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Katherine Johnson eroberte als erste Afro-Amerikanerin die NASA

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Barack Obama verleiht Katherine Johnson die "Presidential Medal of Freedom"

Barack Obama verleiht Katherine Johnson die "Presidential Medal of Freedom"

©2015 Getty Images
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Schon früh zeigten sich die mathematischen Talente von Katherine Johnson. Sie sollte die Rolle der Frauen in der NASA verändern. Der Werdegang einer wirklich bemerkenswerten Frau, die ihren Weg trotz all der Schwierigkeiten ging.

Katherine Johnson galt lange Zeit als unbekannte Frau, doch der Hollywood-Film "Hidden Figures" brachte ihr Lebenswerk hervor. Die Mathematikerin war nicht nur maßgeblich mit ihren Berechnungen an der NASA Mission "Apollo 11" beteiligt, sondern ihr vertrauten auch bekannte Astronauten wie John Glenn und Alan Shepard, und sie setzte sich gegen Männer in einer Zeit durch, als Frauen noch nicht berufstätig waren.

Steckbrief

  • Name: Katherine G. Johnson, geb. Coleman

  • Geboren am: 26. August 1918

  • Gestorben am: 24. Februar 2020

  • Sternzeichen: Jungfrau

  • Geburtsort: White Sulphur Springs, West Virginia, USA

  • Wohnort: Newport News, Virginia, USA

  • Beruf:Mathematikerin, Informatikerin, Lehrerin und Autorin

  • Ehepartner: James Francis Goble (1939-1956), James A. Johnson

  • Kinder: 3 Töchter, Constance (1943-2010), Joylette und Katherine

Die Hochbegabung prägte die Kindheit und Jugend von Katherine Johnson

Katherine Johnson wurde am 26. August 1918 als jüngstes von drei Kindern geboren und wuchs in einer mittelständischen Familie mit zwei Brüdern und einer Schwester auf. Ihr Vater war ein Farmer, der auch als Hausmeister in einem Hotel arbeitete. Er legte großen Wert auf die Bildung seiner Kinder und wollte mehr für diese, als Afroamerikanern zu der Zeit zugestanden wurde. Die Mutter hatte als Lehrerin gearbeitet.

Alles, was man zählen konnte, habe ich gezählt.

Katherine JohnsonMathematikerin

Ihre mathematische Begabung und auch Begeisterung zeigte sich schon früh. "Ich habe alles gezählt. Ich habe die Stufen zur Straße gezählt, die Stufen zur Kirche hinauf, die Anzahl des Geschirrs, das ich gespült habe ... Alles, was man zählen konnte, habe ich gezählt", so Katherine 2015 als sie die "National Medal of Freedom" erhielt. Da sie bereits vor Schulbeginn lesen konnte, durfte sie am Unterricht ihrer Brüder teilnehmen. Als sie selbst sechs Jahre alt war, wurde sie direkt in der zweiten Klasse unterrichtet. Katherine übersprang zweimal eine Klasse.

Da es für Schwarze in White Sulphur Springs nur Schulen bis zur 8. Klasse gab, damals war Rassismus und Rassentrennung noch an der Tagesordnung, meldete der Vater seine Kinder an der Highschool des West Virginia Collegiate Institute an. Diese Schule war über zweihundert Kilometer weit entfernt, weswegen die Familie ohne den Vater umzog. Um den Lebensunterhalt finanzieren zu können, arbeitete die Mutter als Dienstmädchen. So besuchte Katherine mit nur zehn Jahren schon die Highschool.

Die Lehrer und der Direktor erkannten Johnsons Begabungen und förderten sie. Durch ihren Direktor entdeckte sie die Astronomie für sich. Mit nur vierzehn Jahren wechselte sie schließlich auf das West Virginia College, für das sie ein Stipendium erhalten hatte. In ihrem zweiten Jahr bot der Dozent, Dr. William W. Schieffelin Claytor ihr weiterführende Kurse in höherer Mathematik an, um ihr zu helfen, in die Forschung zu gehen und Johnson belegte als einzige Schülerin Analytische Geometrie. Sie studierte Französisch und Mathematik im Hauptfach und schloss mit 18 Jahren mit einem Bachelor of Science in beiden Fächern im Jahr 1937 mit Auszeichnung ab. Zwei Jahre später heiratete sie ihren ersten Ehemann James Francis Goble.

