Logo

Sexismus: Wenn Menschen aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden [Überblick]

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
14 min
Sexismus

Sexismus

©Elke Mayr
  1. home
  2. Politica
  3. Gesellschaft

Sexismus findet immer dann statt, wenn Geschlechter nicht als gleichwertig angesehen und nicht gleich behandelt werden. Das können wir dagegen tun.

Sexismus ist schädlich. Er erzeugt Gefühle der Wertlosigkeit und Unsicherheit. Jede:r hat Assoziationen zu bestimmten Bildern, Redewendungen und sozialen Situationen, wenn es um Sexismus geht. Frauen sind es, zu denen unsere Gesellschaft oft eine ziemlich klare Vorstellung hat: Kinder mit spätestens 30, Karriere, aber bitte nicht zu erfolgreich, weil sonst hat man ja keine Zeit mehr für die Familie, schlank sollen sie sein, aber bitte nicht zu dünn, kurvig und sexy muss es sein (mit kurvig natürlich Fokus auf Brüste und Po) und überhaupt gehört ein (Ehe)-Mann zum perfekten Bild mit dazu, ohne den Frauen ja sowieso aufgeschmissen wären - in allen Lebenslagen. Die Grundlage von Sexismus bilden Geschlechterstereotype. "Wann bekommst du endlich ein Kind"? Ist das jetzt sexistisch oder nicht? Wir erklären es dir.

Was genau ist Sexismus?

Der Human Rights Channel definiert Sexismus wie folgt:

Sexismus bezeichnet jeden Ausdruck (Handlung, Worte, Abbildung, Geste), der auf der Idee basiert, dass manche Menschen, meistens Frauen, aufgrund ihres Geschlechts minderwertig sind.

Sexismus bedeutet die Benachteiligung, Abwertung, Verletzung und Unterdrückung einer Person oder einer Gruppe aufgrund des Geschlechts. "Sie ist eine Frau, dann muss sie auf eine bestimmte Art aussehen oder sich verhalten". Wichtig ist auch: Sexismus betrifft grundsätzlich beide Geschlechter.

Außerdem muss deutlich hervorgehoben werden, dass auch und in besonderem Maße Transfrauen und -männer sowie intersexuelle Menschen von Sexismus betroffen sind, weil es Menschen schwer fällt, sie in die etablierte und starre zweigeschlechtliche Geschlechtervorstellung einzuordnen. Deshalb sind sie häufiger verbaler und physischer Gewalt ausgesetzt.

View post on Instagram
 

Geschlechterstereotype als Ursache für Sexismus

Jungs spielen gerne Fußball, sind laut und mutig. Mädchen spielen gerne mit Puppen, mögen alles was rosa ist, sind ruhig und brav. Sexismus begründet sich auf Geschlechterstereotypen und Rollenbildern darüber, wie Menschen aufgrund ihres Geschlechts "zu sein haben".

Es wird behauptet, dass Männer und Frauen bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen hätten, die sie mit all ihren Geschlechtsgenoss:innen teilen und die sie grundsätzlich vom anderen Geschlecht unterscheiden würden. Wenn das wirklich so wäre, wäre unsere Welt ziemlich eintönig und langweilig.

Eine Frau, die Raum einnimmt, beruflich erfolgreich ist, keine Kinder hat und sich von Männern nichts sagen lässt, passt für viele nicht ganz ins Bild. Fakt ist: Frau sein ist individuell. Egal ob du dich für Karriere, Familie, Kinder, Heirat oder ein Leben als Unabhängiger Single entscheidest, ob du auf Männer, Frauen oder beides stehst - Niemand, wirklich niemand hat das Recht dich aufgrund dessen zu beurteilen, oder zu verurteilen. People Please, take care of your own life.

View post on Instagram
 

Alltagssexismus - Frauen sind regelmäßig sexistischen Situationen im Alltag ausgesetzt

Ich sitze auf meinem Fahrrad und warte an einer Ampel. Hinter mir hält ein Auto. Die Scheibe geht herunter und ich höre Männerstimmen:

Oh geil, ich wäre gerne dein Sattel.

