Als Viktoria Hofstädter 14 Jahre alt war, zog sie von zu Hause aus. In St. Pölten lebte sie im Internat, um das Oberstufenrealgymnasium für Leistungssport zu besuchen. Ihr Traum: Ballerina werden! Heute lebt, tanzt und modelt die Niederösterreichin in New York. Doch wie schafft man das eigentlich? Im Interview mit WOMAN erzählt die 28-Jährige von ihrem Leben und Alltag als Ballerina.
WOMAN:
Liebe Viktoria, wie alt warst du als du mit Ballett angefangen hast?
Viktoria:
Ich habe im Alter von 3 Jahren bei uns in Gumpoldskirchen mit dem Kinderballett begonnen. Schon damals hat sich meine Leidenschaft für den Tanz klar heraus kristallisiert.
WOMAN:
Wie kam es dazu, dass du nach deiner Tanzausbildung in Österreich nach New York gegangen bist?
Viktoria:
Als Jugendliche habe ich den Film “Save the last Dance” gesehen (die Hauptdarstellerin bereitet sich in diesem Film für die Aufnahmeprüfung an der Julliard’s in NYC vor) und ich wusste einfach, was zu tun ist: Mein Traum war es als Tänzerin in NYC zu leben und dort erfolgreich zu sein.
WOMAN:
Erzähl uns von der Zeit, als du mit 21 Jahren im Big Apple angekommen bist. Wie sah dein Leben damals aus?
Viktoria:
Als ich in NYC ankam, hatte ich nichts! Das Einzige, das ich besaß, waren zwei Koffer und den Willen “es zu schaffen!” Ich hatte keine Wohnung, kein Handy, keinen PC, keine Freunde oder Bekannte und fast kein Geld. Am Anfang schlief ich in einer Jugendherberge mit 8 anderen Leuten, bis ich dann ein kleines Zimmer in Manhattan fand, welches halbwegs leistbar war. „Step by Step“ arbeitete ich mich hoch! Das erste Jahr war extrem hart und ich hatte das Motto: „I just have to survive!“ Also, einfach nur überleben! Gleich aufgeben kam einfach nicht infrage. Ja, es war ein Weg mit vielen Höhen und Tiefen!
WOMAN:
Wie lange und häufig muss man trainieren, wenn man heute als Ballerina erfolgreich sein möchte?
Viktoria:
Als Tänzerin trainiert man eigentlich täglich. Meist beginnt das Training schon morgens ab 10 Uhr, gefolgt von verschiedenen Tanzeinheiten wie z.B. Spitze oder Pas de deux (Partnertanz). Ich nahm dann auch noch weiteren Unterricht wie Stepptanz, Contemporary oder Theatertanz. Oft hat man sonntags frei aber die meisten Tänzer, die ich kenne machen dann Pilates, trainieren selbstständig oder stehen auf Bühnen bei Vorstellungen. Meiner Ansicht nach „arbeitet“ man nicht als Ballerina, sondern IST Ballerina, da jede Entscheidung (Wann gehe ich schlafen? Geh ich heute feiern? Was esse ich?) mit Rücksicht auf den „Job“ entschieden wird!
WOMAN:
Immer wieder sieht man die Horrorbilder von Ballerina-Füßen. Ist es wirklich so schlimm?
Viktoria:
Da gibt es nur eine klare Antwort: Ja, das ist wahr. Es ist einfach nicht natürlich etwa 8 Stunden pro Tag auf den Zehenspitzen zu tanzen, sich zu drehen und zu balancieren.
WOMAN:
Gab es in deinem Leben einen Moment, wo du dir gedacht hast: ich schaffe es nicht mehr. Ich schmeiße jetzt alles hin?
Viktoria:
Oh ja, sogar ziemlich oft! Zum Beispiel während meiner Ausbildung in Österreich: Neben dem Ballettunterricht machte ich eben auch die Matura. Ich stand damals täglich um 5 Uhr morgens auf, gefolgt von Warm-up und anschließendem Training. Dann ging es bis 14 Uhr in den „normalen“ Schulunterricht. Schnell essen, gefolgt von Tanzproben und von klassischem Balletttraining. Abends wurde gelernt und Hausübungen gemacht. Als dann auch die Maturaprüfung am selben Tag meines Ballettexams stattfand, war der Stresslevel extrem hoch!
WOMAN:
War es denn nicht hart die Familie in Österreich zu verlassen?
Viktoria:
Ich habe am Tag vor dem Abflug extreme Selbstzweifel bekommen. Plötzlich dachte ich mir: Was machst du da? Du kennst doch niemanden! Du lässt alles zurück und bist dann ganz alleine! In den ersten Jahren in NYC ging es dann so weiter! Alles war neu und man ist alleine. Heute kann ich sagen, dass ich durch all die vielen Herausforderungen gewachsen bin!