Von der Lehrerin zur NASA (vormals NACA)

Katherine Johnson arbeitete zunächst als Lehrerin für Mathematik und Französisch an verschiedenen Elementary Schools und Highschools. Im Jahr 1940 erhielt sie das Angebot, als eine von drei Schwarzen am West Virginia State College (WVSC, jetzt West Virginia State University) ein postgraduales Studium zu absolvieren, musste aber die Schule abbrechen, da sie schwanger wurde. Insgesamt hatte das Paar drei gemeinsame Kinder.

1952 hörte sie erstmals von ihrer Schwester in Newport News, dass es für Schwarze Mathematikerinnen neue Karrieremöglichkeiten am nahe gelegenen Langley Research Center gab. Im Jahr 1953 begann sie ihre NASA-Karriere zunächst bei deren Vorgängerorganisation National Advisory Committee for Aeronautics (NACA) als Rechnerin in der West Area Computing Unit. Ihre Aufgabe bestand darin, Daten aus Windkanalexperimenten mit Hilfe mathematischer Formeln zu berechnen und grafisch darzustellen. Auch wertete sie Flugschreiber aus. 1956 verstarb ihr Ehemann an Krebs.

Katherine Johnson ändert das Frauenbild in der NASA und beeinflusste die Raumfahrt maßgeblich

In ihrem neuen Job bemerkte Johnson schnell, dass schwarze Mathematikerinnen eigentlich nur menschliche Computer waren. Johnson und die anderen berechneten zum Beispiel die Flugbahn für die Mission "Friendship 7" (1962), in der Alan Shepard der erste US-Amerikaner im All war.

Durch die Rassentrennung wurden sie in eigene Büros verfrachtet und konnten an andere Abteilungen "ausgeliehen" werden. So kam Johnson nach nur zwei Wochen mit einer Kollegin zunächst befristet in die Abteilung für Flugforschung, die bis dahin ausschließlich aus weißen Männern bestanden hatte.

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Darin sah Katherine ihre Chance: Sie stellte Fragen, wollte Zusammenhänge erfassen und Hintergründe verstehen. Sie bestand darauf, auch wenn dies bislang nur Männern gestattet war, an den Briefings teilzunehmen. Anders als die anderen Computer stellte Johnson Fragen, wollte Zusammenhänge und Hintergründe wissen. Sie bemerkte, dass ihre Kolleginnen das taten, was man ihnen sagte, aber selbst nichts hinterfragten. So wollte Johnson nicht arbeiten und nahm fortan an Briefings teil. Die Männer gewöhnten sich schließlich daran, dass sie alles hinterfragte und auch daran, dass sie die einzige Frau war.

Durch ihre Kenntnisse in analytischer Geometrie machte Johnson sich schnell unentbehrlich für ihre neuen Kollegen, die nach Ablauf der Frist "vergaßen, mich wieder abzugeben". Sie war damals die einzige Frau, die den Sprung von den Computern in eine andere Abteilung schaffte.

1957 startete der Wettlauf zum Mond zwischen den Sowjets und den US-Amerikaner startete. Der "Sputnik-Schock" veränderte das Leben von Johnson. So bemühte sich die USA den Vorsprung der Sowjetunion mit dem "Sputnik-Satelitten" wieder einzuholen und baten hochkarätige Köpfe um Hilfe – so auch Katherine Johnson.

1958 wurde die NACA zur NASA. Da es nur relativ wenige Fachbücher zum Thema Weltraumfahrt gab, mussten Johnson und ihre Kollegen improvisieren und streckenweise die Bücher selbst schreiben. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Ted Skopinski schrieb sie die theoretische Abhandlung "Determination of Azimuth Angle at Burnout for Placing a Satellite over a Selected Earth Position" (zu Deutsch: Bestimmung des Azimutalwinkels beim Brennschluss, um einen Satelliten über einer ausgewählten Position der Erde zu platzieren). Es war ihre erste wissenschaftliche Veröffentlichung und auch das erste Mal, dass eine Frau dieser Abteilung offiziell als Mitautorin namentlich genannt wurde. Diese wissenschaftliche Veröffentlichung diente als theoretische Grundlage für die bemannte Raumfahrt.