Ich drehe mich gar nicht erst um, weil ich mich so ekel. Am liebsten würde ich sofort weiterfahren, aber es ist immer noch rot und ich fühle mich wie gelähmt. Es wird gehupt und gegrölt. Endlich grün, schnell weiterfahren.

Das ist nur ein Beispiel, das zeigt wie Alltagssexismus ausschauen kann. In dieser Situation war ich überfordert. Als ich meinem Umfeld damals davon erzählte, war eine der Reaktionen: "Warum ziehst du auch so eine enge und kurze Hose an?" Danach hab ich mich geschämt.

Heute weiß ich, dass man das als "Catcalling", also verbale sexuelle Belästigung bezeichnet. Dazu gehört ebenfalls das Hinterherfahren, Anhupen, Obszöne Gesten, Aufdringliche Blicke oder Starren.

View post on Instagram
 

So betont der Begriff "Alltagssexismus" die Tatsache, dass Sexismus fast beiläufig unser Verhalten und unsere Beziehungen prägt. Heute weiß ich: Egal was ich anhabe, es gibt niemandem das Recht mich verbal oder körperlich zu belästigen. "Lächel doch mal".

Hier wird ungefragt in unsere Privatsphäre eingegriffen. Ich lächel, wenn mir danach ist. Auch das Geld, das wir in Verhütungsmittel und die Pille danach stecken. Die Verantwortung der Verhütung liegt fast immer bei den Frauen. Wieso eigentlich? Beide haben schließlich Spaß beim Sex oder? Viele Männer sind leider der Meinung, dass Verhütung "Frauensache" ist. Auch bei diesem alltäglichem Problem, gilt es die Awareness bei Männern zu stärken und aufzuklären.

Alltagssexismus ist nicht zu dulden. Schluss mit dem darüber hinweglächeln. Sexismus ist kein feministischer Kampfbegriff. Sexismus ist einfach unnötig.

Am Arbeitsplatz

Anzügliche Bemerkungen über dein Aussehen oder deine Kleidung. Belästigung in Form von unangemessenen Berührungen oder herablassenden Sprüchen oder Kosenamen wie "Puppal" oder "Schatzal" sind unangemessen! Von Mobbing am Arbeitsplatz und sexueller Belästigung sind zahlreiche Frauen (und natürlich auch einige Männer) betroffen.

Fragen wie "Was machen Sie mit Ihren Kindern, wenn diese krank sind?", oder "Wie bringen Sie Beruf und Familie unter einen Hut?", sind allerdings Fragen, die fast ausschließlich Frauen beantworten müssen.

Zwischenmenschlich

Auf der zwischenmenschlichen Ebene beschreibt Sexismus die Äußerung von sexistischen Einstellungen durch Worte oder Handlungen. Manche sexistischen Einstellungen sind leicht als solche zu erkennen: Zum Beispiel die zur Schau gestellte Ablehnung von Gleichberechtigung. Oft kann es aber auch unbewusst geschehen. " Mansplaining" beschreibt beispielsweise das Phänomen, dass Männer Frauen auf herablassende Weise belehren oder sie unterbrechen.

Struktureller Sexismus

Auch die Organisation unserer Gesellschaft ist sexistisch. Eine Auswirkung des strukturellen Sexismus ist beispielsweise die Gender Pay Gap, also die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen. Im Schnitt verdienen Frauen 19% weniger als Männer. Und warum? Weil unsere gesellschaftlichen Normen und Traditionen darauf ausgerichtet sind, dass Frauen sich in erster Linie um die Familie kümmern, in schlechter bezahlten Berufen tätig sind und oft Teilzeit arbeiten.

Sexismus in der Werbung

  • "Fast so schön wie eine Frau, tickt aber richtig". Eine Uhrenwerbung

  • Man sieht das Unterhösschen einer schlanken Frau, auf dem "24h open" steht - es ist Werbung für eine Hotelkette.

  • Über den Brüsten einer Frau steht der Schriftzug: "Heiße Fracht" - es ist Werbung für die Österreichische Bundesbahn.

Dies sind nur ein paar Beispiele. Sexistische Werbung bewirkt, dass sich überholte Vorstellungen von Familie oder Berufswahl weiter fortsetzen und reduziert besonders Frauen oft auf ihre Sexualität oder einzelne Körperteile, so die österreichische Bundesverwaltung.

