Ich bin Single. Seit einer guten Weile. OK, mit ein paar kleinere "Unterbrechungen", die man allerdings nicht wirklich mitzählen kann. Eine richtige Beziehung mit allem drum und dran – das ist schon etwas her. Das Lustige an der ganzen Geschichte: Dieses Thema regt mich gefühlt weniger auf als einige in meinem Umfeld.
Warum es unhöflich ist, nach dem Beziehungsstatus zu fragen
Und mit "einige" meine ich meine Verwandten und Bekannte meiner Eltern. Die, die meine Eltern und das halbe Dorf gefühlt jede zweite Woche aufgeregt nach meinem Beziehungsstatus fragen oder glauben, ich würde jemanden verheimlichen. "Wo hast du denn deinen Freund gelassen?" lautet die Frage, die ich nach der Begrüßung gestellt bekomme. "Der ist nicht existent", antworte ich trocken. Und normalerweise sollte ich hinzufügen: "Es geht euch ja eigentlich auch gar nichts an." Aber das würde wohl die Stimmung zerstören. "Ich frag ja nur!", wäre vielleicht eine Antwort. Ja, könnt ihr. Vielleicht ein Mal. Oder mit etwas mehr Charme in einem Gespräch, wo wir vielleicht gerade beim Thema sind.
"Bist du immer noch Single?"
Jemanden nach seinem Beziehungsstatus zu fragen, dem man gerade nach einem halben Jahr wiedergesehen hat und die Hand schüttelt ist schlichtweg plump und unhöflich. Falls ihr wirklich daran interessiert seid, ob eure Cousine oder euer Großonkel oder wer auch immer, gerade jemanden hat, könnt ihr das ruhig fragen. Nur eben dann, wie ich finde, wenn man gerade beim Thema ist. Übrigens: Paaren geht es da oft nicht anders. Die Fragen nach Heirat oder Kinderplanung steht bei Familientreffen ja auch oft im Raum. Warum Menschen Anfang 30 oft unnötig unter Druck gesetzt werden – darüber haben wir hier genauer berichtet.
"Du bist zu wählerisch!"
Würde es jemanden gefallen, vor 8 Leuten in einer lustigen Runde gefragt zu werden: "Und wie läuft es in eurer Beziehung so? Seid's ja nicht so gut aufeinander zu sprechen, wie man sieht!". Klingt ein bisschen gemein, aber so etwas Ähnliches habe ich auf einer Familienfeier wirklich einmal gebracht. Und zwar wurde ich nicht nur gefragt, warum ich noch Single bin, sondern mir wurde alles Mögliche vorgeworfen: ein bisschen Männerhass, zu wählerisch zu sein, meine Karriere in den Vordergrund zu stellen usw. Wir alle wissen, wie schwer es sein kann, auf die schnelle eine passende Antwort zu finden und ein lautes Gelächter mit konstruktiven Argumenten zu übertönen.
Was ist schon "normal"?
Doch in diesen einem glorreichen Moment war ich EINMAL schlagfertig: "Gegenfrage: Warum bist du dauernd in einer Beziehung? Kannst du nicht alleine sein? Macht dich das nervös, wenn eine Frau auch ganz gut alleine zurechtkommt?" Und schon liefen die Scherze auf die Person, die diese absolut unnötigen Bemerkungen gemacht hat. Ihr dürft euch diesen Satz gerne in eure Handynotizen kopieren. Gern geschehen. Falls euch jemand mit "normal" oder "nicht normal" kommt. Was ist im Jahr 2020 schon normal? Und wer hat eigentlich behauptet, man müsse in einem gewissen Zeitraum seines Lebens DEN EINEN oder DIE EINE finden, mit dem/ der man sein restliches Leben verbringen möchte? Übrigens: Frauen sind lieber Single als Männer.
Single zu sein ist nichts, wofür man sich zu schämen braucht
Es ist schon ziemlich verwunderlich, dass man bei Singles häufig davon ausgeht, dass sie gerade jemanden suchen. Weniger wird ihnen das Single-Sein als bewusste Entscheidung unterstellt. "Du wirst schon noch deinen Deckel finden", so die tröstenden Worte der Tante, die es halt auch nur lieb meint. Egal ob gewollt oder nicht, fest steht: Man möchte nicht vor versammelter Mannschaft über sein Liebesleben ausgefragt werden.
Und nur, falls es euch interessiert: etwa 1,7 Millionen Österreicherinnen und Österreicher leben als Single (unter der Erhebung befinden sich auch Personen über 60). Die Zahl der Single-Haushalte ist außerdem stark gestiegen: In 37 Prozent der Haushalte in Österreich lebt nur eine Person. Ein guter Ausweg aus der Diskussion um euer Liebesleben (außer die Diskussion einfach zu beenden) ist außerdem, die Frage zu stellen, welche Vorteile eine Beziehung oder das Single-Dasein bringt. Ihr werdet sehen, so wie alles im Leben, hat auch das Single-Dasein sehr wohl gewisse Vorzüge. Am Ende solcher Diskussionen hatte ich immer das Gefühl, von Leuten, die in langjährigen Beziehungen leben ein ganz kleines bisschen beneidet zu werden.

Welche Vorteile hat man als Single?
- Ihr braucht an Weihnachten nicht darüber diskutieren, wo ihr mit eurem Partner/ Partnerin feiern werdet
- Ihr habt in zukünftigen Beziehungen immer die Gewissheit, dass ihr ganz gut alleine zurechtkommt (wenn ihr zu den glücklichen Singles gehört)
- Es kann ziemlich spannend sein, nicht zu wissen, wie die Zukunft aussieht. Jede Begegnung kann plötzlich ALLES verändern.
- Ihr habt die Freiheit, alles zu tun, wonach euch der Kopf steht. Wollt ihr nächstes Jahr für ein paar Monate nach London ziehen? Do it!
- Ihr beschäftigt euch viel mit euch selbst. Was sind die Dinge, die euch antreiben? Auf welche Menschen könnt ihr wirklich zählen?
- Und zu guter Letzt: Wenn Menschen um euch herum in schwierigen Beziehungen stecken, könnt ihr euch getrost zurücklehnen und den Moment genießen – dieser Stress bleibt euch erspart.
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