Mein Freund und ich sind seit rund fünf Jahren ein Paar - und unter Tags ist unsere Beziehung ziemlich perfekt. Wir lachen über dieselben Dinge (die verschwenderische Verwendung von Emojis in den SMS meiner Mutter, dumme Sportreporter-Fragen, Der Bachelor), ärgern uns über denselben Kram (den Preis von Bio-Karotten, dumme Sportreporter-Fragen, Falschparker) und unternehmen im allgemeinen auch gerne dieselben Sachen (Sport, Lesen, Thai-Food, die Suche nach David Bowie-Schallplatten). Kurzum: Tagsüber sind wir völlig kompatibel.
Aber in der Nacht treten Risse auf. Denn wenn es um unsere Schlafgewohnheiten geht, dann sind mein Freund und ich so unterschiedlich wie ... nun ja. Wie Tag und Nacht.
Es ist, als würden wir zwei Zeitzonen bewohnen. Meine ideale Schlafenszeit ist zwischen 22 und 23 Uhr (ja, ich bin nicht mehr Anfang 20, schon gut ;-)!) – seine um gut zwei Stunden später. Ich springe dafür bereits um 6 Uhr aus den Federn – er würde gerne noch bis 9 Uhr weitermümmeln.
Frühaufsteher und Morgenmuffel: Ein Beziehungsproblem?
Morgenmuffel und Frühaufsteher. Das geht nicht immer gut zusammen. Ich schaffe es ab einer gewissen Uhrzeit nicht einmal mehr, mich auf einen Film zu konzentrieren. Doch morgens, wenn ich vor Elan berste, kriege ich das Schlaftier einfach nicht aus dem Bett.
Bereits in den 70er Jahren begannen Biologen und Psychologen, den Unterschied zwischen Frühaufstehern und Nachtschwärmern zu untersuchen. 1976 entwickelten die Forscher James Horne und Olov Östberg diesen 19 Fragen langen Selbsttest, mit dem man sehr genau herausfinden kann, welchen zirkadianischen Rhythmus man tatsächlich hat.
Und auch neuere Forschungen auf diesem Gebiet haben ergeben: Jeder Mensch hat eine ganz individuelle innere Uhr, die stark von jener Anderer variieren kann. Dr. Till Roenneberg, Professor für Chronobiologie an der Ludwig-Maximilian-Universität in München und einer der führenden Experte auf dem Gebiet der Schlafforschung, erzählte dem britischen Telegraph: "In jedem von uns tickt eine biologische Uhr, die ganz individuelle Timings produziert. Da die Menschen weniger in der freien Natur bei Tageslicht arbeiten, sondern in Büros mit künstlichem Licht verbringen, haben sich die Signale, die wir von unserer inneren Uhr erhalten, natürlich drastisch verändert."

Warum Männer und Frauen unterschiedliche Schlafgewohnheiten haben
Laut Roenneberg bestimmen nicht nur unsere Gene, sondern auch unser Alter und Geschlecht unsere Schlafgewohnheiten. Frauen neigen laut dem Forscher eher dazu, früher ins Bett zu gehen – Männer schlafen im Schnitt zwei Stunden später ein. Probleme ergeben sich daraus freilich erst, wenn es erhebliche Diskrepanzen zwischen den Schlafmustern gibt – und diese den Zeitplan, den unsere Leben von uns verlangen, stören. "Es macht mich irre wütend, wenn mein Freund bis 1 Uhr nachts im Wohnzimmer rumwurstelt, obwohl er weiß, dass wir in der nächsten Früh zum Spinning-Training wollen. Er kommt dann wieder nicht auf – und wir zu spät zur Klasse," jammert etwa eine Freundin über die Schlafgewohnheiten in ihrer Beziehung. "Social Jetlag" nennt Roenneberg den Unterschied zwischen unserem sozialen Timings und unserer inneren Uhr. "Das ist kein gravierendes Problem – kann aber eines werden, wenn einer der Partner das Gefühl hat, durch die Schlafgewohnheiten seines Partners andere Dinge zu versäumen."
Auch in Sachen Sex kann es problematisch werden: Ist der eine Partner um 9 Uhr abends schon streichfähig, der Andere aber getrieben von Leidenschaft, dann wird Erotik irgendwann zum Frusterlebnis – und zwar für Beide.
Kann man die innere Uhr neu programmieren? Nein, meint Schlafforscher Roennberg. Aber man kann zumindest teilweise die Schlafgewohnheiten so synchronisieren, dass sie nich zum Beziehungsproblem werden.
So werden Schlafgewohnheiten nicht zum Beziehungsproblem
Nicht kämpfen, sondern tolerieren.Der erste Schritt: Akzeptanz. Wenn dein Partner einfach ein Nachtschwärmer ist, dann solltest du nicht versuchen, ihn zu dir ins Bett zu zwingen. Oder umgekehrt – ihn noch drei Stunden künstlich wach zu halten. Dr. Roenneberg zum Telegraph: "Man betrachtet die Stunden, die man durch die unterschiedlichen Morgen- und Nacht-Rhythmen gewinnt, besser als Qualitätszeit, die man nur für sich hat."
Sex nach Plan.Das hört sich zwar furchtbar unromantisch an, aber wenn der Schlafbedarf euer Liebesleben torpediert, dann solltet ihr Sex-Dates für bestimmte Zeiten vereinbaren. Samstag Vormittag seid ihr beide munter, fit und in Laune? Dann wird das ab jetzt euer erotischer Termin (und natürlich noch andere Zeiten).
Haltet den Partner nicht wach.Stellt euren Kindle oder das iPad auf "Minimal Beleuchtung", wenn ihr im Bett noch lest, der Partner aber schon mützeln will. Benutzt zwei Wecker, jeder auf eurer Seite des Betts. So wird der andere nur kurz wach und muss nicht aufspringen, um die Alarm-Klingel auszuknipsen. Investiert in eine gute Matratze, damit eure nachtaktiven Bewegungen den Liebsten nicht wecken.
Getrennte Betten.Dagmar Koller meinte einst über das Liebesgeheimnis mit ihrem Gatten, dem Ex-Bürgermeister Helmut Zilk: "Wir schlafen in getrennten Zimmern." Sollten eure Schlafgewohnheiten wirklich extrem auseinander liegen, dann ist das vermutlich eine Lösung.
Verbringt die Wochenenden an der frischen Luft.Man kann den Schlaf-Wach-Rhythmus zumindest ein wenig angleichen, wenn man gemeinsam viel Zeit bei Tageslicht verbringt. Forscher gehen davon aus, dass man damit die Differenz auf unter zwei Stunden senken kann. Und jede gewonnene Minute wäre ja schon was ... ;-)
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