Sally Rooney ist für ihre präzisen literarischen Beobachtungen moderner Beziehungen und sozialer Dynamiken bekannt. Trotz ihres großen Erfolgs gilt sie als medien- und öffentlichkeitsscheu.
©Verlag FF/ Kalpesh LathigraSie gilt als große literarische Stimme der Millennials. Im Herbst 2024 meldete sich die irische Bestsellerautorin Sally Rooney mit ihrem vierten Roman zurück. Gewohnt einfühlsam geht sie in "Intermezzo" der komplexen Beziehung zweier ungleicher Brüder auf den Grund. Zutiefst bewegend!
Das lange Warten für Fans von Sally Rooney hatte im Herbst endlich ein Ende: Am 24. September erschien mit "Intermezzo" der vierte Roman der irischen Bestsellerautorin. Die 33-Jährige begibt sich darin auf bekanntes Terrain: komplizierte Beziehungen zwischen jungen Menschen. Dieses Mal steht jene zweier Brüder, Peter und Ivan Koubek, im Fokus, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Peter ist ein erfolgreicher Anwalt in Dublin, Ivan ein introvertierter, sozial unbeholfener Schachspieler. Der Tod ihres Vaters zwingt sie schließlich dazu, sich mit ihrer gemeinsamen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Beide sind zudem in vielschichtige Liebesbeziehungen verstrickt: Während Peter Schwierigkeiten hat, seine Gefühle zu zwei Frauen zu verstehen – seiner ersten Liebe Sylvia und der jungen Studentin Naomi –, lässt sich Ivan auf eine intensive Beziehung mit der älteren Margaret ein.
Feinsinnig
In typischer Manier skizziert Rooney die tiefen inneren Konflikte ihrer Figuren auch in "Intermezzo" präzise, einfühlsam, nahbar und in klarer Sprache. Zentrale Motive sind – wie schon in ihren anderen Romanen – die Themen Verlust, Liebe und Suche nach Identität und Sinn. Diesmal gräbt die Autorin aber noch eine Schicht tiefer und untersucht die Art und Weise, wie Trauer Menschen verändert und dazu bringt, sich ihren Ängsten und Wünschen zu stellen.
Die Charaktere und ihre Beziehungen in "Intermezzo" sind "ein wichtiger Teil meines Lebens" geworden, sagte Rooney in einem Statement zu ihrem neuen Werk. "Ich hoffe, dass ich ihnen beim Schreiben des Buches einigermaßen gerecht geworden bin und dass sie auch einen Platz im Leben der Leser:innen finden."
Schon seit Monaten fieberte die Literaturwelt der Veröffentlichung von "Intermezzo" entgegen. Mit gutem Grund: Rooneys vorherige Romane haben sich millionenfach verkauft und wurden in über 40 Sprachen übersetzt. "Conversations with Friends" (2017) und "Normal People" (2018) wurden zu erfolgreichen Fernsehserien adaptiert. Ihr letzter Roman, "Beautiful World, Where Are You" (2021), verkaufte sich in den ersten fünf Tagen nach der Veröffentlichung allein in Großbritannien über 40.000 Mal.
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Der Tod des Vaters reißt bei den Brüdern Peter und Ivan alte Wunden aufs Neue auf. Sally Rooney, "Intermezzo", Claasen, € 24,–.
© Verlag FFZeitgeist
Die Figuren in Rooneys Romanen sind dabei keine Held:innen im klassischen Sinne. Vielmehr handelt es sich um junge Menschen, die durch eine unsichere Welt navigieren. Ihrer Alterskohorte, den Millennials, scheint sie damit aus den Herzen zu sprechen: Unter anderen von der New York Times wurde sie als "Stimme ihrer Generation" bezeichnet. 2022 wurde sie vom Time Magazine zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt gezählt. Trotz ihrer globalen Bekanntheit verzichtet Rooney, die sich selbst als Marxistin bezeichnet und noch immer in ihrem Geburtsland Irland lebt, auf die Nutzung sozialer Medien.
Kritische Stimmen gegen die Autorin wurden 2021 laut. Aufgrund ihrer Haltung zum israelisch-palästinensischen Konflikt wollte sie "Beautiful World, Where Are You" nicht mehr vom bisherigen Verlagspartner in Israel ins Hebräische übersetzen lassen. Im Gespräch mit der palästinensischen Autorin Isabella Hammad schrieb Rooney im Dezember 2023 im The Observer, dass sie die jüngsten Ereignisse in Gaza "nicht verstehen" könne. "Nichts kann dem einen Sinn geben. Alles in mir rebelliert gegen das, was ich sehe."