Mit 26 erkrankt Vlado Priborsky an Krebs. Drei Jahre später stirbt sein Sohn David kurz nach der Geburt. Vor zwei Jahren diagnostizieren Ärzte bei seinem Vater bösartige Tumore. Aus seiner Lebensgeschichte hat Priborsky nun einen bewegenden Spielfilm gedreht. Am 4. Juli läuft „Blockbuster“ in den heimischen Kinos an. Die Einnahmen kommen der Kinderkrebsforschung des St. Anna Kinderspitals zugute. Wir haben mit ihm ein sehr berührendes Interview geführt.
Mit festem Händedruck und scheuem Lächeln begrüßt uns Vlado Priborsky, 40, im Wiener Traditionscafé „Prückel“. Der gebürtige Tscheche – mit 12 Jahren kam er mit seinen Eltern nach Wien – ist alles andere als ein Medienprofi: Eigentlich arbeitet Priborsky nämlich als Sachbearbeiter, hat einen „normalen“ Bürojob. Die plötzliche öffentliche Aufmerksamkeit ist für ihn, so scheint’s, noch ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Der Vater eines Sohnes – Lucas ist 10, mit dessen Mama Nicole ist er seit 13 Jahren verheiratet – promotet gerade seinen Spielfilm „Blockbuster“. Ein 90-Minüter über sein bewegtes Leben. Mit lediglich 20.000 Euro Budget stellte Vlado die Produktion auf die Beine. Und erfüllte sich damit einen langgehegten Traum. Obwohl monetär mehr schlecht als recht aufgestellt, konnte Priborsky für sein Projekt das „Who is Who“ der heimischen Film- bzw. Schauspielszene gewinnen. Neben den brillanten Hauptdarstellern Wolfgang Rauh (spielt Priborsky) und Agnes Kammerer (als Ehefrau), glänzen Stars wie Harald Sicheritz, Manuel Rubey, Daniela Golpashin, Katharina Straßer, Thomas Stipsits oder Alexander Pschill. „Mein Traum war es, fünf Promis dabeizuhaben. Dass es dann im Endeffekt 20 wurden, ist unglaublich. Am Ende mussten wir neue Rollen ins Drehbuch schreiben damit wir überhaupt alle unterbringen.“ Eine schöne Geste: Zu Gunsten des Projekts verzichteten alle Schauspieler auf ihre Gage.

Wir baten Vlado Priborsky zum Interview. Und trafen einen bewundernswerten Mann, der uns vor allem eines lehrt: Demut. Und: Egal, wie aussichtslos manche Situationen erscheinen. Den Mut verlieren und resignieren? Bitte nicht.
Woman: Vlado, mit lediglich 20.000 Euro einen Spielfilm zu drehen ist sehr ambitioniert.
Priborsky (lacht): Ja, es ist wirklich ein ungewöhnlicher Weg des Filmemachens. Und es war sehr abenteuerlich! Aber da wir keine Filmförderung bekommen haben war klar, dass wir sparen müssen. Mit der Hilfe von verschiedenen Firmen, Privatpersonen, Freunden und der Familie ist dann diese Summe zusammengekommen.

Woman: Der Film ist autobiografisch. War es eine Form von Therapie für Sie, Ihre Geschichte auf diese Weise zu erzählen?
Priborsky: Wahrscheinlich schon. Auch, wenn ich mich ein bisschen von der Geschichte distanzieren musste. (Überlegt) Ich würde es ähnlich formulieren, wie es Wolfgang Rauh (Hauptdarsteller, Anm.) getan hat: Es ist nicht interessant, dass es mir passiert ist – sondern dass es eine Geschichte über einen Menschen ist, der immer wieder zu Boden geschlagen wird. Und das sehr schnell. Der aber trotzdem immer wieder aufsteht.
Woman: Kann man sich überhaupt distanzieren, wenn es die eigene Lebensgeschichte ist?
Priborsky: Nur bedingt. Beim Drehbuchschreiben war es hart. Da musste ich manchmal aufhören, weil ich diese Dinge nicht noch einmal aufschreiben konnte, die mir passiert sind.

