Auftauchen. Ein Stück Freiheit zurückgewinnen! Uwe Kröger atmet spürbar auf, als wir ihn in seiner Wahlheimat Spanien am Telefon erreichen. „Langsam wird auch hier alles hochgefahren. Zum Glück. Meine Auftritte sind ja alle verschoben worden. Dadurch war ich in den letzten Monaten viel zu Hause. Aber die Wohnung ist klinisch sauber geputzt. Irgendwie muss man sich ja beschäftigen“, lacht der Musical-Darsteller, der seit vier Jahren mit seinem spanischen Lebensgefährten Kiko Marin Tomas, 35, in Barcelona lebt.
Krisen stärken, wenn man sie gut überstanden hat, ist Uwe überzeugt. Jetzt saugt er das Leben in der Touristen-Metropole auf, genießt es, wieder mal einen Kaffee in einer Bar trinken zu gehen oder sich mit Freunden zum Essen zu treffen. „Obwohl ich auch ein bisschen fremdle. Man ist es ja gar nicht mehr gewöhnt so vielen Menschen auf der Straße oder in der Metro zu begegnen. Dann denke ich mir: ,Das brauche ich eigentlich auch nicht, wie habe ich das nur vorher ausgehalten?‘ Man wurde ja durch die völlige Entschleunigung fast klaustrophobisch.“
Der Shutdown als Bewährungsprobe
Der Shutdown war auch gleich eine Bewährungsprobe für seine Beziehung mit Kiko. „Wer drei Monate durchgehend in einer kleinen Wohnung zusammen übersteht, hat viel geschafft. Wir haben ja bisher nicht einmal die Wochenenden zusammen verbracht, da ich ja im Normalfall sehr viel in Deutschland oder Österreich arbeite.“ Aber natürlich sei auch einiges gegen die Wand geflogen: „Kiko ist ein typischer Spanier. Die explodieren schon einmal, dann ist es aber auch wieder gut und er möchte in den Arm genommen werden. Die Versöhnung ist dafür umso schöner“, offenbart Uwe über sein Liebesleben und ergänzt: „Es läuft ja der Spruch, dass man sich nach einer Krise entweder trennt oder ein Baby bekommt. Zweiteres kann ich definitiv ausschließen.“ Wobei, Zuwachs hat das durchtrainierte Paar dennoch bekommen. Eine kleine Hunde-Lady ist bei ihnen eingezogen. Kikos Mama hat ihnen Coco geschenkt, eine Maltäser-Mischlings-Lady.

2016 kam die Insolvenz
„Anfangs war ich gar nicht so begeistert. Wenn ich wieder ständig unterwegs bin, fehlt mir die Zeit für sie. Aber jetzt kann ich mir ein Leben ohne sie gar nicht mehr vorstellen." Vieles war für Kröger vor ein paar Jahren noch nicht denkbar. 2016 schlitterte der 55-Jährige in die Insolvenz. Schlagzeilen, wie „Der Tod hat 500.000 Euro Schulden“ berührten ihn allerdings kaum, denn: „Es hat ja gestimmt und versteckt habe ich mich nie.“ Dennoch, ein Lebenstief, aus dem der Star, der in jungen Jahren in einer Jugendpsychiatrie gearbeitet hat, für einen Moment keinen Ausweg mehr sah: „Ich habe mich so sehr geschämt, dass ich mir in der Badewanne die Pulsadern aufschneiden wollte.“
Nur die Gedanken an seine Mutter hätten ihn davon abgehalten: „Das konnte ich ihr einfach nicht antun.“ Therapie hätte er danach trotzdem keine gemacht: „Vielleicht, weil ich beruflich damit Erfahrung gemacht habe.“ Kiko war da schon ein Jahre an seiner Seite. Von den finanziellen Schwierigkeiten ahnte er nichts. „Er war dann ziemlich sauer, dass ich es ihm nicht erzählt hatte. Für ihn wäre das keinerlei Grund gewesen, mich zu verlassen.“ Seit Ende 2019 ist er wieder schuldenfrei, die 20%ige Quote ist erledigt: „Ich habe in den letzten Jahren noch härter als sonst gearbeitet, um das zu schaffen.“ Es war keine ruhmreiche Zeit, aber eine reinigende, aus der er gelernt hat. Letztendlich muss man da durch.