WOMAN:
Was würdest du sagen, ist dein größter Erfolg bisher?
Viktoria:
Nie aufgegeben zu haben. Beruflich würde ich sagen, dass das Fotoshooting mit dbox.com
einer meiner größten Erfolge war. Ich wurde für die Werbekampagne des höchsten Luxus-Aparments der Welt in NYC gebucht.

WOMAN:
Seit du nach New York gezogen bist, hat sich dein Leben total verändert. Gibt es etwas, das du an Österreich vermisst?
Viktoria:
Ja natürlich! Vor allem meine Familie. Durch meinen Job und Lebensstil ist es auch recht schwer echte Freunde zu treffen! Außerdem vermisse ich die frische Luft, das frische Wasser oder ein “echtes” Brot. Es sind oft die Kleinigkeiten, die man hier vermisst!
WOMAN:
Wie sieht dein Alltag momentan aus?
Viktoria:
Jeder Tag ist anders! Wenn ich auf Tour bin, habe ich meist Arbeitstage bis zu 20 Stunden. Es gibt aber auch Wochen, da arbeite ich gar nicht.
Während einer Tour stehe ich früh morgens auf und trainiere, um die Muskeln und Technik des Ballets nicht zu verlieren! Anschließend fahre ich zum Shooting. Dazwischen legt man viel Reisezeit zurück, da die Strecken in den USA um einiges länger sind als in Europa. Am Abend komme ich gegen 23 Uhr im Hotel an. Dann beantworte ich E-Mails, erledige Organisatorisches und versuche neue Projekte an Land zu ziehen! Schließlich gehe ich so um 1 Uhr morgens ins Bett. Wirklich anstrengend wird es, wenn man am nächsten Tag ein Shooting bei Sonnenaufgang hat, bei dem ich je nach Jahreszeit so um 4 Uhr wieder aufstehen muss.
WOMAN:
Was nervt dich an New York?
Viktoria:
Ich glaube entweder man liebt oder hasst die Stadt! Ich liebe NYC. Es gibt aber Dinge, die mich nerven: Es dreht sich meist nur um Business. Man trifft Leute nicht “einfach so”. Hinter jedem Kennenlernen steckt ein wenig Networking und das Ziel etwas für sich rauszuschlagen. Die langen Winter können einen auch runterziehen und das Arbeiten und Reisen erschweren. Die teuren Preise in NYC sind auch ein Minuspunkt. Ein Beispiel: Um gutes und frisches Obst in Manhattan zu kaufen, zahlt man schnell mal 8-10 US Dollar pro pound (ca 500g)!
WOMAN:
Wie oft kommst du nach Hause?
Viktoria:
Anfangs selten aber mittlerweile immer öfter, weil ich seit kurzem auch vermehrt in Europa arbeite und dies mit Besuchen zu Hause verbinden kann. Ich versuche seit dem Erhalt der Greencard meine Zeit zwischen den USA und Europa aufzuteilen!
WOMAN:
Models stehen unter einem ziemlich Druck den perfekten Körper zu haben. Wie ist es bei Ballerinas? Musst du darauf achten nicht zuzunehmen?
Viktoria:
Ehrlich gesagt war da der Druck in Europa viel größer. Heutzutage wird beim Tanz vor allem auf die Größe geachtet und die Proportionen müssen stimmen! Natürlich muss man auch schlank sein, aber ich habe das Gefühl, dass dieses „extrem dünn sein“ in den USA nicht mehr erwünscht ist und eher nach einem graziösen aber gesunden und fitten Figurtyp gesucht wird!
WOMAN:
Jetzt bist 28 und topfit. Was machen Ballerinas, wenn sie mal 40 oder älter sind? Hast du einen Plan B?
Viktoria:
Ich habe oft gesagt, ich habe nur Plan A, denn gibt es einen Plan B, dann konzentriere ich mich nicht vollständig darauf Plan A zu verwirklichen! Bis jetzt hat das ganz gut geklappt. Ich hätte im Leben nie gedacht, dass ich mit einer Größe von 1.60m jemals Vollzeit als Ballettmodel arbeite und durch ganz Amerika reise. Deshalb habe ich keine Angst vor der Zukunft! Ich weiß, es wird sich wieder was ergeben!
WOMAN:
Welches ist dein nächstes großes Projekt?
Viktoria:
Vor Kurzem habe ich mich nun auch als freie Künstlerin in Österreich angemeldet. Ich möchte meine Karriere hier in Europa aufbauen. Einige Projekte laufen schon aber darüber möchte ich noch nicht so viel verraten. Außerdem möchte ich nach den vielen Jahren harter Arbeit wieder mehr Zeit mit der Familie verbringen. Ich bin gerade Tante geworden!
Auf Viktorias Website (www.viktoriamodel.com) oder auf ihrer Facebook-Page findest du weitere Fotos und Videos der Ballerina!
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