
Sie ist eine der erfolgreichsten Krimi-Autorinnen Österreichs. Wie sie es dorthin geschafft hat? Martina Parker über Neuanfänge und wie man über sich hinauswächst.
Martina Parker hat allen Grund zur guten Laune: Als wir sie Anfang Juli im Wiener Café Prückel treffen, ist ihr neues Buch „Miss Vergnügen“ (Gmeiner, € 20,–) nach nur einer Woche in der zweiten Auflage. Nicht das erste Mal, dass Parker ihren Instinkt für Bestseller beweist. 2020 kündigte sie nach über drei Jahrzehnten als Lifestyle-Journalistin ihren fixen Job und schrieb mit „Zuagroast“ (Gmeiner, € 20,–) den ersten Band ihrer mittlerweile legendären südburgenländischen Gartenkrimi-Reihe. Fünf Teile sind bislang erschienen, alle wurden Bestseller. Der Debütroman wurde soeben mit Hilde Dalik und Manuel Rubey in den Hauptrollen verfilmt, die Ausstrahlung ist für Herbst 2025 beim Streamingdienst JOYN und für Jänner 2026 im Free TV bei ServusTV geplant. Parker, gebürtige Burgenländerin, hatte lange ihren Lebensmittelpunkt in Wien und wohnt heute wieder auf einem alten Bauernhof im Südburgenland.
Zum Auftakt ihrer neuen Krimireihe hat sie den Schauplatz von der Provinz in die Wiener High Society verlegt. Die spleenige Ermittlerin Miss Brooks, eine Britin, die von ihrem Ehemann kurzerhand in Wien ausgesetzt wird, stolpert quasi in ihren neuen Job als Beauty-Beraterin eines Luxuskonzerns – und direkt hinein in die Welt der Reichen und Schönen. Doch unter der glatten Oberfläche brodelt es. Schon bald gerät sie in ein Netz aus Intrigen, Machtspielen und einem rätselhaften Mord. Den ersten Band hat Parker bereits vor zwei Jahren geschrieben, wie sie bei unserem Treffen erzählt, der zweite ist schon fertig. Damit nicht genug: Parallel arbeitet die disziplinierte Schreiberin, die sich ein Tagespensum von 2.000 Wörtern gesetzt hat, an weiteren Gartenkrimis, der nächste erscheint im Februar. „Beide Serien gehen weiter“, sagt Parker. Bei Kaffee, Marillenmarmelade und Croissant erzählt sie, wann sie wusste, dass es Zeit für eine zweite Karriere ist – und wie viel Miss Brooks in ihr steckt.
Mit Miss Brooks haben Sie eine neue Ermittlerin geschaffen. Was hat Sie gereizt, das burgenländische Gartenidyll gegen die Wiener High Society zu tauschen?
Viele Freundinnen waren immer total geflasht, wenn ich etwas aus der Lifestyle-Szene erzählt habe, was für mich durch meinen früheren Beruf ganz normal war. Da habe ich mir gedacht, es wäre lustig, etwas darüber zu schreiben. Wien ist ein toller Schauplatz, und der Humor dort ein völlig anderer. Viel morbider. Man steht gefühlt immer schon mit einem Bein am Zentralfriedhof. Besonders wichtig war mir, die Originalsprache einzufangen. Ich bin tagelang in Gasthäusern gesessen und habe den Leuten links und rechts von mir einfach zugehört. Generell reizt mich am Schreiben am meisten, neue Milieus und Lebensrealitäten zu entdecken. Es würde mich wahnsinnig langweilen, jedes Mal dieselben Kommissare im selben Büro zu beschreiben. Deshalb wechsle ich auch in den Gartenkrimis immer wieder die Perspektive. Die alten Figuren bleiben, aber jede Geschichte entwickelt sich aus den Augen einer anderen Figur.
Und wo fühlen Sie sich wohler: im Südburgenland oder in Wien?
Sowohl als auch. Es hat beides seine Vor- und Nachteile. Wir haben im Burgenland gerade den Schmäh am Laufen, dass ich zwei Kilo abgenommen habe, weil die Wirte Montag und Dienstag jetzt immer zugehabt haben. Das kann dir in Wien nicht passieren.
Sie haben jahrzehntelang ein aufregendes Leben als Journalistin geführt, haben über 20 Jahre das Beauty-Ressort bei der Wienerin geleitet und Stars wie Cate Blanchett oder Susan Sarandon interviewt. Wann wussten Sie, dass es Zeit ist für etwas Neues?
