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Künstliche Befruchtung: Chancen und Risiken

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künstliche Befruchtung

©Elke Mayr
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Bleibt eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege aus, gibt die moderne Medizin Hoffnung: Eine künstliche Befruchtung verleiht Hoffnung, verbirgt aber auch Risiken.

Die moderne Medizin stellt verschiedene Methoden zur Verfügung, wenn trotz Kinderwunsches aus unterschiedlichen Gründen keine Schwangerschaft entstehen kann. Man fasst diese Methoden unter dem Namen 'Künstliche Befruchtung', 'Assistierte Reproduktionstechnik ART' oder 'Medizinisch unterstützte Fortpflanzung' zusammen.

Welche Methoden es gibt, wie hoch die Erfolgsaussichten auf eine Schwangerschaft durch eine künstliche Befruchtung sind – aber auch welche Risiken es gibt: Hier der Überblick sowie die rechtlichen Voraussetzungen.

Künstliche Befruchtung: Ausweg bei unerfülltem Kinderwunsch

Der Wunsch eigene Kinder zu haben ist bei vielen Menschen tief verwurzelt; wenn er nicht erfüllt wird, kann das schwerwiegende Folgen haben. Die Ursachen ungewollter Kinderlosigkeit sind vielfältig und können bei beiden Partnern liegen. Ob nun hormonell oder anatomisch, ob 'organisch' oder 'psychisch' - unerfüllter Kinderwunsch kann sich auf die Beziehung und das Leben jedes Einzelnen zerstörerisch auswirken.

Schon früh suchte die Medizin daher nach Auswegen: bereits im 18. Jahrhundert wurde der Versuch unternommen, durch Eingriffe wie Einbringen von Sperma mit Hilfe einer Spritze eine Schwangerschaft zu ermöglichen. 1944 begann die Geschichte der In-vitro-Fertilisation IVF, wo außerhalb des Körpers im Reagenzglas befruchtet wird.

Methoden der künstlichen Befruchtung

Es stehen mittlerweile einige Methoden zur Verfügung, um eine Schwangerschaft medizinisch unterstützt zu ermöglichen. Die gängigsten Methoden sind folgende.

Künstliche Befruchtung: Methoden

Als zusätzliche Methode beim Mann gibt es außerdem die TESE (testikuläre Spermienextraktion) und die MESA (Mikrochirurgische Epididymale Spermienaspiration), die zur Gewinnung von Spermien dann eingesetzt werden kann, wenn sich keine Spermien in einer Samenflüssigkeit finden; das kann nicht nur an mangelnder Spermienproduktion liegen, sondern auch daran, dass die Samenwege verschlossen sind. In diesen Fällen werden die Spermien direkt aus dem Hoden (durch TESE) oder dem Nebenhoden (durch MESA) gewonnen, bevor dann eine künstliche Befruchtung nach der ICSI-Methode durchgeführt werden kann.

Eine weitere Methode für Frauen stellt die GIFT-Methode (intratubarer Gametentransfer) dar. Dabei werden Eizellen über eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) entnommen und dann zusammen mit Spermien in die Eileiter gespritzt werden.

Erfolgsquoten bei künstlicher Befruchtung

Die Erfolgsquoten können stark variieren. Grundsätzlich ist wichtig zu wissen, dass eine künstliche Befruchtung – egal welche Methode angewandt wird - keinesfalls eine Garantie auf Erfolg bedeutet. Legt man die Lebendgeburtenrate zugrunde, sind Zahlen zwischen 15 und 30 Prozent am realistischsten.

Bei der Insemination ist die Erfolgsquote am niedrigsten; da aber viele Versuche unternommen werden können, kann das Eintreten einer Schwangerschaft in bis zu 30 Prozent verzeichnet werden. Bei allen Methoden spielt auch das Lebensalter eine Rolle: die höchste Chance besteht bei Frauen unter 35 Jahren, ab dem 45. Lebensjahr ist eine erfolgreich beendete Schwangerschaft die Ausnahme.

Risiken bei künstlicher Befruchtung

Wie bei jeder medizinischen Methode gibt es auch bei der künstlichen Befruchtung Risiken.

Künstliche Befruchtung: Risiken

Welche Schritte sind im Vorfeld einer künstlichen Befruchtung nötig?

Im Vorfeld einer künstlichen Befruchtung sind Beratungen und Untersuchungen nötig. Eine eingehende Beratung ist vor allem deshalb wichtig, weil die nötigen Untersuchungen und auch die Behandlung selbst für die Patient:innen eine körperliche und seelische Belastung darstellen. Aus diesem Grunde ist außer der medizinischen Beratung durch Fachärzt:innen für Gynäkologie oder Andrologie auch eine psychosoziale Beratung empfehlenswert.

Nach den Beratungen und der informierten Einwilligung der Beteiligten werden bei den Frauen und Männern medizinische Untersuchungen durchgeführt, die genaue Kenntnisse von Anatomie, Hormonproduktion und Spermienanzahl sowie -beweglichkeit erbringen.

Ferner wird je nach Befund beispielsweise bei der Frau ein Monitoring des Zyklus mit Blutuntersuchungen und Ultraschalluntersuchungen nötig, oft bei beiden Partnern eine Hormonbehandlung. Diese erstreckt sich über mehrere Wochen und kann durch Tabletten oder durch Spritzen erfolgen. Schließlich erfolgt die Eizellentnahme, das Einbringen der Spermien und der Transfer in die Gebärmutter.

