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„Den Mut-Muskel trainieren!“

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Zielorientiert. Verena Pausder (l.) und Sonja Wallner (r.) haben ganz unterschiedliche Lebensläufe, in einem sind sie sich aber einig: „Es braucht immer wieder den Mut für Neues.“ Wir trafen sie im Headquarter des österreichischen Mobilfunkanbieters A1 in Wien.
©Matt Observe, Zielorientiert. Verena Pausder (l.) und Sonja Wallner (r.) haben ganz unterschiedliche Lebensläufe, in einem sind sie sich aber einig: „Es braucht immer wieder den Mut für Neues.“ Wir trafen sie im Headquarter des österreichischen Mobilfunkanbieters A1 in Wien.
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Wie macht man Karriere? Das wollten wir von zwei Frauen wissen, die es weit geschafft haben: Verena Pausder & Sonja Wallner reden über ihre Erfolgsformel. Und sagen auch klar, welche Fehler ihnen bei Kolleginnen auffallen, wenn es darum geht, auf- oder umzusteigen.

Eines habe ich mir vorgenommen“, sagt Unternehmerin Verena Pausder, 43, während unseres Gesprächs. „Dass sich die jungen Frauen von heute nicht alles selbst erschließen müssen, was wir mühsam gelernt haben. Sie müssen Ehrgeiz und Biss haben, das können wir ihnen nicht abnehmen, aber wir können sie mit Best-Practice-Beispielen unterstützen. Das hätte ich auch gerne gehabt, als ich Anfang 20 war.“ Die deutsche Investorin und Gründerin stand im Rahmen des A1 „MINTChanger:in“-Events (siehe Kasten unten) auf der Bühne. Wir trafen sie vorab mit A1-Finanzvorständin Sonja Wallner, 50, zum Interview. Warum es unsere Verpflichtung ist, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, und wie man sich mehr (zu-)traut …

„Dürfen nicht nur hadern, sondern müssen die Türen auch aufmachen.“

Sie sind das, was man allgemein unter erfolgreichen Frauen versteht. Wie haben Sie es nach oben geschafft?
Pausder: Das ist eine große Frage und gar nicht immer meine Selbstsicht, um mal so bescheiden weiblich reinzustarten. Wenn ich für mich spreche, hatte ich nie den einen roten Faden. Ich glaube, so funktionieren Laufbahnen nicht mehr. Du kannst sie nur bedingt planen, weil permanent so viele neue Welten entstehen, wo du gar nicht in die Vergangenheit gucken kannst, um zu schauen: Wie haben die das gemacht? Da ist das Thema MINT ein super Beispiel: Als ich 2007 in die Gründerszene kam, war das noch keine Szene. Hätte ich mich nicht Hals über Kopf reingeworfen, wäre ich heute nicht da. Aber es war 2007 auch nicht unbedingt abzusehen, dass das erfolgreich wird. Deshalb glaube ich, es braucht immer wieder den Mut für Neues: Hier ist eine Chance, hier kann ich neugierig sein und dann passiert vielleicht auch etwas Gutes.

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Auf den Punkt. Sonja Wallner, A1 CFO, und Verena Pausder, Start-up-Expertin und Unternehmerin aus Berlin, im Gespräch mit Melanie Zingl, Stv. CR von WOMAN. Trotz knappem Zeitkontingent war Platz für viel Know-how und Inspiration.

© © Matt Observe

Wallner: Wenn ich meine Karriere anschaue, dann sieht die sehr linear aus. Ich bin schon seit 22 Jahren im gleichen Unternehmen, aber durch die vielen Themen, die ich betreut habe, ist es so, als hätte ich öfter den Job gewechselt. Ich hab auch nicht geplant, Führungskraft zu werden, geschweige denn Finanzvorständin eines so großen Unternehmens. Aber ich habe immer Verantwortung übernommen, wenn es die Möglichkeit dazu gab. Man muss mutig zugreifen. Und ich habe stets Freude am Tun gehabt, auch wenn man am Anfang vielleicht noch nicht weiß, was rauskommt. Bescheidenheit ist so eine weibliche Tugend, immer alles hundertmal hinterfragen. Man sollte häufiger den Mut überwiegen lassen und Dinge ausprobieren.

Kann man diese Courage lernen?
Pausder: Ja. Ich war kein mutiges Kind, das sich von Anfang an überall reingeschmissen hat. In zwischenmenschlichen Beziehungen war ich sogar fast schüchtern. Aber wenn man sich immer wieder Herausforderungen aussetzt, die man eigentlich noch für zu groß empfindet, sieht man, was man alles hinkriegt. Dann ist eine ähnliche Situation beim nächsten Mal nicht mehr angsteinflößend. Wenn ich heute eine Keynote halte, freue ich mich auf den Tag und die Inhalte. Die Zweifel, die ich früher hatte, sind weg. Und das ist nicht, weil mir das so angeboren ist, sondern weil ich das jetzt schon so oft gemacht habe. Deshalb ermutige ich auch ständig: Immer wieder raus aus der Komfortzone! Immer wieder ja sagen zu Sachen, die eine Nummer zu groß sind oder wo man sich denkt: Kann ich das überhaupt? Nur so wächst du, und das macht dann fast süchtig.