Werbung bedient häufig traditionelle Rollenbilder: Frauen werden bei der Hausarbeit und als Mütter gezeigt. Tatsächlich leisten Frauen immer noch den Großteil der unbezahlten Arbeit. Werbung darf Frauen nicht auf diese Rollen reduzieren, auch weil so Stereotype weiter verfestigt werden.

Sexisten - das ist sexistisches Verhalten

Simple Grundregel: Man erkennt eine sexistische Aussage daran, dass ein Mann sie niemals zu hören bekommen hätte. Sexismus hat immer mit den Erwartungen zu tun, die an Frauen üblicherweise gestellt werden, und mit den Vorurteilen, die Frauen gegenüber gelten.

Auch vermeintlich "lustig gemeinte Sprüche" , die sexuell konnotiert sind, zählen zu sexistischem Verhalten. Zum Beispiel wenn ein Kollege sagt: "Es ist so schön dir zuzusehen wie du die Banane isst. Ich glaub du hast das drauf, mit den Bananen. Nicht?" oder wenn der Chef in die Gruppe ruft: "Wehe du wirst schwanger!".

Sexistische Sprüche prägen unterbewusst unser Denken und Handeln

Das ist doch kein Sexismus, das ist ein Kompliment.

Vielleicht hast du den ein oder anderen Spruch auch schon zu hören bekommen:

  • "Als Frau haben Sie doch immer einen sicheren Arbeitsplatz."

  • "Sie haben zwei starke Argumente, die für Sie sprechen."

  • "Für eine gewisse Gegenleistung bekommen Sie die Wohnung."

  • "Für ne Frau bist du echt stark".

Kleine Buben bekommen vielleicht zu hören:

  • "Reiß dich zusammen, du bist doch kein Mädchen."

  • "Das ist doch nur was für Mädchen! Das willst du nicht!"

Ist "Mädchen" sein also etwas schlechtes? Genau das wird mit dieser Aussage nämlich unbewusst kommuniziert. Starre Geschlechterrollen führen zu Geschlechterklischees. Hast du zum Beispiel gewusst, dass bis ins 19. Jahrhundert Rot (bzw. auch Rosa) die Farbe der Könige und des Kampfes war – und damit die Farbe der Männer? Die Farbe der Mädchen war damals hingegen Blau.

Sprüche wie diese mögen auf den ersten Blick harmlos erscheinen. Allerdings prägen sie unterbewusst unser Denken, Handeln und Fühlen. Sprache schafft Wirklichkeit und sollte daher bewusst gewählt werden.

Wo beginnt Sexismus und wo hört er auf?

So pauschal lässt sich das leider gar nicht sagen. Feststeht ist, dass Sexismus eine Atmosphäre der Einschüchterung, Angst und Unsicherheit erschafft. Die Grenzen sind schwer zu ziehen. Für viele ist ein blöder Spruch schon sexistisch, für andere wiederum die unerwünschte Berührung. Wo genau fängt Sexismus an und wo hört er auf? Nimm deine Gefühle und Wahrnehmungen ernst. Sexistisch ist es dann, wenn DU dich unwohl fühlst. Sprich es immer direkt an, wenn du den Eindruck hast, dass Sexismus im Spiel ist.

View post on Instagram
 
Sexuelle Gewalt lebt von unkontrollierter Macht und Privilegien.

#MeToo gibt Opfern von sexueller Gewalt eine Stimme

Die #MeToo-Bewegung gibt Opfern von sexueller Gewalt eine Stimme und bestärkt sie darin, dass sie nicht allein sind. Mit dem #MeToo (deutsch: #IchAuch) teilten überwiegend Frauen und einige Männer auf sozialen Netzwerken ihre persönlichen Erfahrungen mit sexueller Belästigung, Missbrauch oder Vergewaltigung, um Unterstützung und Solidarität mit Betroffenen auszudrücken.

Im Jahr 2006 verwendete die amerikanische Bürgerrechts- und Menschenrechtsaktivistin Tarana Burke erstmals die Phrase #MeToo. Damit wollte sie vor allem eines erreichen: Ein Signal an alle Frauen senden, die Opfer sexueller Gewalt wurden, um ihnen zu zeigen, dass sie mit ihren Erfahrungen nicht allein sind.

