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Richtig kündigen: Trennungskultur, Timing und Kommunikation

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Aktualisiert
Lesezeit
8 min
©Alice Sowa / Studio Fritti

Trennung im Guten? Ja, das geht, wenn sich Vorgesetzte und Mitarbeiter:innen an gewisse Regeln halten. Wie man richtig kündigt, erfahren Sie hier …

Die Terminkalender sind plötzlich leer, keine dringenden Anrufe mehr, und die Event-Einladungen bleiben auch aus – die Erkenntnis, dass man nicht als Person, sondern oft nur als Position wahrgenommen wurde, ist schmerzhaft“, kennt Karriereberaterin Michaela Buttazzoni die Sorgen jener, die gerade ihren Job verloren oder auch bewusst beendet haben. „Dazu kommen finanzielle Ängste.“ Eine Kündigung klingt nach Scheitern – nach Unsicherheit, Kontrollverlust.

Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Sie kann der Anfang eines Kapitels sein, das man nie geschrieben hätte, wäre alles beim Alten geblieben. Niemand geht leichtfertig, und niemand wird gerne entlassen. Aber wenn die Zusammenarbeit nicht mehr funktioniert, ist eine Trennung oft für beide Seiten die bessere Lösung. Der Mut zur Veränderung ist der erste Schritt zu beruflicher Klarheit. Die Karten werden neu gemischt: Fähigkeiten, Werte, Wünsche. Wer sie bewusst sortiert, kann die Krise in Richtung Chance drehen. Michaela Buttazzoni versteht sich als „Lebensabschnittsbegleiterin“ – jemand, der in genau solchen Umbruchphasen Halt gibt. „Gute Trennungsarbeit kann Würde, Perspektive und Nachhaltigkeit zurückgeben“, weiß sie aus ihrer Praxis. In ihren Coachings spricht sie offen an, was viele insgeheim wissen: „Ich sage oft zu meinen Klient:innen: ‚Man hat Ihnen doch die Entscheidung abgenommen, wenn Sie ganz ehrlich zu sich sind, oder?‘ Und meist nicken sie dann.“

Eine Kündigung reißt Routinen auf – und das tut weh: „Wir Menschen wollen etwas tun, gebraucht werden, dazugehören. Von einem Tag auf den anderen keine Aufgabe, keinen Status und keine finanzielle Sicherheit mehr zu haben, ist ein Schock. Aber: Gleichzeitig schafft der Jobverlust Raum für Neuorientierung.“

Dann beginnt die eigentliche Arbeit: Selbstreflexion. Was kann ich? Was will ich? Welche Ausbildung könnte mich weiterbringen? Welche Werte und Rollen passen zu mir – und wo kann ich mit meinen Kompetenzen und meiner Persönlichkeit echten Mehrwert schaffen? Ist vielleicht sogar Selbstständigkeit eine Option? Aber fangen wir von vorn an …

Der perfekte Zeitpunkt

Viele Menschen spüren, dass sie im Job unzufrieden sind, wissen aber nicht, wann und wie sie den Schritt machen sollen. Woran erkennt man, dass es wirklich Zeit ist, zu gehen? HR-Profi Buttazzoni fasst die typischen Signale zusammen: „Dauerhafte Erschöpfung, Sinnverlust, fehlende Entwicklungschancen, Werte-Konflikte oder gesundheitliche Symptome. Der richtige Zeitpunkt ist oft dann erreicht, wenn die Kosten fürs Bleiben höher sind als die Unsicherheit beim Gehen.“ Wer finanzielle Reserven hat, einen klaren Plan und Alternativen im Blick, reduziert das Risiko – und gewinnt Entscheidungsfreiheit zurück.

Nicht immer liegt die Entscheidung jedoch bei einem selbst. Personalabbau zählt zu den schwierigsten Aufgaben in Unternehmen. Für Führungskräfte, die Kündigungsgespräche führen müssen, gilt: niemals vor Feiertagen, Wochenenden oder vor Weihnachten.

