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Work-Life-Balance? Ein Profi erklärt, wie das geht!

Du liebst deinen Job? Arbeitest flexibel und auch mal von zuhause aus? Klingt cool, trotzdem solltest du darauf achten, die richtige Work-Life-Balance zu finden!

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Work Life Balance Tipps und Coaching

Du musst nicht immer und überall erreichbar sein!

© istockphoto.com

Vorm Schlafengehen noch mal die Firmen-Mails checken, eine To-Do-Liste für den nächsten Tag schreiben und auch im Urlaub erreichbar sein. Auch wenn der Job Spaß macht, für viele Menschen gibt es keine klare Trennung mehr zwischen beruflich und privat. Die Folge: Man ist überfordert, ohne es zu merken und schlittert im schlimmsten Fall in ein Burnout. Mag. Gabriele Fischereder ist Unternehmensberaterin und Diplom-Trainerin für Stressmanagement und Burnout-Prophylaxe. Im Talk mit WOMAN erklärt die Expertin, wie man die richtige Work-Life-Balance findet.

»Ich persönlich bin der Meinung, dass es in jedem Fall wichtig ist, sich auch ein gutes Stück Privatsphäre zu behalten.«

WOMAN: Irgendwie spricht heutzutage jeder von der „Work-Life-Balance“. War das vor 20 Jahren auch schon so ein großes Thema?
Mag. Gabriele Fischereder: Tatsächlich ist der Begriff ‚Work-Life-Balance‘ 1986 zum ersten Mal aufgetaucht. Richtig groß wurde das Thema dann erstmals gegen Ende der 90er-Jahre, als sich auch die Arbeitswelt immer mehr veränderte. Damals hatte es vor allem für gestresste Manager und Workaholics Relevanz, die bis in die späten Nachtstunden im Büro waren und soviel Zeit am Arbeitsplatz verbrachten, dass die Kollegen zu Freunden wurden bzw. jene aus dem privaten Umfeld ersetzten.

WOMAN: Hat sich das Verständnis von ‚Work-Life-Balance“ über all die Jahre geändert?
Fischereder: Jetzt geht es bei der jüngeren Generation eher darum Arbeit und private Interessen gut miteinander in Einklang zu bringen. Das schließt auch nicht aus, dass die Grenzen zwischen Büro und Zuhause verschwimmen und aus der strikten Trennung zwischen Arbeits- und Freizeit immer mehr ein ‚Work-Life-Blending‘ wird.

WOMAN: Bedeutet ein fließender Übergang zwischen Arbeit und Freizeit automatisch mehr Belastung?
Fischereder: Nein, jedenfalls nicht automatisch und für jeden gleichermaßen. Aus meiner Erfahrung heraus ist das (Anm.: ‚Work-Life-Blending‘ = Verschwimmen der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit) eine Frage der Persönlichkeit und vielleicht auch der Lebensphase. Viele Menschen empfinden es als Erleichterung, wenn sie nachmittags mit ihren Kindern Zeit verbringen und dafür dann abends noch ein paar Stunden am E-Mails abarbeiten. Anderen ist die strikte Trennung ganz wichtig, weil sie sich schwer tun in der Freizeit abzuschalten, wenn noch Aufgaben aus dem Job zu erledigen sind. Die Frage ist also in erster Linie: Wodurch finde ich am ehesten Ruhe und Entspannung?

WOMAN: Hilft es, wenn man eine Arbeit hat, die einem wirklich Spaß macht?
Fischereder: Es ist natürlich immer von Vorteil, wenn man die Arbeit nicht als Arbeit spürt, sondern sie Freude bereitet, Sinn macht, man dadurch auch gern an den Arbeitsplatz geht und sich wohlfühlt. Das trägt wesentlich zu unserer Gesundheit bei! Allerdings sollten wir unserem Körper und Geist auch einen Ausgleich verschaffen, in dem wir in der Freizeit anderweitig aktiv werden. Überzogen formuliert: Wem die Arbeit so sehr Spaß macht, dass er nichts anderes mehr tun will, der spürt möglicherweise auch nicht rechtzeitig, wenn es zu viel wird oder sein restliches Lebensumfeld zu kurz kommt.

Übungen fürs Büro

WOMAN: Auch wenn es Spaß macht, wie wichtig ist es, dass man Berufliches und Privates trennt?
Fischereder: Ich persönlich bin der Meinung, dass es in jedem Fall wichtig ist, sich auch ein gutes Stück Privatsphäre zu behalten. Einen Teil meines Lebens, in dem mein Arbeitgeber keine Rolle spielt. Das kann für Zeiten, in denen es schwierig ist im Job, man mit hartnäckigen Problemen oder Konflikten am Arbeitsplatz kämpft, sehr heilsam sein. Eine Art neutrale Zone, in der ich nicht Kollegin oder Mitarbeiterin bin, sondern nur die Person, für die mich meine Freunde und Familie lieben. In der ich Ablenkung vom Arbeitsstress finde und mich gut aufgehoben fühle.

