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„Unfreiwilliges Zölibat“: Tötete Attentäter von Toronto aus Frauenhass?

Was die „Manosphere“ – salopp gesagt versteht man darunter eine frauenhassende Internet-Bubble – mit dem Mord an zehn Menschen am Montag in Toronto zu tun hat.

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„Unfreiwilliges Zölibat“: Tötete Attentäter von Toronto aus Frauenhass?
© VukLozo

Ein Facebook-Posting nährt den Verdacht, dass der Mann, der 10 Menschen mit einem Van tötete, aus Frauenhass handelte. Denn: Unmittelbar vor seiner Tat am Montag, den 14. April, habe der Attentäter von Toronto, der 25-jährige Alek Minassian ein „kryptisches“ Facebook-Posting abgesetzt, so der zuständige Chefermittler Graham Gibson am Dienstag. Der Inhalt: Bewunderung für Elliot Rodger, der 2014 in Kalifornien sechs Menschen und sich selbst getötet hat, nachdem er zuvor Frust über seine Jungfräulichkeit und Zurückweisung durch Frauen geäußert hatte. Weiters habe Miniassian laut dem kanadischen Nachrichten-Sender CBC auf die sogenannte „Incel Rebellion“ referenziert. Das setzt sich aus den Wörtern „involuntary celibate“ – also „unfreiwilliges Zölibat“ – zusammen, was im Grunde heißen soll, dass eine Person aufgrund seiner Persönlichkeit bzw. aufgrund von Äußerlichkeiten keinen Sex haben kann.

Erfunden wurde dieser Begriff – wie man meinen könnte - allerdings nicht von misogynen Männern, die ihn heute vor allem verwenden, sondern von einer queeren Frau aus Toronto in den 1990er Jahren, die damals benennen wollte, was sie fühlte. Heute sagt sie: „Ich kann den Begriff nicht ‚unerfinden’ oder seine Verwendung nur jenen erlauben, die es anders meinen und diesen Begriff brauchen könnten.“ Aktuell wird der Begriff vor allem in der der sogenannten „Manosphere“ verwendet – ein Sammelbegriff für antifeministische Zusammenschlüsse von Männern im Internet: Von sogenannte ‚Pick-up-Artists’, über Väterrechte-Aktivisten, männlichen Missbrauchsopfern bis hin zu Verstrickungen mit der rassistischen Alt-Right-Bewegung reicht der gedankliche Bogen in der „Manosphere“, die sich häufig auf Reddit tummelt. Dass dort auch die „Incel“-Bewegung eine ideologische Heimat gefunden hat, passt ins Bild.

Das Attentat in Toronto zeigt auf dramatische Art und Weise, dass es sich dabei keineswegs um ein auf das Internet beschränktes Phänomen weißer, männlicher Spinner handelt - sondern, dass diese „Bewegung“, die stark von Gewaltphantasien gegen Frauen geprägt ist, auch im realen Leben eine Bedrohung darstellt. Sollen wir deshalb nun immer und überall in Angst vor frustrierten, frauenhassenden Wahnsinnigen leben? Nein - auf keinen Fall. Aber: Sich informieren, aufmerksam bleiben und sich auch digital nicht von der „Manosphere“ einschüchtern lassen, wäre ein Anfang. Allen, die mehr zum Thema erfahren wollen, sei dieser Twitter-Thread empfohlen, in dem Arshy Mann, Journalist aus Toronto, seine Recherchen zur „Incel“-Bewegung und „Manosphere“ aus gegebenem Anlass teilt: twitter.com/ArshyMann