Die richtige Kommunikation

Das persönliche (!) Gespräch sollte in einem eigenen Raum, ungestört und idealerweise zu zweit (Führungskraft und HR) stattfinden. Buttazzoni betont: „Kurz, klar, respektvoll – zum Beispiel: ‚Ich habe leider eine schwierige Nachricht.‘ Dann die Fakten nennen, keine Ausflüchte. Zeit für Emotionen lassen, aktiv zuhören und Unterstützung anbieten – etwa aus der Personalabteilung oder dem Betriebsrat. Danach die konkreten nächsten Schritte erklären: Fristen, Übergabe, Abfindung. Niemals mit Small Talk beginnen, genauso fehl am Platz sind Schuldzuweisungen, Rechtfertigungen, Verharmlosungen oder Ironie.“

Das gilt übrigens auch für Mitarbeitende, die gehen wollen. Hier heißt es: wertschätzend und dankbar kommunizieren, die Übergabe sorgfältig planen und Nachfolger:innen unterstützen. Keine negativen Posts oder Abschiedsdramen. „Emotionen sind verständlich, ich rate aber in jedem Fall zur professionellen Selbstkontrolle“, so Buttazzoni. „Alles andere kann langfristig Karrierechancen zerstören.“ Deshalb keinesfalls: „Während der Kündigungsfrist absichtlich schlecht arbeiten, Kundenbeziehungen ohne Absprache verlassen, Geheimhaltungspflichten verletzen.“

Erfolgsfaktor: Trennungskultur

Heutzutage reicht es schon lange nicht mehr, „rechtlich korrekt“ zu sein. Buttazzoni sieht ein „verantwortungsbewusstes Trennungsmanagement“ und den respektvollen Umgang mit neuen, bestehenden und auch scheidenden Mitarbeiter:innen als „fundamentalen Erfolgsfaktor“. Viele internationale Konzerne haben das bereits erkannt: Dort ist „New Placement“ – also die Begleitung durch externe Berater:innen während und nach der Kündigung – fester Bestandteil des HR-Prozesses.

Die Benefits für den Arbeitgeber: „Eine geregelte Trennungskultur wirkt sich immer positiv aus und zahlt ins Employer Branding ein. Verbleibende Mitarbeiter:innen erleben die Firma als fair, vor allem bei größerem Personalabbau. Gleichzeitig werden teure Rechtsstreitigkeiten vermieden. Und: Die Kosten können abgesetzt werden.“

Das sollten Sie (nicht) tun

Die Jobsuche ist als Projekt zu sehen – mit einem klaren Plan und Ziel. „Viele wollen sofort den Lebenslauf aktualisieren“, so Buttazzoni. „Aber bevor man losrennt, sollte man wissen, wohin. Hier gilt es, Tempo rauszunehmen und Struktur reinzubringen.“ Im Rahmen ihres New-Placement-Programms hilft sie Klient:innen, die eigene Marke neu zu definieren – inklusive Interview- und Gehaltscoaching sowie Netzwerkstrategien. Denn: Rund zwei Drittel aller Jobs entstehen über Kontakte. Aber Vorsicht: Die Expertin warnt davor, in Aktionismus zu verfallen und wild andere anzusprechen oder impulsiv und ohne Plan in den sozialen Netzwerken zu posten. „Keine überschnellen Entscheidungen treffen, wenn man noch in der Schock- oder Panikphase ist.“ Besser erst mal in die Reflexion gehen: Was kann ich? Was will ich? Was passt zu mir?

Während der Neuorientierung hilft es, gewohnte Routinen beizubehalten: „Aufstehen, anziehen, Aufgaben einplanen – die Jobsuche ist ein Vollzeitjob. Struktur gibt Halt.“ Außerdem empfiehlt Buttazzoni, einen ehrlichen Blick auf die eigenen Finanzen zu werfen und die eigenen Dokumente zu checken: Arbeitszeugnis, Verträge, Referenzen sichern, Lebenslauf und LinkedIn-Profil updaten. Danach erst das Umfeld aktivieren.

Und was rät der Profi jenen, die Angst davor haben, länger ohne Job zu sein? „Ausdauer und Resilienz sind gefragt. Vor allem in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage. Je älter man ist, je länger man bei ein und demselben Unternehmen war und je mehr man verdient hat, umso länger dauert die Suche.“ Trotzdem sollte man nicht das erstbeste Angebot annehmen, stattdessen lieber Ausbildungen machen, um am letzten Stand zu sein: „Fortbildungen füllen die Lücke der Arbeitslosenzeit und werden gerne im CV gesehen.“ Noch ein Tipp: die eigene Sichtbarkeit erhöhen – auf LinkedIn, bei Branchenevents, mit Freelance-Projekten. Beziehungen aufbauen und pflegen. Kleine Erfolge geben Selbstvertrauen – und das braucht man auf dem Weg zum neuen Job am dringendsten.

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