Künstliche Befruchtung: die gesellschaftliche Entwicklung und Akzeptanz

War das Kinderkriegen früher in der 'Normalfamilie' verortet, ist es mit der Pluralisierung der Gesellschaft auch hier zu einer wachsenden Vielfältigkeit gekommen. Einzelne Menschen und Paare betrachten Elternschaft als anzustrebenden Teil ihrer Biografie oder auch nicht; sie wollen Planbarkeit und streben eine Schwangerschaft, wenn sie sie wünschen, erst in späteren Lebensjahren als früher üblich an.

So wird künstliche Befruchtung mit ihren technischen Möglichkeiten auch zu einer wählbaren Kinderwunschbehandlung. An dieser Stelle sind allerdings die jeweiligen gesetzlichen Vorgaben des Landes zu beachten, nach denen sich auch die Finanzierbarkeit durch Krankenkassen richtet. So ist beispielsweise in Österreich medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur in einer Ehe, Lebensgemeinschaft, eingetragenen Partnerschaft und gleichgeschlechtlichen Partnerschaft von Frauen möglich.

Entscheidet man sich für eine Kinderwunschbehandlung im Ausland, sollte man sich vorher besonders genau über alle Verfahren mit ihren Risiken sowie über die rechtlichen und finanziellen Aspekte informieren. Dies besonders, da es aufgrund der hohen Komplexität des Themas auch rechtliche Grauzonen gibt.

Rechtslage in Österreich

In Österreich regelt das Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) schon seit 1992 die Zulässigkeitsvoraussetzungen, wobei es 2015 zu einer Novellierung mit wichtigen neuen Ergänzungen kam. Die wesentlichen heute in Österreich geltenden Vorschriften zur In-vitro-Fertilisation IVF sind:

  • IVF ist nicht mehr nur mit dem Samen des Ehepartners, sondern auch mit Samen anderer Männer erlaubt.

  • Dabei ist Vermischung von Samenspenden untersagt; auch darf der Samen eines Spenders höchstens bei drei Empfängerinnen angewendet werden. Festgelegt ist ferner, dass das Kind Anspruch auf Auskunft hat; es kann nach dem 14. Lebensjahr beantragen zu erfahren, wer der biologische Vater ist.

  • Die Präimplantationsdiagnostik (PID) - also die genetische Untersuchung von entwicklungsfähigen Zellen nach der IVF und vor der Einbringung in den Körper der Frau - ist seit 2015 ebenfalls erlaubt. Wichtig zu wissen ist, dass es hier hauptsächlich um Früherkennung von Erbkrankheiten geht, also nicht um ein 'Designer-Baby' mit Auswahl von zum Beispiel Augenfarbe. Die PID darf nur in besonders zugelassenen Einrichtungen und unter strengen Voraussetzungen angewendet werden: so müssen mindestens drei Versuche vorausgegangen sein, die nicht zur erwünschten Schwangerschaft führten; Anwendung ist auch möglich, wenn bei früheren 'natürlichen' Schwangerschaften vorher mindestens drei nachgewiesene Fehl- oder Totgeburten zu verzeichnen sind oder der Verdacht besteht, dass es aufgrund der genetischen Disposition eines Elternteils zu Fehl- oder Totgeburt kommen könnte.

  • Seit 2015 ist auch der Gebrauch fremder Eizellen erlaubt (Eizellspende), wenn die Eizellen der Frau nicht fortpflanzungsfähig sind. Dabei darf die Empfängerin nicht über 45 und die Spenderin muss zwischen 18 und 30 Jahre alt sein.

  • Im Fall von Samen- oder Eizellspende von einer dritten Person ist vorherige Beratung durch Notar:in Pflicht.

  • Überzählige, also letztlich nicht in die Gebärmutter eingesetzte Embryonen können für maximal zehn Jahre eingefroren werden. Eine Embryonenspende ist in Österreich weiterhin verboten, sowohl zu Forschungszwecken wie auch um anderen Paaren zur Verfügung gestellt zu werden.

Wie viele künstliche Befruchtungen werden in Österreich durchgeführt?

Nach dem IVF-Register 2020 führten die österreichischen IVF‐Zentren 10.515 IVF‐Versuche an 6.692 Paaren durch; bei 8.472 Versuchen kam es zu einem Embryotransfer, der in 2.931 Fällen zu einer Schwangerschaft führte; das entspricht einer Schwangerschaftsrate pro Transfer von 34,6 Prozent. Nach den Daten von 2019 betrug die 'Baby-Take-Home-Rate' 28,4 Prozent.

Für wen ist eine künstliche Befruchtung eine geeignete Möglichkeit?

Wenn die medizinischen und rechtlichen Voraussetzungen geklärt sind, kann die Frage, ob eine künstliche Befruchtung in einem bestimmten Fall geeignet ist, letztlich nur durch die Beteiligten beantwortet werden.

Die Methoden werden heute allgemein angeboten und der Kreis der Interessenten erweitert sich ständig: am Anfang standen heterosexuelle verheiratete Paare; heute geht es zusätzlich um homosexuelle Paare und Einzelpersonen; aber auch für Krebspatienten vor einer Chemotherapie oder Strahlentherapie liegt hier eine Möglichkeit vor, die Erfüllung ihres Kinderwunsches später zu verwirklichen. Die künstliche Befruchtung ist ein Weg, der mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist, aber vielen Menschen die Erfüllung ihrer Lebenspläne ermöglicht.

Fazit

Es gibt eine Vielzahl von Methoden zur künstlichen Befruchtung – mit unterschiedlichen Erfolgsquoten. Keine der Methoden kann aber eine Schwangerschaft garantieren. Eine ausführliche Beratung im Vorfeld ist unumgänglich, auch um die persönlichen Risiken zu kennen. Auch die genaue Kenntnis der Rechtslage ist wichtig – besonders bei einer Behandlung im Ausland.

Schwangerschaft

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