Woman: Sie sind mit 26 Jahren an Krebs erkrankt …
Priborsky: (unterbricht): Ohne diese Erkrankung wäre dieses Projekt wohl nie entstanden. Weil der Krebs auch viel Gutes bewirkt hat. Bewusster zu leben und Träume, die man sich erfüllen will, nicht hinauszuzögern. Sondern sie gleich umzusetzen.
Woman: Wie lange waren Sie in Behandlung?
Priborsky: Ich hatte Hodenkrebs und blieb ein halbes Jahr im Krankenhaus. Es ging alles ganz schnell: Von heute auf morgen wurde der Tumor entdeckt, dann wurde ich operiert und dann kam schon die Chemo. In Behandlung bin ich immer noch, auch, wenn ich als geheilt gelte. Aber ich muss nach wie vor ein Mal im Jahr zur Kontrolle.
Woman: Wie präsent ist die Angst, dass der Krebs zurückkehrt?
Priborsky: Natürlich denkt man oft daran. Aber es wird besser – mittlerweile ist die Erkrankung ja bereits 14 Jahre her. Klar, je näher der Kontrolltermin rückt, umso intensiver wird das ganze.
Woman: Haben Sie je mit Ihrem Schicksal gehadert?
Priborsky: Natürlich stellt man sich viele Fragen. Aber auf die meisten findet man keine Antwort. Und man denkt durchaus auch daran, dass man sterben kann. Aber: Entweder man gibt sich auf oder man sagt sich: „Hallo, mit mir nicht!“ Es gibt nur eine Option. Ich habe letzteres getan. Den Mut habe ich nie verloren. Daran hat meine Frau auch großen Anteil: Sie ist jeden Tag nach der Arbeit ins Krankenhaus gefahren, ist bis Mitternacht geblieben und nur zum Schlafen nachhause gegangen. Sie war immer da.

Woman: Drei Jahre nachdem Sie geheilt waren, traf Sie beide das Schicksal nochmal mit voller Wucht: Ihr Sohn David starb kurz nach der Geburt.
Priborsky: Ich dachte, nach dem Krebs kann nichts mehr passieren, was mich erschüttert. Da hatte ich mich getäuscht. Wir waren ein halbes Jahr nicht ansprechbar. Wir haben kein Weihnachten und keine Geburtstage gefeiert. Am schlimmsten sind die „Es wird schon wieder“-Sprüche die da teilweise kommen. Ich weiß schon, dass es die Leute gut meinen. Aber das willst du in diesem Moment einfach nicht hören. Ich habe mein Kind, das fünf Tage alt war und zu früh auf die Welt gekommen ist, in den Armen gehalten, als es gestorben ist. Es gibt nichts Intensiveres. Kein Mensch kann wissen, wie das ist, wie sich das anfühlt. Eine Katastrophe.
Woman: Zwei Jahre später kam Ihr Sohn Lucas zur Welt.
Priborsky: Wir waren erst gar nicht sicher, ob wir überhaupt noch einmal ein Kind bekommen können. Aufgrund meiner Erkrankung war das ja nicht so einfach, wie es bei anderen Paaren ist. Aber es hat glücklicherweise geklappt.
Woman: Viele Partnerschaften zerbrechen an solchen Schicksalsschlägen. Bei Ihnen hat die Trauer offenbar verbindend gewirkt.
Priborsky: Absolut. Wir sind so nah zusammengerückt, wie lange davor nicht mehr.
Woman: Der Krebs kam wieder – allerdings nicht bei Ihnen, sondern bei Ihrem Vater.
Priborsky: Ja, bei uns wird es nicht fad. Ihn hat es mit Lungen- und Darmkrebs viel ärger erwischt, als mich. Für mich ist es schlimm zu sehen. Mein Vater ist leider auch kein Kämpfer. Obwohl er ja meine Geschichte kennt! Für ihn war es ein Schock, dass er überhaupt ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Er war nie krank.
Woman: „Warum ausgerechnet wir?“ – eine Frage, die Sie sich angesichts Ihrer Lebensgeschichte oft gestellt haben?
Priborsky: Natürlich stellt man sich diese Frage. Aber: Wenn man diese ganzen negativen Erlebnisse nicht hat, kann man doch auch nichts positives mehr erfahren? Beziehungsweise, weiß man positives vielleicht weniger zu schätzen? Ich kann es. Und ich hätte ohne all diese Erlebnisse nie meinen Traum verwirklichen und diesen Film drehen können. Ich habe meinen Weg immer angenommen. Und bin ihn gegangen. Egal, wie schwer er mitunter auch war.

Wer an das Filmprojekt Blockbuster spenden – und damit die St. Anna Kinderkrebsforschung unterstützen möchte, tut das hier:
Filmprojekt Blockbuster
IBAN: AT60 2011 1825 6443 2700
BIC: GIBAATWWXXX
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