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Qualitativ hochwertige Strickmode finden? Das musst du wissen

Wo findet man Stricksachen, die lange halten? Welche Materialien sind gut, welche nicht? Worauf soll man bei der Pflege achten? Cornelia Lindner von "Consches" und Anna-Laura Kummer von "The Slow Label" geben Aufschluss.

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Qualitativ hochwertige Strickmode finden? Das musst du wissen
© Jordann Wood

Jetzt ist wieder die Zeit der warmen Pullis, in denen wir uns bei diesen winterlichen Temperaturen gerne einkuscheln. Gerade Fast-Fashion-Ketten haben natürlich immer eine große und günstige Auswahl an aktuellen Trends. Aber wie sinnvoll ist es, dort seine Pullis zu kaufen?

Oft besteht Strickmode aus Chemiefasern wie Polyamid und Co. und nur zu einem geringen Anteil an echter Baumwolle. Aber ist das immer schlecht? Und welche Materialien sind besonders langlebig?

Die beiden Fashion-Brands Consches und The Slow Label produzieren umweltfreundlich und mit nachhaltigen Materialien. Wir haben mit den Gründerinnen Cornelia Lindner (Consches) und Anna-Laura Kummer (The Slow Label) gesprochen, worauf es beim Kauf von guter Strickmode ankommt und worauf man achten soll.

Welche Materialien sind gut, welche nicht?

Generell unterscheidet man zwischen Naturfasern (z.B. Kaschmir, Merino, Schurwolle, Baumwolle, TENCEL Lyocell) und synthetischen Chemiefasern (z.B. Polyacryl und Polyester). "Grundsätzlich gilt: Recycelte Materialien, also jene, die nicht 'neu' erzeugt werden müssen, sind die beste Wahl", sagt Kummer. "Es werden jährlich tonnenweise Pullover aus Wolle, Kaschmir etc. aussortiert, die mit etwas Glück hoffentlich beim Altkleiderrecycling landen. Dort werden sie gereinigt, zerkleinert und zu neuem Garn versponnen. Dieser Prozess spart viele Ressourcen und ist in meinen Augen am vernünftigsten."

Recycling-Prozess (c) The Slow Label

"Natürliche Materialien überzeugen durch ihre Eigenschaften, da sie nachhaltig, hautverträglich und sehr angenehm zu tragen sind", erklärt Lindner. "Synthetische Fasern sind vegan, pflegeleicht und formbeständiger, jedoch weniger hautverträglich und nicht atmungsaktiv. Im Hinblick auf Umweltverträglichkeit überzeugen sie leider nicht - oft enthalten sie Mikroplastik und lassen sich schlecht recyceln."

Sind Acryl, Polyester und Co. also schlecht?

"Synthetische Fasern sind in der Herstellung wesentlich günstiger als natürliche Wollfasern, daher werden sie oft im Fast-Fashion Bereich angewendet. Ein großer Nachteil ist, dass sie weder umweltfreundlich noch atmungsaktiv (man schwitzt schnell) sind und sich statisch aufladen", so Lindner. Zusätzlich wärmen sie nicht so gut wie Naturfasern, außerdem neigen sie dazu, Schweißgeruch aufzunehmen. Kummer merkt an: "Das führt dazu, dass Kunststoff-Strickwaren häufiger gewaschen werden müssen und somit im Laufe ihres Lebenszyklus mehr Energie und Wasser verbrauchen."

Der Einsatz von Polyacryl und Polyester ist laut Kummer sehr bedenklich: "Diese Kunstfasern werden aus Erdöl hergestellt und benötigen viel Energie – und zwar im Fall von Polyacryl dreimal so viel wie Baumwolle."

The Slow Label-Gründerin Anna-Laura Kummer (c) Jordann Wood

Sind Naturmaterialien immer besser?

"Für mich überwiegen ganz klar die Vorteile von Naturfasern", sagt Lindner. "Obwohl es sich meist um ein Investment handelt - ein Strickpullover aus Kaschmir oder Merino hat definitiv das Zeug zum Lieblingsteil. Bei guter Pflege überdauert er viele kalte Winter."

