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Eine Wienerin in New York: Am Ende der Welt

Nachdem uns Gastautorin Rebecca Vogels mehrere Wochen lang an ihrem vorübergehenden New Yorker Leben teilhaben ließ, ist sie inzwischen zurück in Wien. Was sie aus den USA mitgenommen hat, erzählt sie im letzten Teil ihrer Kolumne.

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Eine Wienerin in New York: Am Ende der Welt
© Vogels

Am letzten Tag meines New York Aufenthalts war ich am Ende der Welt. The End. So nennen, die Amerikaner Montauk, die südlichste Spitze von New York. Am Ende der Welt steht ein Leuchtturm, dessen 137 Stufen man hochkraxeln kann und von wo aus man einen wunderbaren Blick auf die Bucht und das Inland hat.

Kurz bevor ich auf den Leuchtturm geklettert war, der aussah als stammte er direkt aus einem Gemälde von Edward Hopper, hatte ich einen Baby-Hai gefunden. Der musste wohl letzte Nacht an den Strand gespült worden sein und nicht wieder zurück ins Wasser kam. Ich weiß nicht, ob es der Baby-Hai war, die Tatsache, dass ich am Ende der Welt war oder weil es der letzte Tag eines wunderbaren Trips war, aber der Gedanke an die Abreise machte mich etwas schwermütig.

In den letzten fünf Wochen war ich mitten in New York morgens von einem Hahn geweckt worden, hatte (zumindest virtuell) Axt-Werfen entdeckt, hatte abwechselnd FOMO und JOMO, war im ersten Gender-Free clothing store der Welt, hatte Stories von Fremden gelesen und mich ein bisschen mehr zuhause in New York gefühlt, hatte den Hot Dog-Verkäufer Mohammed kennengelernt, Ramen-Burger gegessen und Durian-Eis (zumindest probiert!). Ich hatte mit dem amerikanischen Coworking Unternehmen WeWork über die Entscheidung gesprochen, kein Fleisch mehr in ihren 406 Coworking-Locations zu servieren und mit Alex Blumberg von Gimlet Media, den ich zufällig in der U-Bahn getroffen habe, über Podcasts.

Hinein in den Alltagstrott

Immer wenn ich von einem Urlaub oder einer längeren Reise zurückkomme, habe ich das Gefühl, dass ich viel zu schnell wieder im Wiener Alltag ankomme. Viel zu schnell stehe ich immer wieder bei Billa in der Tiefkühltheke und frage mich, ob ich zwei Dr. Oetker Spinat-Pizzen im Sonderangebot nehmen soll oder nur die eine, die ich eigentlich kaufen wollte.

Aber weil ich nicht nur gerne reise, sondern auch ein Self-Improvement Junkie bin, wollte ich es dieses Mal besser machen. Und versuchen aus meinem kurzzeitigen New Yorker-Leben etwas für meinen Wiener Alltag mitzunehmen (abgesehen von meinem neuen Leuchtturm-Flaschenöffner aus Montauk).

Erlebnis im Vordergund

Eine Sache, die ich an Reisen wie diesen so liebe, ist, dass man auch selbst jemand anders ist. Reisen befreien einen von Gewohnheiten, Sesshaftigkeit und (sorry!) Faulheit. Im Urlaub oder auf Reisen steht das Erlebnis im Vordergrund (“Wir haben die Eisberge gesehen!”, “Wir waren am Grand Canyon”, “Wir haben uns verlaufen und haben zufällig die beste Pizzeria in der Stadt in einer kleinen Gasse entdeckt.”). Was nicht im Vordergrund steht? Netflix. Im Hotel oder Airbnb auf der Couch rumlungern. Solange überlegen, was man machen will, das man am Ende gar nichts macht.

Dieses erlebnisorientierte Leben, das auch die New Yorker auszeichnet, ist etwas, das ich mitnehmen will. Das und die Idee, meine Wohnung in Kürze in einen Urwald zu verwandeln. Die Idee hatte ich in meiner Wohnung in Brooklyn, einem Brownstone, der mit Palmen, die bis zur Decke reichten und Pflanzen, die von der Decke herunter hingen bevölkert war. Brownstone hin oder her, habe ich mir gedacht, eine Wiener Altbauwohnung tut’s vielleicht auch.

Back in Vienna

Inzwischen bin ich wieder in Wien angekommen. Das mit den Erlebnissen klappt bisher schon mal ganz gut. Seit ich wieder hier bin habe ich morgens um 5 Uhr Jetlag-bedingtes Omelett gemacht, mit einer Freundin stundenlang in einem Straßencafé gequatscht, Granita (Eissorbet aus Sizilien) probiert und bei der Wochenendplannung FOBO (Fear of better Options) gehabt. Die Wiedereingewöhnung klappt also ganz gut! Nur Palmen habe ich noch keine gefunden.

Mein Trip ist zu Ende. Eure Reisen und Urlaube vielleicht auch. Aber der Sommer hält an. Genießt ihn und macht das Beste draus!

Teil 1: Eine Wienerin in New York: Next Stop: Brooklyn!

Teil 2:Eine Wienerin in New York: Vom virtuellen Axt-Werfen

Teil 3: Eine Wienerin in New York: Co-Working mit Cold Brew

Teil 4: Eine Wienerin in New York: Baby, it's hot outside!

Teil 5: Eine Wienerin in New York: Eine Wienerin in New York: "What's your Story?"

Über die Autorin:

Rebecca Vogels ist Gründerin der Brand- und Kommunikationsagentur "All of the Above". Sie bringt Silicon Valley Strategien rund um Kommunikation und Branding zu Unternehmen in Europa. Für die Huffington Post schreibt sie eine Kolumne zum Thema “Women in Tech”. Sie ist Co-Founderin des Online-Magazins You Might Also Like. Rebecca Vogels wurde kürzlich vom California Diversity Council zu einer der Top 50 Most Powerful Women in Tech gewählt.