View post on Instagram
 

Oida, das ist sexistisch! Auf dieser Instagram-Seite teilen Frauen ihre persönlichen Storys rund um Sexismus sowie sexuelle Belästigung. Was alle Frauen – auch die Gründerinnen der Seite – gemeinsam haben, ist die Scham, dass man in dem unangenehmen Moment keine passende Erwiderung parat hatte. In den Worten der Frauen klingt das dann so: "Ich wusste überhaupt nicht, was ich tun oder sagen sollte, ich war völlig geschockt." und "Ich war so perplex, dass ich nichts gesagt habe. Bis zum heutigen Tag bereue ich, dass ich das Thema nicht angesprochen habe." und "Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte, lächelte nur verlegen und verließ den Raum."

Kampagnen thematisieren und hinterfragen klassische Rollenstereotype

Es gibt bereits zahlreiche Kampagnen, die auf Sexismus aufmerksam machen:

  • #

    Die Kampagne "#wasgeht?" der Stadt Wien thematisiert insbesondere Rollenstereotype. Diese führen zu Diskriminierungen und Abwertungen, haben Einfluss auf die Schul- und Berufswahl, auf das Gehalt, die Arbeitsaufgaben und Aufstiegsmöglichkeiten und sind ..... für sexistisches Verhalten und diskriminierende Machtausübung.

  • #

    Gib Sexismus keine Chance! Die Sensibilisierungskampagne "Gib Sexismus keine Chance!" wird vom Frauenbüro der Stadt Linz in Zusammenarbeit mit der Stadtkommunikation Linz realisiert. Die Kampagne zeigt wo Ungleichbehandlungen – zwischen Frauen und Männern – stattfinden, wie gleiche Verhaltensweisen unterschiedlich bewertet werden und wie stark diese Klischees immer noch in unserer Gesellschaft, vor allem im Arbeitsalltag, verankert sind.

Internationale Kampagnen

  • #

    Die internationale Kampagne des Europarats (CoE) zum Thema " Sexism: See it. Name it. Stop it", zeigte aktuelle Erscheinungsformen von Sexismus auf und Wege, wie dieses Problem in verschiedenen Kontexten und Organisationen angegangen werden kann.

  • #

    Die Kampagne "It's On Us" wurde von im Jahr 2014 von Barack Obama ins Leben gerufen - eine Kampagne, die das Bewusstsein für sexuelle Übergriffe in ganz Amerika schärfen sollte. Das Erkennen von Situationen, in denen es zu sexuellen Übergriffen kommen kann sollte durch die Kampagne verbessert werden.

View post on Instagram
 

Maßnahmen: Das können wir gegen Sexismus tun

Wir müssen uns stets vor Augen führen, wie stark das Frauenbild in unserer Gesellschaft noch immer von Oberflächlichkeit und Sexismus geprägt ist. Aus diesem Grund ist es wichtig gemeinsam unsere Stimmen zu erheben. Tage wie der Weltfrauentag sind dafür da, um Aufmerksamkeit auf bestehende Diskriminierungen und Ungleichheiten zu richten. Wir dürfen die stille Toleranz nicht weiter akzeptieren.

Weiterbilden und aufklären. Wir können die Gesellschaft nicht von heute auf morgen ändern, aber wir können in unserem Umfeld Themen ansprechen und Geschlechterrollen hinterfragen. Kinder und Jugendliche sollten so früh wie möglich, leicht verständlich über Gender-Themen und über sexistische Einstellungsmuster aufgeklärt werden. Ebenso aufgeklärt sollten Kinder darüber, dass es unterschiedliche Familienkonstellationen, wie beispielsweise Regenbogenfamilien gibt.

Steh für dich ein. Sprich sexistische Verhaltensmuster direkt an. Lass dir keine blöden Sprüche gefallen. Hol Hilfe, wenn du siehst, dass eine andere Frau sexuell belästigt wird. Wir halten zusammen.

View post on Instagram
 
Feminismus

Über die Autor:innen

Logo
Jahresabo ab 7,90€ pro Monat