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Strawberry Dress: Wann wurde ein Kleid das letzte Mal so gehypt?

Influencerinnen wollen es haben, die DIY-Community näht es nach und auf dem Red Carpet ist es auch: Das Erdbeerkleid einer kosovarischen Designerin ist DER Star im Netz.

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strawberry dress
© Getty Images / Lirika Matoshi

Inmitten einer Pandemie, die uns, wie es aussieht, noch länger begleiten wird, hat sich das Internet darauf geeinigt, einem einzigen Kleid die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Nein! - ihm förmlich zu huldigen. Fanart, DIY-Projekte, billige Fälschungen im asiatischen Großhandel und ein fast 10-Millionen-View-Hype auf TikTok – die Rede ist vom Strawberry Dress der kosovarischen Designerin Lirika Matoshi:

Dass ein ganz bestimmtes Kleidungsstück so sehr im Vordergrund steht, das ist an sich nichts Neues. Schon 2019 beherrschte ein gewisses Polka-Dot-Kleid von Zara das Netz. Doch der Unterschied zwischen den zwei Teilen könnte nicht größer sein. Einerseits sind die Designs wie Tag und Nacht. Andererseits kostete das Pünktchenkleid knappe 40 Euro, während man The Strawberry Dress für 490 Euro erstehen kann. Umso erstaunlicher ist es deshalb, dass ein doch recht teures Kleidungsstück einen derartigen Kult ausgelöst hat.

TikTok hat das Kleid berühmt gemacht

TikTok dürfte bei diesem Prozess eine wichtige Rolle gespielt haben. Denn die Plattform bietet nicht nur jenen einen Raum, die das Kleid erstanden haben und es nun der Welt zeigen wollen. Auch jene, die sich einfach nur dem Tagtraum hingeben wollen, finden Gehör. Außerdem gibt es genügend junge Menschen, die gefälschte Versionen auf Amazon oder Aliexpress bestellen und ihre Enttäuschung mit allen anderen teilen wollen. Nicht zu sprechen von all den kreativen Köpfen, die das Kleid ohne Schnittmuster nachnähen.

@mommademagic

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♬ Cute - Prod by Rose

Wer hat es zuerst getragen?

Für die Designerin, die vor 20 Jahren aus dem Kosovo in die USA kam, bedeutet dieser Hype eine immense Steigerung der Bekanntheit und natürlich auch der Einnahmen. "Mein ganzes Leben dreht sich um dieses Kleid.", so Matoshi in einem Interview. Veröffentlicht hatte sie es Anfang des Jahres, als noch keine Rede von einem Internet-Hype war. Das ist wohl auch der Aspekt, der Tess Holliday am meisten aufstößt. Das Plus-Size-Model trug das Erdbeerkleid nämlich schon im Jänner am Red Carpet der Grammys. "Ich finde es super, dass ich wegen dieses Kleides im Jänner auf Worst-Dressed-Listen gelandet bin und es nun als Kult gilt, weil ein paar dünne Weiber es auf TikTok tragen.", schrieb sie auf Twitter.

Obwohl viele sie für diese Aussage kritisieren, da schon nach kurzer Recherche kein Anzeichen für die genannten schlechten Bewertungen zu finden ist, hat Tess mit einem Punkt recht: Sie trug es zuerst! Doch den Hype hatte sie trotzdem nicht ausgelöst. Und das kritisiert die Aktivistin mit harten Worten: "Um es zusammenzufassen: Unsere Gesellschaft hasst fette Menschen, vor allem, wenn sie erfolgreich sind."

Warum ist der Hype jetzt am stärksten?

Doch warum hat dieses Kleid einen solch vielseitigen, globalen Dialog ausgelöst? Der naive, liebliche Stil passt einfach perfekt zur Ästhetik, die auf TikTok gefeiert wird und mittlerweile unter "Cottagecore" bekannt ist. Darunter versteht man eine Mischung aus Naturliebe und der Rückkehr zu traditionellen Handarbeiten wie Töpfern, Sticken oder Backen. Im Netz wird dieser Mix zum visuellen Höhepunkt getrieben: mit Frauenhänden, die Brot kneten, während sich im Hintergrund Gitarrenklänge und Vögelzwitschern vereinen. Es ist der Wunsch, nach einem einfachen, ruhigen Leben, der im krassen Widerspruch zur Corona-Pandemie und zur allgemeinen Schnelllebigkeit der Gesellschaft steht. Und genau diese Flucht vor der Realität unterstützt auch das Erdbeerkleid. Denn wenn man sich in dem Traum von Tüll und Glitzer-Obst im Kreis dreht, dann kann einem doch nichts Schlimmes passieren...

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