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Sony Kraus im Interview

Sony Kraus im Interview zum Erscheinen ihres neuen Buches "Baustelle Baby".


Sony Kraus im Interview
© Olivier Favre

Wenn das nicht perfektes Timing ist, was dann? Es erscheint Ihr neues Buch, BAUSTELLE BABY, und quasi zeitgleich kommt das zweite Baby zur Welt. Versteht der Kronprinz schon, dass er bald jemanden zum Spielen bekommt, und wie fühlt sich das für Sie an, Ihre Supernova-Liebe nun bald auf zwei kleine Seelen verteilen zu müssen?

Kraus: Gerne würde ich mir dieses „Perfekte Timing“ auf die Fahne schreiben, aber Mutter Natur hatte da auch noch ein Wörtchen mitzureden! Die erste Zeit mit einem Baby und einem Kleinkind kann ich mir noch gar nicht vorstellen. Wahrscheinlich leide ich unter völliger Selbstüberschätzung, zu glauben, dann noch alles so locker zu wuppen. Glücklicherweise liebt mein Prinzchen Babys, und ich bete inständig, dass das auch so bleibt, wenn sein Mama-Monopol ausläuft.

Wie in all Ihren Büchern wird auch in BAUSTELLE BABY so richtig Tacheles geredet, nichts beschönigt, alles auf den Punkt gebracht. Gibt es irgendeine Erfahrung aus Schwangerschaft II, die Sie sich in Durchgang I nicht hätten träumen lassen und die Sie gern mit dem Rest der Welt teilen würden?

Kraus: Klar, jede Schwangerschaft ist anders! Zipperlein, die in Runde eins auftauchten, sind zwar zuverlässig im zweiten Durchlauf auch da, sogar gerne noch verstärkt, doch während Baby Nummer eins kaum erwarten konnte zu schlüpfen und gut vier Wochen zu früh kam, ließ der Nachfolger auf sich warten. Bäh, war der „final countdown“ nervig und anstrengend!

Es ist Ihnen bisher mit Umsicht, Vorsicht, Rücksicht und Weitsicht gelungen, Ihr Privatleben privat zu halten. Glauben Sie, dass das mit ein Grund dafür ist, dass Sie trotz all Ihres beruflichen Erfolgs ein harmonisches Familienleben führen können?

Kraus: Sicherlich, aber der Hauptgrund liegt wohl in einer grundsoliden Spießigkeit, man könnte vielleicht von Bodenständigkeit sprechen, die mir hilft, das wirklich Wichtige nie aus dem Fokus zu verlieren. Meinen doch sehr seltsamen Beruf nicht als Berufung zu sehen, sondern eher als Job, macht es mir möglich, mir eine gewisse Leichtigkeit zu bewahren.

Sie hatten schon immer ein sehr enges und vertrautes Verhältnis zu Ihrer Mutter. Hat das durch die Kinder noch einmal eine ganz neue Dimension bekommen, und wenn ja, wie würden Sie die beschreiben?

Kraus: Ganz einfach: Oma(s) ist (sind) die Beste(n)! Ohne diese verlässlichen Mitarbeiter ist es mir fast unmöglich, mein kleines Familienunternehmen zu führen. Plötzlich macht das alte Modell der generationenübergreifenden Großfamilie wieder extremen Sinn. Jedem, der sich einigermaßen mit seinen Eltern verträgt und daran denkt, selbst Kinder in die Welt zu setzen, kann ich nur raten: Sei lieb zu Mama und Papa und schau, dass sie nicht zu weit weg sind, wenn es ernst wird!

BAUSTELLE BABY beweist einmal mehr, dass Sie über die seltene Gabe verfügen , schwierigste Zusammenhänge – selbst soziologische, politische und juristische - flockenlocker aufzubereiten und leicht verständlich zu vermitteln, eine Fähigkeit, die man gemeinhin „genial“ nennt. Fliegt Ihnen das zu oder steckt harte Arbeit dahinter?

Kraus: Genial? Oh Hilfe! Nein. Jemand, wie ich, dem man vor dem ersten Bestseller am liebsten noch die Fähigkeit zu lesen abgesprochen hätte, muss einfach verdammt exakt recherchieren. Dadurch bin ich ein absoluter Fan von wissenschaftlichen Studien geworden, deren Ergebnisse teilweise erstaunlich verblüffend, unterhaltsam und spannend sind. Außerdem klaue ich hemmungslos Tipps in eigentlich langweiliger Fachliteratur und verpacke diese dann unterhaltsam und klar verständlich. Von einer allwissenden, altklugen Ratgebertante bin ich eben Welten entfernt. Garniert werden meine Sach- mit thematisch passenden Lachgeschichten aus meinem Leben, bei denen meine Leser mit mir über mich lachen können.

Sie informieren in Ihrem Buch über gesellschaftliche und vor allem politische Missstände in Deutschen Landen wie den „Mutti-Kult“ und die „Samenspenderwürdigkeit“, um hier nur zwei zu nennen. Hoffen Sie, dass die Aufklärung, die Sie damit betreiben, langfristig Veränderungen zum Positiven herbeiführen kann?

