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Ein FBI-Verhandler, spezialisiert auf Geiselnahmen, erklärt, wie man Menschen davon überzeugt, Masken zu tragen

"Eine Maske über Mund UND Nase zu tragen, schützt die Menschen in deinem Umfeld. Warum wollen das so viele Masken-Verweigernde nicht einsehen?" Hast du dich das auch schon gefragt? Und versucht andere davon zu überzeugen? Warum dies nicht so einfach ist, erklärt ein ehemaliger Verhandlungsführer des FBI. Und auch, wie man's besser macht.

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Ein FBI-Verhandler, spezialisiert auf Geiselnahmen, erklärt, wie man Menschen davon überzeugt, Masken zu tragen
© iStock

Gary Noesner war über 30 Jahre lang Ermittler, Ausbilder und Verhandlungsführer beim FBI. Und in dieser Zeit versuchte er in hunderten Gespräche Menschen zur Vernunft zu bringen, die wir definitiv nicht als vernünftig einstufen würden.

Etwas, was wir auch hin und wieder versuchen. Wenn wir beispielsweise mit Menschen sprechen, die an Verschwörungstheorien glauben. Stichwort Chemtrails, Flatearthers und vieles mehr. Auch zum Coronavirus gibt es aktuell viele Theorien, die vom wissenschaftlichen Konsens abweichen. Will man diese vom Gegenteil überzeugen, sind die Reaktionen der Angesprochenen oft unfreundlich bis aggressiv.
Das zeigt sich leider bereits darin, wenn man versucht, jemanden in öffentlichen Verkehrsmitteln darauf aufmerksam zu machen, eine Maske in Zeiten einer Pandemie zu tragen oder sie richtig (auch über die Nase gezogen) zu tragen. Da wir nicht über die Kommunikationsfähigkeiten von Noesner verfügen, enden diese Gespräche oft mit Schimpfwörtern obwohl dies nicht nötig wäre.

Die Praktiken des Verhandlungsführers könnten uns helfen, diese Gespräche besser zu führen. Indem man versucht, die andere Person zu verstehen. Und vielleicht schafft man es so, dass sie beginnt, ihre Gedanken und Gefühle neu einzuordnen.

Laut Noesner gibt es viele Fehler, die wir im Umgang mit aus unserer Sicht nicht rationalen Personen machen können: „Mit der Person streiten, übermäßig konfrontativ sein, beleidigen oder erniedrigen, sich über sie lustig machen, ihre Bedenken minimieren, nicht auf ihre Perspektive hören, unhöflich oder unaufmerksam sein, fordernd und autoritär sein und sich auf Drohungen einlassen, um nur einige zu nennen.”

Es hilft auch nicht, sie mit Fakten und Logik überzeugen zu wollen. „Wir haben gelernt, dass Menschen gehört und verstanden werden wollen. Sie wollen respektiert und ehrlich behandelt werden. Sie müssen die Möglichkeit haben, ihre Bedenken, Probleme und Standpunkte auszudrücken.“ Als Verhandlungsführer lernt man also zuzuhören und den anderen Standpunkt anzuerkennen, was geschehen kann, ohne dass man dem anderen zustimmt oder nicht zustimmt.

„Ein Verhandlungsführer hört aktiv zu, formuliert das Gehörte neu (beispielsweise indem man das Problem beschreibt, das den Anderen zum Handeln veranlasst) und reflektiert die Gefühle (um in eigenen Worten zu beschreiben, wie du denkst, dass der oder die Andere sich fühlt)“, so Noesner.

„Diese Methode zeigt, dass du ihm oder ihr zuhörst und sie verstehst. Erfolgreiche Verhandlungen werden durch den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses erreicht. Der Verhandlungsführer muss ein echtes Interesse daran zeigen, der Person in der Krise zu helfen sowie den Vorfall friedlich zu lösen. Ein freundlicher Ton und einfühlsamer Ansatz funktionieren am besten.“

Und diese Methode lässt sich auf so viele Gespräche anwenden. Denn wir alle wissen wahrscheinlich, wie schwierig es ist, mit jemandem zu sprechen, der wütend ist und das Gefühl hat, nicht gehört oder verstanden zu werden. Andererseits ist es eben schwierig, mit jemandem zu streiten, der sich dir gegenüber aufrichtig und freundlich interessiert zeigt.

Laut Noesner gibt es eine Reihe von Möglichkeiten oder Indikatoren, um festzustellen, ob ein Gespräch erfolgreich verläuft oder nicht. "Offensichtlich bedeutet eine Zunahme gewalttätiger Sprache oder von Drohungen, dass die Dinge nicht gut laufen. Umgekehrt würde man bei einer Person, die bereit ist, mit einem zu sprechen und die dabei auch Persönliches preisgibt oder ihre Bedenken äußert, Fortschritte erzielen.

Rund 90% aller Geiselnahmen werden friedlich durch Verhandlungen gelöst - verständnisvolles Zuhören ist also ein äußerst erfolgreiches Modell. Aber man kann das Verhalten anderer nicht beeinflussen, indem man ihnen einfach sagt, was sie tun sollen. Es braucht Anstrengung und Einsatz. Denn zuerst muss eine respektvolle und vertrauensvolle Beziehung aufgebaut werden. Wenn man sich jedoch Zeit nimmt, um die Perspektive des oder der Anderen anzuerkennen, dabei ruhig bleibt und nicht aggressiv wird, kann man zu seinem Gegenüber durchdringen.

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