Der Bauch ist ein Workaholic. Es bleibt ihm auch nichts anderes übrig: Schließlich fallen im Laufe eines Lebens im Schnitt 60 Tonnen Lebensmittel und 50.000 Liter Flüssigkeit zur Verarbeitung an. Da wundert es nicht, dass der Magen-Darm-Trakt ab und zu revoltiert. Umso mehr, als seine Arbeitsbedingungen durch Mangel an Bewegung, Stress und Übergewicht immer widriger werden.
Verdauungsproblem oder Reizdarm?
Verdauungsstörungen sind denn auch die Zivilisationskrankheit Nummer 1. Jede zehnte Frau leidet an wiederkehrendem Sodbrennen, ebenso häufig wird ein Reizdarm diagnostiziert. Auch Gastritis ist ein Massenphänomen. Eine von drei Frauen leidet unter einem laschen Stoffwechsel, bei 12 Prozent ist die Verstopfung gar chronischer Natur.
Meist handelt es sich um harmlose Leiden. Was aber nichts daran ändert, dass die Beschwerden die Lebensqualität nun einmal beeinträchtigen. Die Betroffenen können deshalb über einen Arztbefund wie "Sie sind kerngesund" auch nicht recht froh werden.
Der Gang zum Doktor lohnt trotzdem. Das Teuflische an Bauchschmerzen aller Art ist nämlich, dass die Symptome einander oft fatal ähneln. So kann, was für eine chronische Gastritis gehalten wird, oft ein wesentlich harmloserer Reizmagen sein. Und: Das Leiden am Reizdarm (Blähungen, kombiniert mit Durchfall oder Verstopfung) wird unter Umständen schon erträglicher, sobald man erfährt, dass keine schwere Krankheit dahintersteckt.
Was versteht man unter einem Reizdarmsyndrom?
“Unter einem Reizdarmsyndrom werden sehr unterschiedliche funktionelle Magen-Darm-Störungen zusammengefasst bei denen meist sämtliche Untersuchungen wie Standardlabor und Darmspiegelung unauffällig sind. Dabei kann eine funktionelle Störung des Darmes selbst vorliegen, die zum Beispiel nach einer Infektion oder dem Konsum von bestimmten Lebensmitteln mit Irritation der Darmschleimhaut auftritt, oder es kann eine Fehlfunktion des Zentralnervensystems, welches die Funktion des Darmes ebenso mitsteuert, vorliegen.”, so Christian Schuberth.
Christian Schuberth ist Allgemeinmediziner und Arzt für moderne Mayr-Medizin. Die moderne Version beruht auf der klassischen FX Mayr-Medizin, in deren Mittelpunkt der Darm steht. Genauer gesagt, das Zusammenspiel zwischen Darmgesundheit und allgemeiner Gesundheit.
Als simples Beispiel führt er an: “Jemand, der unter Stress, hastig isst, wird die Nahrung nicht gut verdauen können. Unverdaute Nahrungsbestandteile gelangen so in den Dickdarm und werden von dort ansässigen Bakterien weiter verdaut. Dies kann z.B. starke Blähungen verursachen, aber auch viel weitreichendere Folgen haben besonders wenn dies regelmäßig passiert!”

Welche Symptome sind die häufigsten beim Reizdarmsyndrom?
- Wechselnde Stuhlkonsistenz (Verstopfung, Durchfall)
- Starke Gasbildung
- Schmerzhafte Krampfbeschwerden des Verdauungstrakts
Wie beeinflusst die Psyche den Darm?
Die Seele spielt dem Magen-Darm-Trakt nämlich oft übel mit. Redewendungen wie "etwas schlägt auf den Magen", "bereitet Bauchweh" oder die "Wut im Bauch haben" verbildlichen diese Tatsache. Bereits in den 40ern des letzten Jahrhunderts fand der amerikanische Magen-Darm-Spezialist T. P. Elmy heraus: Schmerzhafte Stresssituationen verstärken die Darmmotorik, das Gefühl von Hilflosigkeit hemmt sie dagegen.
Menschen mit Reizdarm sind oft angstbetonte, depressive Menschen mit großer Neigung, in sich hineinzuhorchen, meinen Experten. Nervosität kann hingegen Sodbrennen fördern - neigen doch unruhige Naturen verstärkt zum Luftschlucken.