Kraus: Zwar bin ich eine absolute Optimistin, aber auch realistisch genug, um zu wissen, dass ich dazu in die Politik abwandern müsste. Mich hat es einfach nur erstaunt, auf welche Kuriositäten ich bei diesen doch sehr pikanten Themen gestoßen bin.

Und im gleichen Kontext: Wenn Sie in puncto Kinderkriegen und Kinderhaben drei Wünsche an die Deutsche Bundesregierung frei hätten, wie würden die lauten?

Kraus: Och, da muss man nur mal einen Blick auf die vorbildlichen skandinavischen Länder werfen, dann ist das Rätsel von echter Gleichberechtigung und der Vereinbarkeit von Kind und Karriere schnell entschlüsselt: Kompetente und ausreichende Betreuungsangebote für Kleinkinder ab sechs Monaten, Ganztagsschulen und die Bekämpfung der extremen Altersarmut bei Frauen durch erhöhte Rentenansprüche und stärkerer Anerkennung der Kindererziehungszeiten. Nicht falsch verstehen, selbstverständlich darf jede Mutter, voll und ganz in ihrem Mama-Job aufgehen und zu Hause bleiben, wenn sie das möchte. Beiden Aufgaben gerecht zu werden sollte aber möglich werden, besonders für die Armee der Alleinerziehenden. Auch hinsichtlich des anstehenden Facharbeitermangels sollte man die Masse der hochqualifizierten, gut ausgebildeten Mütter unterstützen, wo man nur kann.

Sie haben in Ihrer Kindheit und Jugend sehr schwere Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Ist das Ihres Erachtens mit dafür verantwortlich, dass Sie heute nach Ihrem so bewährten Think-Pink-Prinzip leben, das ja auch in Ihrem neuen Buch immer wieder erfolgreich Anwendung findet?

Kraus: Na ja, als hochschwangere Mama war ich - obwohl neonpinkes Blut in meinen Adern floss- manchmal am Rande des Nervenzusammenbruchs. Allerdings konnte ich mich mit meinen eigenen kleinen Psycho-Tricks ganz wunderbar selbst runterfahren. Gerade im Moment halfen mir die Ratschläge aus dem letzten Buch extrem!

Millionen Frauen werden Ihnen für BAUSTELLE BABY danken, nicht nur, weil Sie sich über die inzwischen viermal abgespulte Heidi-Klum-Groteske geäußert haben, wie man es besser gar nicht hätte tun können, sondern vor allem, weil Sie mit Ihrer ehrlichen Offenheit im Hinblick auf die Realitäten des weiblichen Körpers nach einer
Schwangerschaft anderen Frauen aus der Seele sprechen. Was treibt Ihres Erachtens so viele Prominente dazu (denn da ist ja nicht nur ‚et Heidi’), nach einem Baby so zu tun, als würden für sie andere Naturgesetze gelten als für den Rest von uns?

Kraus: Man muss keine gestresste Medien-Mama im Fokus der Öffentlichkeit sein, um ungern zuzugeben, dass die Bauchdecke im Eimer, die Haxen von Besenreißern übersät und noch weitaus delikatere Stellen nach einer „let´s fetz“-Geburt einen Totalschaden erlitten haben und für Monate wegen Renovierungsarbeiten geschlossen sind. Frauen, die vor der Kamera stehen, investieren Zeit, Kraft und Geld in ihre Optik, da diese auch zu ihrem Kapital gehört. Ich klammere mich da gar nicht aus! Nur erzähle ich schamlos, wie`s wirklich aussieht und welche Tricks helfen. Aber machen wir uns nix vor: Mutter Natur ist eine ungerechte chauvinistische Schlampe. Was unser weiblicher Körper leistet, ist unfassbar und wirklich verehrungswürdig!

Sie sind eine der wenigen Frauen in der deutschen Medienlandschaft, die Schönheit, Witz, Erfolg und Geist auf sich vereint. Was sind Ihre beruflichen Pläne für die Zukunft und könnten Sie sich eine Talkshow-Karriere à la Oprah Winfrey vorstellen – mit eigenem Studio, geregelten Arbeitszeiten und Privat-Kita für den zwei- und vierbeinigen Nachwuchs?

Kraus: Mehr, mehr, mehr! Als Walfisch „Mobi Dick“, der auf die Schlachtbank wartet, kann man Komplimente dringend gebrauchen... Aber mit Oprah liegt die Karrierelatte doch sehr sehr hoch. Sagen wir´s mal so: Es würde mich freuen, wenn sich in der harten Fernsehbranche - auch für mich als Doppelmama- noch ein paar spannende Aufgaben finden würden.

Abschließend noch eine sehr persönliche Frage: Hatten Sie sich denn dieses Mal rechtzeitig um eine Beleghebamme bemüht? Oder wollten Sie sich das für BAUSTELLE BABY Numero 3 aufheben?

Kraus: Selbstverständlich! Leider sind diese tollen, weisen Frauen durch eine immense Versicherungserhöhung so selten geworden, wie Goldnuggets im Rhein. Das ist unendlich schade, denn wie immer im Leben gilt auch im Kreißsaal: Die wirkliche Arbeit macht die Frau, also die Hebamme.