegenleistung für seine Unterstützung bei den ersten Artikeln … Nach der Abfuhr hat er mich vor allen im Großraumbüro als 'Hure' bezeichnet. Der Chefredakteur, sein Boss, war wiederum bekannt dafür, Frauen ungeniert auf den Busen zu starren. Genau das hat er dann auch noch gemacht, als ich das finale Gespräch bei ihm hatte. Seither ist mir das in meiner Laufbahn zum Glück nicht mehr passiert", Tina, 38.
"In meiner Zeit in Kuwait ist es mir passiert, dass mich mein (gleichaltriger) Boss anrief mit den Worten 'What about a funny evening, just you, me and some alcohol. I'll call you when I am in the car'. Ich hatte absolut keine Lust darauf, drehte mein Handy auf lautlos und ging schlafen. Später sprach er mich drauf an, ich blieb bei meiner Version, dass ich einfach eingeschlafen bin - es wurde akzeptiert", Isabell, 33.
"Als Studentin mit 19 hab ich im Dirndl bei einem sehr bekannten Heurigen in Gumpoldskirchen gekellnert. Da waren wir für die Bus-Touristen quasi Freiwild. Als ich einmal einem Betrunkenen nach einem Busengrabscher im Reflex eine Ohrfeige gegeben hab, wurde ich zum Chef zitiert, bekam eine Verwarnung und den Satz mit auf den Weg: 'A bisserl Antatschen muss bei der Maut schon drinnen sein'", Karin, 42.
"Mir ist sexuelle Belästigung im politischen Ehrenamt, getarnt als 'Angebot', widerfahren: 'Wenn du meine guten Kontakte nützen willst, dann musst du dir eine ganze Nacht Zeit nehmen …", Erika, 52.