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Sportler, Akademiker, Minister: Der neue Arbeitsminister Martin Kocher im privaten Porträt

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Sportler, Akademiker, Minister: Der neue Arbeitsminister Martin Kocher im privaten Porträt

Martin Kocher

©News Ricardo Herrgott
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Wirtschaftsexperte Martin Kocher, 47, folgt der abgetretenen Christine Aschbacher nach. Wie tickt der Mann, der in der größten Gesundheits- und Jobkrise den Arbeitsmarkt retten soll? Das große Porträt.

Es ist keine leichte Aufgabe, die der Neominister und bisherige IHS-Chef Martin Kocher da angeht. Die bisherige Arbeitsministerin Christine Aschbacher musste nach Plagiatsvorwürfen abrupt ihren Rücktritt erklären. Nur zwei Tage später wird Kocher von Bundespräsident Alexander Van der Bellen als neuer Arbeitsminister angelobt. Er führt damit – auf einem ÖVP-Ticket, aber mit Betonung parteilos zu sein – das Schlüsselressort schlechthin, denkt man an den Wiederaufbau nach der Corona-Krise.

Der 47-Jährige scheint Herausforderung durchaus zu suchen: "Es ist eine schwere Aufgabe, das mag er, wie beim Sport", so Vater Edi Kocher gegenüber den Salzburger Nachrichten. Von einem Gang in die Politik sei allerdings vorher nie wirklich die Rede gewesen, so Kocher senior. Das scheint auch der Lebenslauf Martin Kochers zu bestätigen.

Martin Kocher bei seiner Angelobung

Aber von vorne: Martin Kocher wurde am 13. September 1973 in Salzburg geboren und wuchs im Pongau auf. Kocher ist begeisterter Sportler und stand als Sohn zweier SkilehrerInnen schon mit drei Jahren auf zwei Brettern, liebt bis heute das Skifahren, Wandern und Langlaufen.

"Blitzgescheit und in sich ruhend!"

In Innsbruck studierte der neue Arbeitsminister Volkswirtschaftslehre. Während des Studiums lernte er auch seine Frau Natalie kennen, mit der er seit 2003 verheiratet ist und derzeit eine Fernbeziehung zwischen Wien und München führt. Sie ist beim Lastwagen-Konzern MAN Vizepräsidentin für den technischen Einkauf, führt ein Team aus 50 Personen. Ein Foto der beiden soll aber in Sehweite auf seinem Minister-Schreibtisch stehen.

Ehefrau Natalie Kocher sagte übrigens, so Claudia Stöckl auf Ö3, dass sie sich in ihren Mann verliebte, weil er "blitzgescheit und in sich ruhend" sei. Er wiederum bezeichnet sich als "manchmal wie ein Wirbelwind" – zugegeben: nicht die schlechtesten Voraussetzungen für einen Bundesminister.

Martin Kocher: Steile Karriere in der Wissenschaftswelt

Die Karrieren stellten sowohl Martin als auch Natalie Kocher immer in den Vordergrund. Kinder hätten sich so nie ergeben: "Das gestaltet sich bei unserem wissenschaftlichen Nomadentum auch schwierig", so Kocher noch im April 2020 im Interview mit Claudia Stöckl im "Frühstück bei mir".

So folgten nach Innsbruck Ortswechsel und verschiedene Professuren in Amsterdam, Norwich, München, Göteborg, Brisbane und schlussendlich Wien, wo Martin Kocher im Jahr 2016 die Leitung des IHS, dem Institut für Höhere Studien, übernahm. Heute gilt der Verhaltensökonom als einer der aktivsten Forscher auf dem Gebiet der experimentellen Wirtschaftsforschung in Deutschland.

Seit 2017 unterrichtete Kocher außerdem an der Universität Wien, seit Juni 2020 ist er zudem Präsident des Fiskalrates. Die Bestellung zum neuen Arbeitsminister? Nur ein weiterer Schritt in seiner steilen Karriere. Die extremen Herausforderungen angesichts der Corona-Krise sind Kocher klar. Ihm sei es jedoch wichtig, gerade jetzt Verantwortung zu übernehmen, betonte der Salzburger. Deswegen habe er nach der Anfrage, ob er Arbeitsminister werden wolle, nicht lange überlegt, wie Kocher im Ö1-Morgenjournal verriet.

Was sich der politische Quereinsteiger sonst noch für sein neues Amt vorgenommen hat? Er wolle sich dafür einsetzen, "dass wir die Arbeitsmarktfolgen so gut es geht abschwächen und wieder Beschäftigung schaffen nach der Pandemie", so Kocher weiter. Auch das geplante Homeoffice-Gesetz wolle er "priorisieren". Auf die Frage nach der Kurzarbeit sagte Kocher in der ZiB2, er strebe langfristig "Vollbeschäftigung" an, das sei das Ziel jedes Arbeitsministers.

Martin Kocher als politischer Mensch - eine Einschätzung

Im engeren Sinn weiß die Öffentlichkeit aber noch gar nicht, wie Martin Kocher als politischer Mensch tickt. Aufgrund seiner früheren Medienauftritte würde ihn Politikexperte Peter Filzmaier "spontan als bürgerlich-liberal" einschätzen: "Was die Sachpolitik betrifft, kennen wir in großen Teilen inhaltliche Meinungen Kochers, die nun nicht in die Kompetenz seines Ministerium fallen, wie zum Beispiel hinsichtlich der Schuldenpolitik des Staates. Er hat als Wissenschaftler auch klare Meinungen zu Budget, Steuern oder Pensionssystem – hier sieht er sicher mehr Einsparungsnotwendigkeiten als die Regierung – geäußert. Nur soll er jetzt dem Finanz- oder Sozialminister deren Arbeit erklären?"

Wohl kaum. "Kochers Meinung im Bereich Arbeit kennen wir erst zu Einzelaspekten. Er ist etwa der Regierungslinie entsprechend ein Skeptiker der 'Aktion 20.000' als Beschäftigungsprogramm -, doch es wird spannend, wo er im eigenen Zuständigkeitsbereich in Zukunft politische Standpunkte einnimmt, die auch in Widerspruch zur Regierung oder ÖVP stehen.

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© privat

Ausgleich zum stressigen Arbeitsalltag findet Martin Kocher bis heute im Sport. Sport und Bewegung in den Bergen seien Fixpunkte bei jedem Heimatbesuch, sagte Martin Kocher kürzlich in einem SN-Porträt. Eine sportliche Ader habe er immer gehabt, auch Ehrgeiz, so Mutter Elfriede ebenfalls gegenüber den Salzburger Nachrichten. Derzeit bleibe aber ohnehin nur Zeit fürs Laufen, dass er sonntags auch gerne mal drei bis vier Stunden betreibt, wie der begeisterte Marathonläufer in der Ö3-Show "Frühstück bei mir" verrät. Wir prophezeien: Der nächste ausgedehnte Wander-Urlaub wird wohl noch warten müssen...

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