WOMAN: Wie schafft man es die persönliche Work-Life-Balance zu finden?
Fischereder: Wichtig sind zwei Dinge: Einerseits braucht es Selbstdisziplin und ein gutes Gespür für die eigenen Grenzen, wenn ich mich auch nach Feierabend oder zu Hause mit Arbeitsthemen beschäftige. Wer sich da nicht selbst „gut im Griff“ hat, läuft Gefahr, dass Phasen der Erholung und Entspannung ernsthaft zu kurz kommen. Und zweitens ist es ganz wichtig, sich nicht nur alleine über die Arbeit zu definieren. Es braucht also immer auch Gegenpole, andere Themen und einen Kontrast zu dem, was ich im Job tue, damit ich gesund und glücklich bleibe.

WOMAN: In Frankreich gibt es ein neues Gesetz, dass der Arbeitgeber Mitarbeiter nicht außerhalb der Arbeitszeit kontaktieren darf. Was halten Sie davon?
Fischereder: Ich finde diese Regelung sehr gut, weil ich weiß, dass die Erreichbarkeit nach Dienstschluss, am Wochenende oder im Urlaub in manchen Firmen ausufert bzw. sich Mitarbeiter dadurch mitunter auch stark belastet fühlen. Klar: Es gibt Berufe mit echten Notfällen, die auch nach Feierabend behandelt werden müssen. Viele Themen, die in der Freizeit angefragt werden, könnten wohl aber auf den nächsten Arbeitstag warten. Besonders pflichtbewussten Mitarbeitern, die sonst nie richtig in den Entspannungsmodus kommen würden, kommt eine Regelung wie in Frankreich also bestimmt zu gute.

Immer erreichbar?

WOMAN: Was halten Sie von beruflichen Mails am privaten Handy?
Fischereder: Auch hier stellt sich wieder die Frage: Wie geht es mir, wenn auch kurz vor dem Einschlafen noch berufliche E-Mails am Display aufpoppen? All jenen, die das als belastend empfinden, rate ich, den Firmenaccount ab einer gewissen Uhrzeit abzuschalten oder mit dem Arbeitgeber zu besprechen, dass man für die beruflichen Themen ein eigenes Handy benutzen möchte, um ein gutes Abgrenzen und Abschalten zu ermöglichen. Fakt ist ja auch, dass jeder von uns Erholung und Regeneration abseits der Arbeit braucht, um am nächsten Tag wieder mit Energie und einem frischen Geist an den Schreibtisch zurückzukehren. Das trägt wesentlich zu Leistungsfähigkeit und Produktivität bei und ist damit auch im Sinne des Arbeitgebers.

WOMAN: Du selbst bist Trainerin für Stressmanagement und Burnout-Prävention. Was lernt man in so einem Training zum Beispiel?
Fischereder: Vor allem lernt man dabei einen Blick und ein Gespür dafür zu bekommen: Wie gut bin ich in meinem Leben gerade aufgestellt? Was sind Stressoren und Belastungsfaktoren? Wo hole ich mir Entspannung, durch welche Dinge in meinem Leben bekomme ich Freude und tanke ich Kraft? Kann ich mich gut distanzieren oder verfolgen mich schwierige Projekte bis in den Schlaf und falls ja: Wie kann ich lernen nach Feierabend abzuschalten, um mich langfristig vor Überlastung und Burnout zu schützen?

Die Nachfrage für solche Trainings steigt immer mehr, weil auch das Bewusstsein dafür stärker wird. Nur gesunde und ausgeglichene Mitarbeiter können einen guten Job machen. Wir bilden in einem neuen Intensiv-Lehrgang „Work-Life-Balance-TrainerInnen“ aus. Diese können dann in Firmen, bei Bildungsinstituten oder auch in offenen Settings Menschen auf der Suche nach ihrer persönlichen Lebens-Balance begleiten.

Gabriele Fischereder
Mag. Gabriele Fischereder, Lehrgangsleiterin TrainerInnen-Lehrgang für Work-Life-Balance mit dem Schwerpunkt Burnoutprävention und Stressmanagement

Alle Infos zur TrainerInnen-Ausbildung gibt’s hier: b2bz.at/kurse/trainer-ausbildung

Thema: Karriere
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