Manchmal sind Pullis aus Polyester & Co. auch mit (Baum)wolle gemischt. Ist das gut?

"Materialmix wird oft angewendet, um die Eigenschaften zu verbessern. So macht es durchaus Sinn, Naturfasern mit synthetischen Fasern zu mischen, um die Langlebigkeit der Textilien zu verbessern. Vom Umweltaspekt her ist das jedoch bedenklich", meint Lindner. Gerade im Fast-Fashion Bereich wird oft mit einem Kaschmirzusatz geworben, wobei der Anteil aber meist bei unter 10% liegt. "Das ist meiner Meinung nach mehr Marketingstrategie als Qualitätsmerkmal."

Consches-Gründerin Cornelia Lindner (c) KKhoss

"Als wir mit unseren Partnerbetrieben in Italien sprachen und von ihnen wissen wollten, was das Textilrecycling am meisten erschwert, waren sich alle einig: Mischfasern", so Kummer. "Sobald eine Naturfaser (Wolle, Kaschmir, Baumwolle) mit einer Kunstfaser vermischt wird, ist das Kleidungsstück praktisch nicht recycelbar und landet letztendlich auf der Mülldeponie. In Anbetracht der Klimakrise ist ein Umdenken hier unbedingt notwendig!"

Welcher Materialmix ist der Best Case, welcher der Worst Case?

"Ein Materialmix aus Naturfasern (z.B. Baumwolle mit Wolle) ist aus Recycling-Sicht zwar nicht ideal, stellt aber im Vergleich zu Kunststoff-Mischungen eine gute Alternative dar. Oft werden Materialien gemischt, um Kosten einzusparen, die Eigenschaften der Strickware zu verändern oder recycelte Fasern haltbarer bzw. stärker zu machen", erklärt Kummer.

Welche Materialien bleiben lange schön?

Die Qualität der Strickware ist nicht nur abhängig vom Material, sondern auch von der Art und Weise, wie das Garn gesponnen und gefärbt wird. "Wir haben bei The Slow Label diverse Materialien getestet und mussten feststellen, dass, sofern man sie korrekt wäscht und pflegt, Wolle am längsten die Form behält. Umso mehr das Wollgarn beim Spinnprozess verdreht wird, desto weniger anfällig ist die Strickware für Pilling", sagt Kummer. (Fusseln, die sich von Stricksachen ablösen, bilden oft Knötchen an der Oberfläche des Kleidungsstücks - dieses Phänomen wird als Pilling bezeichnet, Anm.)

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Die richtige Pflege

Was das Waschen anbelangt, gelten bei Strickwaren etwas andere Spielregeln als bei unkomplizierteren Kleidungsstücken. "So wenig wie möglich waschen!", sind sich die beiden Modedesignerinnen einig. "Und wenn, dann nur im Woll- oder Feinwaschprogramm mit geringen Schleudertouren." Ist das Wasser zu heiß oder der Schleudergang zu hoch, kann das Gewebe einlaufen oder beschädigt werden. Trocknet man die Sachen im Liegen, lässt sich sicherstellen, dass sie sich nicht aushängen. In den meisten Fällen reicht es komplett aus, ein Kleidungsstück auslüften zu lassen oder punktuell zu reinigen.

(c) Jordann Wood

Stichwort kratzige Pullis - welche Materialien tendieren dazu, Juckreiz auszulösen?

Das hängt von der Wollart, der Verarbeitung, aber auch vom Hauttyp ab. "Je feiner die Fasern, desto weniger Juckreiz - jedoch meistens auch teurer in der Anschaffung", so Lindner.

"Wir wollten dieses Jahr Mäntel anbieten, die aus regionaler Bio-Wolle bestehen, mussten aber feststellen, dass diese eine ganz andere, viel kratzigere Struktur hat, als wir es von Wolle gewohnt sind", sagt Kummer. Gut vertragen werden meistens Merino-, Baum- und Alpakawolle oder Kaschmir.

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