"Ich fühle mich nicht ausgenutzt"
Bereut er etwas? Zum Beispiel seine bekannt, großzügige Art, die seine Schulden mitverursacht hat? „Nein, nein, natürlich habe ich vielen Leuten Geld geborgt, das ich nie wieder zurückbekommen habe und auch nie werde. Viele haben meinem Großmut die Schuld an meiner Misere gegeben. Wenn jemand in Not war, habe ich geholfen. Das war für mich selbstverständlich. Aber natürlich musste ich wissen, dass das irgendwann nicht mehr geht. Das ist okay, ich fühle mich nicht ausgenutzt, habe das ja immer freiwillig gemacht. Ich bin so aufgewachsen. Das was man hat soll man mit den anderen teilen.“ Die Spanier sind mit ihm im Gleichklang. „Da gehen die Türen auf und das Beste, was man hat, wird für den Gast aufgeboten.“
"Ich genieße es, jetzt nicht ständig verreisen zu müssen"
Die Corona-bedingte Auszeit war natürlich ein erneuter finanzieller Rückschlag: „Ich habe durch meine Situation keinerlei Rücklagen und Kiko konnte als Personal-Trainer auch nicht arbeiten. Aber wir haben erkannt, mit wie wenig wir eigentlich auskommen. Vor allem spart man viel, wenn man nie ausgeht und nur selbst kocht." So schnell kann Kröger, der seinen Durchbruch als „Tod“ im Musical Elisabeth feierte, ohnehin nichts mehr aus der Bahn werfen: „Was soll noch passieren?“ Der nicht immer leichte Lebensweg hat jedoch ein paar Prioritäten verschoben. Und dass er in Spanien lebt, kommt seinem neuen Denken sehr entgegen: „Mein Ego hat sich beruhigt, ich genieße es, jetzt nicht ständig verreisen zu müssen. Flexibel bin ich noch immer. Das muss ich schon wegen meines Berufs sein. Seit meiner Ausbildung musste ich ständig auf Hochtouren laufen. Mich ständig beweisen. Heute weiß ich, ich muss nicht bei jedem Event dabei sein. Ich kann auch wunderbar zu Hause bleiben, Sport machen, Essen gehen. Hier in Spanien fällt der Termindruck für VIP-Veranstaltungen, der von einem Künstler erwartet wird, weg. Es wird nicht so viel von mir erwartet wie in Deutschland oder Österreich.“
Dennoch, bald werden die Koffer wieder gepackt. Wohin genau er starten wird, weiß er noch nicht: „Das wird sich zeigen, Vieles ist verschoben worden. Aber sicher steht auch Österreich auf meinem Plan.“ Ein Projekt fällt, wegen seiner Aktualität, besonders auf. Bis Ende Mai hätte er mit dem Musical „Ein wenig Farbe“ in Berlin gastieren sollen. Es handelt von der Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen und den damit verbundenen Lebenswegen in der heutigen Gesellschaft. Rassismus, Diskriminierung: scheinbar ein Thema ohne Ablaufthema. „Leider sind diese beiden Begriffe Modewort geworden. Der Quoten-Schwule, der Quoten-Schwarze. Dann meine ich: Hallo, man hat ja einen Freund oder Freundin. Hautfarbe, sexuelle Gesinnung oder Religion sind doch völlig irrelevant. Ich unterteile die Leute doch da nicht. Der Satz: ,Ich habe ja auch einen schwulen oder schwarzen Freund ist schon diskriminierend. Menschen die ich mag, haben ein schönes Wesen, schöne Haare, ein tolles Lachen, Energie oder Humor. Ich sehe da keine Hautfarbe, die ist völlig irrelevant.“
Dass er selbst in den sozialen Medien öfter angegriffen wird, nimmt er mit Coolness: „Ja, da steht schon mal ,Schwuchtel‘, oder ,Du weiß ja gar nicht, was Arbeit ist‘. Dabei arbeite ich sicher mehr als viele anderen. Wochenenden kenne ich im Normalfall gar nicht. Aber das sind Menschen, ohne Rückgrat, die sich hinter anonymen Profilen verstecken.“ Früher hat er beleidigende Kommentare gelöscht, heute nicht mehr: „Die Leute sollen sich damit auseinander setzen. Meistens entsteht dann eine hitzige Diskussion. Das lasse ich zu.“
Den Mund verbieten lässt er sich jedenfalls von keinem, das merkt man auch auf seinem Insta-Profil, auf dem er gerne seine Meinung zu Aufreger-Themen vertritt, aber auch Persönliches preisgibt. Wie vor Kurzem den Verlust seiner Mutter. Dazu postet er den Spruch von Victor Hugo: „Du bist nicht mehr dort, wo du warst, aber du bist überall, wo wir sind.
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