Wallner: Es ist wie ein Workout, man muss den Mut-Muskel trainieren. Wenn man ihn nicht reizt, entwickelt er sich nicht weiter. Was außerdem hilft: das Bewusstmachen, dass man doch sehr viel selbst in der Hand hat und kein Opfer ist. Dass man gestalten kann und dass nicht sofort die Welt untergeht, wenn etwas schiefläuft. Wenn man eher schüchtern oder unsicher ist, beginnt man eben mit kleinen Schritten, aber man sollte auf jeden Fall ausprobieren, die Komfortzone auszudehnen und Schritt für Schritt immer weiter gehen. Das Beste am Älterwerden ist die Erfahrung, die man gewinnt – so einfach kann einen nichts mehr aus der Ruhe bringen. Und ich finde es auch wichtig, sich Unterstützung zu holen oder sich mit jemandem austauschen zu können.

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© © Matt Observe
Ich habe Verantwortung übernommen, wenn es die Möglichkeit dazu gab. Man muss mutig zugreifen.

Sonja Wallner, 50, Finanzvorständin A1

Was machen, Ihrer Erfahrung nach, gerade Frauen noch zu oft falsch?
Wallner: Sie trauen sich nicht, sind überkritisch. Wenn bei uns neue Jobs ausgeschrieben und mehreren Frauen angeboten werden, passiert es zu häufig, dass sie sich nicht bewerben, weil sie es sich aus unterschiedlichsten Gründen nicht zutrauen.

Pausder: Frauen gehen neue Herausforderungen meistens so an, dass sie überlegen: Hab ich alles, was hier von mir verlangt wird, schon einmal gemacht? Wenn ja, bewerbe ich mich! Wenn nein, ist es noch zu groß. Männer machen das anders: Hab ich das schon einmal gemacht? Nein! Trau ich mir das zu? Ja! Da müssen wir einfach diese Lücke zwischen Selbstbild und Fremdbild schließen. (zu Wallner) Du fragst die Frauen ja, weil du glaubst, dass sie das können. Also ist das Fremdbild ein sehr positives, das Selbstbild aber ist: Ich glaub, ich bin da noch nicht. Es darf einfach nicht mehr sein, dass wir so lange brauchen, dass wir zu unserem Fremdbild aufschließen, weil wir uns selbst immer wieder runtermachen. Da müssen wir besser werden.

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© © Matt Observe
Man muss sich Herausforderungen aussetzen, die man eigentlich für zu groß empfindet.

Verena Pausder, 43, Unternehmerin

Wenn man gerade Frauen aus der MINT-Branche fragt, ist der gängige Tenor, dass die Quote im Studium relativ ausgeglichen ist. Ab Mitte 30 wird es in den Jobs aber männerlastig, wenn die sogenannte Rushhour des Lebens einsetzt, man Kinder bekommt, sich um Eltern kümmern muss … Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Wallner: Auf die Dinge, die Sie jetzt genannt haben, werden wir nicht verzichten: Wir wollen Kinder, wir müssen uns um unsere Eltern kümmern und haben vielleicht auch selbst gesundheitliche Herausforderungen. Ich sehe in diesen Care-Tätigkeiten nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer. Es muss aufgeteilt werden, jede:r hat seinen Beitrag dazu zu leisten, und ich glaube, es macht auch in einer Partnerschaft mehr Freude, wenn man gemeinsam an Lösungen arbeitet. Die wichtigste Entscheidung im Leben einer Frau ist meiner Meinung nach noch immer die für den richtigen Partner. Gemeinsam ist es schöner und erfüllender.

Pausder: Da gehören aber auch die Arbeitgeber:innen dazu. Ich war letztens bei einem großen Unternehmen, und da teilten sich zwei Vorstände in Job-Sharing ihre Position, ein Mann und eine Frau. Die sind beide gerade in der besagten Rushhour des Lebens, er hat aber genauso Kinder und möchte die sehen. Das wäre vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen, dass man sich in der Position den Job teilt. Heute müssen sich Firmen entscheiden: Kriegen wir beide oder keinen? Klar kannst du auf einen guten Partner hoffen, der das alles mitmacht, aber ich finde, die Arbeitgeber:innen sind auch in der Pflicht, mehr Flexibilität möglich zu machen. Und die Arbeitnehmer:innen sind in der Pflicht, diese Möglichkeiten auszuschöpfen. Und nicht vorher in Teilzeit abzubiegen, wenn man eigentlich eine Führungsposition haben möchte. Es kann natürlich jede:r für sich selbst entscheiden, aber wir dürfen nicht nur hadern, wenn irgendwelche Türen nicht aufgehen, und gleichzeitig aber nicht genug dafür sorgen, dass wir sie auch selber aufmachen.

