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Mein größter Flop

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Aus dem Leben einer Ex-Society-Journalistin

In einem sehr viel früheren Leben verdiente ich sehr wenig Geld damit, für ein bekanntes Österreichisches Wochenmagazin möglichst spektakuläre Enthüllungs-Storys zu schreiben. Dass ich mich in diesem Ressort eine Zeitlang über Wasser halten konnte und nicht auf der Stelle unterging, verdankte ich dem damaligen Ressortleiter und seinem nicht minder großartigen Team.

Zwei Interviews mit Harald Juhnke

Heute weiß ich: ich war für diese Art der Medienberichterstattung in hohem Maße untalentiert. Ein wenig konnte ich diese Minder-Begabung durch Fleiß und Engagement ausgleichen, aber ich möchte hier wirklich nichts beschönigen.

Manchmal musste ich undankbare Aufgaben übernehmen, um die sich sonst niemand riss. Und zur Rettung meiner letzten Ehre sei erwähnt, dass ich nicht immer total versagte: ich kam zum Beispiel mit zwei durchaus brauchbaren Harald Juhnke-Interviews zurück – einmal vom Wörthersee, einmal aus der Karibik (es wurden damals weder Kosten noch Mühen gescheut).

Ich schmuggelte mich ins Dungl-Ressort ein

Keine gute Geschichte konnte ich aus Gars am Kamp liefern. Dort, so wurde gemunkelt, logierte angeblich Tennis-As Steffi Graf, um sich vom „Gesundheitspapst“ Willi Dungl die lädierte Patellasehne im Knie richten zu lassen.

Der Plan des Magazin-Chefs: ich sollte mich im Dungl-Ressort einquartieren, um dem Weltstar beim Frühstück, an der Rezeption oder im Wellness-Bereich aufzulauern. Vielleicht könnte ich ihr ja ein paar Worte entlocken, so von Freundin zu Freundin. Klar war aber schon auch: der Boss wollte „a G’schicht“ und kein „Schulaufsatzerl“, wie er meine Artikel gerne nannte.

Mit Steffi Graf in der Sauna?

Möglicherweise wehrte sich etwas in den Tiefen meines Unterbewusstseins heftig gegen eine Schlagzeile wie „Ich war mit Steffi Graf in der Sauna“; jedenfalls bekam ich die Tenniskönigin während meines zweitägigen Aufenthalts im Dungl-Camp nie zu Gesicht. Natürlich bat ich das Personal um dienliche Auskünfte, doch es erwies sich als unbestechlich diskret. Schließlich vertraute mir der Portier an: „Frau Graf verlässt das Zimmer derzeit nicht.“ Und nach langem Bohren meinerseits nannte er mir den Grund dafür: eine heftige Magen-Darm-Grippe.

Mit dieser Info kam ich schließlich zurück in die Redaktionssitzung. Blöd, in ein paar Stunden ging die Ausgabe in Druck. Und wir hatten – nichts. Eine heute sehr bekannte Radio-Moderatorin erbarmte sich meiner, sodass gegen Mitternacht ein halbwegs brauchbarer Artikel über das kaputte Knie von Steffi Graf fertig war – freilich ohne O-Ton.

Ganz schön reingefallen

Zum Glück schrieben wir nichts von einem Magen-Darm-Infekt. Denn tags darauf knallte mir ein erzürnter Magazin-Chef das Titelblatt einer reichweitenstarken Tageszeitung auf den Tisch. Es zeigte Steffi Graf putzmunter mit Willi Dungl vor dem Stephansdom – auf Wien-Besuch.

Meine Karriere als Society-Reporterin war bald darauf zu Ende. Der Welt sind dadurch vielleicht Exklusiv-Geschichten wie „Im Bett mit Lugner“ oder „Mit Dieter Bohlen in der Badewanne“ entgangen. Aber man muss wissen, was man kann – und was nicht. Oder habe ich womöglich zu schnell aufgegeben?

Kristin Pelzl-Scheruga ist Chefredakteurin von Lust aufs Leben

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