Wie wird ein Reizdarmsyndrom diagnostiziert?
Laut Schuberth steht am Anfang der Untersuchungen immer ein ausführliches Arzt-Patient-Gespräch, in dem über die Symptome, die Beschwerden und die Lebensumstände gesprochen wird. Dieses Gespräch liefert wichtige Anhaltspunkte für weitere diagnostische Schritte. Daraufhin sollte eine Untersuchung des Bauches mit den Händen eines geübten Arztes folgen. Wenn nötig, wird dann noch eine Darmspiegelung angeordnet, um körperliche Gebrechen auszuschließen. Speziallabore bieten zusätzliche Untersuchungen des Stuhles an um die Diagnostik gegebenenfalls zu verfeinern. Das Mikrobiom spielt dabei eine zunehmend wichtigere Rolle.
Welche Behandlungsmethoden gibt es?
Schuberth erklärt: “In der Mayr-Medizin gilt folgender Grundsatz: Schonung, Säuberung,Schulung. D.h. der Darm wird zu allererst geschont. Hier gibt es unterschiedliche Intensitätsformen von Diäten mit besonders leicht verdaulichen Gerichten, Auslassen von Mahlzeiten bis hin zu strengem Teefasten. Zentral bei jeder Mahlzeit ist das ‘bewusste Kauen’ als erster Schritt der Verdauungsleistung.”
“Desweiteren wird der Darm von altem Stuhl, Auflagerungen an den Darmzotten, unverdauten Speiseresten und überwuchernden, manchmal toxiproduzierenden Bakterien oder Pilzen gereinigt. Dies geschieht mittels Bittersalz, Einläufen oder auch Darmspülungen. Durch gezielt gesetzte Hungerphasen kann der Körper selbst mittels “Autophagie” die Zellzwischenräume reinigen. Dies führt zu einer Reinigung des Bindegewebes, auch des Darmbindegewebes und dessen Aufhängeapparat. Sportliche Betätigung in einem individuellen Intensitätsbereich unterstützt diesen Prozess.”, erklärt Schuberth
Und was passiert nach der Reinigung? “Schließlich werden gezielt Vitamine, Spurenelemente oder Pro- und Präbiotika zugeführt um die Stoffwechselprozesse im Körper optimal zu unterstützen und ein normales Darmmilieu zu erreichen.”

Wie kann die moderne Mayr-Medizin bei Reizdarm helfen?
Oft ist weniger die falsche Kost als eine schlechte Esstechnik das Grundübel einer gestörten Verdauung. Die alternativmedizinische Richtung F. X. Mayr, die sich wie keine andere dem Bauch, seinen Symptomen und Bedürfnissen verschrieben hat, predigt seit jeher das "ausgiebige Kauen". Die berühmte Mayr-Kur, harte Semmeln und Milch, dient dem Wiedererlernen eben dieses Zermalmungsprozesses. Zu oft wird nämlich vergessen, dass die chemische Aufspaltung der Nahrung bereits mit dem Speichel beginnt. Jeder Bissen sollte deshalb bis zu 30-mal gekaut werden.
Bei der Untersuchung: Hand anlegen
“Ob den Beschwerden tatsächlich ein Reizdarmsyndrom oder doch eine gestörte Verdauungsleistung mit all seinen Folgen zugrunde liegt, kann erst dann beurteilt werden, wenn der Darm eines Patienten nach allen Kriterien der Schul aber auch der Mayr-Medizin gesund ist. Die Mayr-Medizin legt hier noch strengere Maßstäbe als die Schulmedizin an.”, so Schuberth.
Und unter den strengeren Maßstäben verstehen Mayr-Mediziner eine komplexe, manuelle Untersuchung, die laut Schuberth in anderen Fachbereichn oft unberücksichtigt bleibt. “Auch die Psyche spielt eine wesentliche Rolle bei diesem Syndrom. Es gibt Mayr-ÄrztInnen die einen besonderen Fokus auf diese Problematik legen, wenn es vordergründig scheint oder alle sonstigen Maßnahmen ergebnislos blieben.”
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