Wallner: Aus der Opferrolle raus und selbst gestalten. Ich habe in diesen herausfordernden Zeiten gelernt, ein größerer Teamplayer zu werden und mich auch auf andere zu verlassen. Dass nicht immer ich die letzte Verantwortung haben muss.

Pausder: Mir hat ein Mindset ganz stark geholfen, und zwar, dass du nicht nur dann eine gute Mutter bist, wenn du den ganzen Tag bei deinen Kindern bist. Dieses schlechte Gewissen kenne ich nicht, weil meine Mutter genauso war wie ich, und das zu einer Zeit, als es noch weniger gesellschaftsfähig war. Das hat mir sehr geholfen. Plus die Unterstützung von meinem Partner, meinem Umfeld, meinem Team. Sie haben es verstanden, wenn ich um fünf vor sechs rausgerannt bin oder mal einen Tag nicht konnte ... Gleichzeitig haben sie auch gesehen, dass ich andere Betreuungsmöglichkeiten organisiert habe, wenn mein Kind 38 Grad Fieber hatte. Ich bin nicht immer zu Hause geblieben.

Was war Ihr bester Fehler? Und was haben Sie daraus gelernt?
Pausder: Ich habe mit Mitte 20 eine Salatbar-Kette gegründet und alles in den Sand gesetzt. Die Idee war nicht gut genug durchdacht, das Timing war mies, ich hatte mir unrealistische Ziele gesetzt. Es war eine Katastrophe, mein ganzes Erspartes steckte drin. Ich hatte den sicheren Job gekündigt, alle anderen machten Karriere in Großkonzernen, Investmentbanken, Beratungsfirmen, und ich war gescheiterte Salatbar-Gründerin. Aber es nimmt dir gleichzeitig den Schrecken, wenn du einmal wirklich erlebst, dass beruflich etwas schiefgeht. Und nicht nur irgendwas, das man sich noch schönreden kann, sondern wenn man mal so richtig in die Knie geht. Mit welcher Leichtigkeit ich heute Sachen starte, ist diesem Fehler zu verdanken. Es verleiht ein Stück weit Flügel, wenn du nach so einem Tief wieder aufgestanden und weitergelaufen bist.

Wallner: Kurz nachdem ich den Finanzbereich übernommen hatte, wurden einige Millionen falsch bilanziert. Es war zwar nicht mein ursächlicher Fehler, aber ich habe mich verantwortlich dafür gefühlt. Das hat meine Lösungsorientierung geprägt: Wie korrigiere ich? Wie verhindere ich so etwas in Zukunft? Wie erkläre ich es?

Um die Klammer zum Anfang zu schließen: Woran messen Sie Ihren Erfolg?
Pausder: Wenn ich etwas über die Ziellinie gebracht habe, das nicht einfach war. Dann ist es mir total egal, ob jemand applaudiert oder auf Social Media Likes hinterlässt. Für mich bedeutet Erfolg eine Systemveränderung, die nicht mehr reversibel ist.

Wallner: Wenn etwas abgeschlossen wird, das wirklich anstrengend war, dann macht sich das innere Lächeln der Zufriedenheit und des Stolzes breit.

Pausder: Ein Chef von mir hat immer gesagt: „When you reach the top of the mountain, enjoy the view.“ Da bin ich nicht so gut darin, ich hechte dann gleich zum nächsten Gipfel.

Wallner: Ich überlege auch immer gleich: What’s next?

„MINTchanger:in“ – so stand es auf der Einladung, und der Titel war Programm. Vergangene Woche traf sich eine hochkarätige Runde im Headquarter von A1 in Wien, um vor 300 geladenen Gästen über mehr Chancengleichheit bei Bildung & Karriere zu diskutieren.

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„MINTchanger:in“ – so stand es auf der Einladung, und der Titel war Programm. Vergangene Woche traf sich eine hochkarätige Runde im Headquarter von A1 in Wien, um vor 300 geladenen Gästen über mehr Chancengleichheit bei Bildung & Karriere zu diskutieren.

Podium. Moderatorin Verena Eugster, WOMAN-Chefredakteurin Euke Frank, Unternehmerin Therese Niss, A1-Finanzvorständin Sonja Wallner, Gründerin und Unternehmerin Verena Pausder, Anna Gawin von „DaVinci Lab“ und IT-Leitung Flughafen Wien Susanne Ebm.

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Tina Deutsch, Strategic Advisor bei CoachHub

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Sonja Wallner, CFO A1, Verena Pausder, Unternehmerin.

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Sabrina Böhme-Pint, Digital- & Recruitingexpertin, Silvia Kodada, Gründerin Die Karrierearchitekten, Pamela Rath, Gründerin newworktoday.

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Roland Haidner, CFO A1 Digital, mit Tochter, Sonja Wallner, CFO A1, Therese Niss, Vorständin MINTality Stiftung.

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Volles Haus im Headquarter von A1 in Wien, tolle Aufbruchsstimmung und viele gute Gespräche im Anschluss an Keynote und Diskussion.

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