Als mich Barbara Haas, meine damalige Chefin bei der Wienerin, gebeten hat, die Blattkritik zu machen, und ich dachte: Jetzt muss ich das Heft auch noch lesen. Nicht weil es schlecht war, sondern weil ich nach so vielen Jahren das Gefühl hatte, es ist doch immer more of the same. Die Geschenkestrecke zu Weihnachten und so weiter, obwohl die Wienerin ein feministisches Magazin und inhaltlich sehr stark war. Dazu kam, dass es immer schwieriger wurde, gute Stars zu bekommen. Bei meinen ersten Interviews hatte ich noch richtig viel Zeit, dann wurden die Slots auf 20 Minuten begrenzt und irgendwann auf zehn. Später musste man die Fragen vorab schicken und wurde informiert, welche man nicht stellen durfte. Beim Gespräch selbst saßen dann fünf Leute daneben und haben jedes Wort kontrolliert. An einem bestimmten Punkt hat mich das gelangweilt. Mir war klar, dass man in einem Magazin besondere Geschichten liefern muss, die die Leserinnen sonst nirgends bekommen.
Gibt es etwas, das Sie bewusst aus Ihrer Karriere als Journalistin mitgenommen haben?
Nein, eigentlich war es umgekehrt. Ich bin in der Buchbranche draufgekommen, wie viel Wissen ich eigentlich habe. Ich habe mich von Anfang an überall eingebracht, und mir war klar, wie wichtig Cover, Pressefotos und Marketing sind. Ich bin für mein Buch wirklich gelaufen wie keine andere. Denn: Es wartet niemand auf dich. Ich habe Leseproben gedruckt und sie unter anderem auf sämtlichen Gartenausstellungen verteilt. Sogar Chilipflanzen habe ich in ausgewaschene Katzenfutterdosen gepflanzt, mit „Zuagroast“-Sticker versehen und zu den Buchhändler:innen gebracht. In der Hoffnung, dass sie diese aus Mitleid mit der Pflanze nicht gleich wegwerfen, sondern in ihrem Geschäft hinstellen.
Was vermissen Sie an Ihrer früheren Karriere?
Den Teamgeist und das Miteinander. Deshalb ist die Verfilmung meines ersten Gartenkrimis ein ganz großes Glück für mich, weil ich mich da wirklich einbringen kann. Ich habe mir für das Projekt gewünscht, dass eine Frau Regie führt, und so ist es auch gekommen. Die Stimmung am Set war wirklich toll und wertschätzend.
Hatten Sie Bammel, wie Ihr neues Buch bei Ihrer Community, die sich selbst als „Parker Pack“ bezeichnet, ankommen wird?
Ja, klar. Der Verlag hat mir jetzt nachträglich gestanden, dass sie nicht begeistert davon waren. Sie haben sich gedacht: Bitte, das rennt so super mit den Gartenkrimis. Warum musst du dieses Risiko eingehen und uns in dieses Risiko mitnehmen? Aber sie hätten mir auch nie gesagt, es nicht zu machen. Ich hatte einfach das Bedürfnis, eine andere Geschichte zu erzählen. Auf Lesungen habe ich immer wieder angekündigt, dass etwas Neues kommt. Viele wollten trotzdem nur wissen, wann der nächste Gartenkrimi erscheint. Auf Instagram hat jetzt eine Bloggerin in ihrer Review geschrieben, dass sie das Buch nur gelesen hat, weil mein Name draufsteht, sie sich aber weder für die Stadt noch Lifestyle-Themen interessiert. Und trotzdem fand sie es super, weil es von einer bodenständigen, normalen Frau erzählt, die man kennen könnte.


Martina Parker, geshootet von Rafaela Pröll
© Rafaela PröllIn „Miss Vergnügen“ geht es auch um Konzernstrukturen, Machtmissbrauch und toxische Abhängigkeiten. Was wollten Sie dieses Mal gesellschaftlich aufarbeiten, was in den Gartenkrimis nicht möglich gewesen wäre?
Zum Beispiel Konzernstrukturen und deren klassische Begleiterscheinungen: dass sich etwa der Geschäftsführer eine Prämie einfährt, während den Leuten unten, die die ganze Arbeit erledigen, noch mehr Geld weggenommen wird. Und ich wollte auch die unterschiedlichen Milieus in Wien zeigen: das Cottage-Viertel, wo die Schwester von Miss Brooks lebt und wo es diese ganz reichen Kinder gibt, die nur mehr schlammfarben gekleidet sind. Und auf der anderen Seite das Erdige, die Kaisermühlen-Vibes, die man in der Donaustadt noch findet.
Wie viel Martina Parker steckt in Miss Brooks?
Wir trinken beide gerne starken Tee mit Milch. Außerdem hat sie mich zum Häkeln gebracht. Ich habe jahrzehntelang nicht gehäkelt und bin jetzt richtig süchtig nach halben und ganzen Stäbchen und festen Maschen. Ich habe sie bewusst im ersten Band blass angelegt, damit sie sich entwickeln kann. Sie kriegt dann von Kapitel zu Kapitel ein paar Farbstriche mehr. Im zweiten Band wird das noch deutlicher, damit ihre Wandlung stärker zur Geltung kommt.