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Ihr Durchbruch bei der NASA mit Alan Shepard und John Glenn

Johnsons Berechnungen ermöglichten somit den Erfolg von Alan Shepard, der 1961 den zweiten bemannten Flug in der Geschichte der Raumfahrt absolvierte. Ein Jahr später bat der Astronaut John Glenn sie, die inzwischen von einem Computer berechnete Umlaufbahn seines Fluges im Rahmen der Mission "Mercury-Atlas 6" zu überprüfen, da er den Fähigkeiten Johnsons mehr vertraute. Auf diese Weise war Johnson auch an der ersten Erdumrundung eines amerikanischen Astronauten beteiligt. "Get the girl", soll Glenn damals gesagt haben.

Gegen Ende der 1960er Jahre berechnete Johnson die korrekte Umlaufbahn für die Apollo-11-Raumfahrtmission und trug damit entscheidend zum Erfolg der ersten Mondlandung bei. Für den Fall eines Computerausfalls entwickelte sie ein manuelles Navigationsschema, das sich an Fixsternen orientierte.

Auch als Apollo 13 nach der Explosion eines Treibstofftanks und des dadurch erzwungenen Abschaltens des Navigationscomputers unplanmäßig zur Erde zurückkehren musste, stellte Johnson die Berechnungen für den Rückweg an. Sie selbst gab zu, dass sie während ihrer Arbeit oftmals auf ihre Intuition zurückgreifen musste, da vieles noch unerprobt war, und dass einer der Astronauten über sie sagte: "Ich würde Kates Intuition jederzeit trauen." Bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1986 wirkte Johnson darüber hinaus an der ersten Phase des Space-Shuttle-Programms mit.

Katherine Johnson nach ihrer Pensionierung

2015 überreichte der damals 97-Jährigen der damalige US-Präsident Barack Obama die "Presidential Medial of Freedom". Dies ist Amerikas höchste zivile Auszeichnung. "Katherine Johnson weigerte sich, sich von den gesellschaftlichen Erwartungen an ihr Geschlecht und ihre Hautfarbe einschränken zu lassen, und verschob die Grenzen der menschlichen Reichweite", sagte Barack Obama bei der Verleihung.

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Barack Obama verleiht Katherine Johnson die "Presidential Medal of Freedom"

© Getty Images

Am 24. Februar 2020 starb Katherine Johnson im hohen Alter von 101 Jahren. „Sie war eine amerikanische Heldin und ihr bahnbrechendes Vermächtnis wird nie vergessen werden“, so NASA-Chef James Bridenstine nach ihrem Tod. Bis zu ihrem Tod war sie mit ihrem zweiten Ehemann James A. Johnson verheiratet.

Hollywood verfilmte in "Hidden Figures" ihren Erfolg

2016 wurde auch Hollywood auf die beeindruckende Frau aufmerksam. Im Film "Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen", nach dem Buch von Margot Lee Shetterlys, wurde die Geschichte der Afroamerikanischen Frauen nacherzählt. Im Blockbuster wird auch die damals alltägliche Rassentrennung ganz deutlich dargestellt. So wurden Schwarze in eigene Büros gesetzt und mussten eine andere Toilette verwenden. Zudem wurde ihnen immer wieder klar gemacht, dass sie eigentlich wo anders hingehören.

Doch davon ließ sich die Mathematikerin nicht verunsichern und verfolgte weiter ihren Weg. Den drei Hauptfiguren Katherine Johnson, Dorothy Vaughn und Mary Jackson gelingt es, sich ihre Rechte nach und nach zu erkämpfen. Somit mauserte sich der Film zu einer wahren Heldinnengeschichte, die auf einer wahren Begebenheit basiert.

Die NASA widmete den unerkannten Heldinnen, allen voran den drei afroamerikanischen Mathematikerinnen, eine eigene Straße "Hidden Figures Way" vor ihrem Hauptquartier in Washington.

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Der Film erhielt 2017 drei Oscar-Nominierung – als bester Film, als bestes adaptiertes Drehbuch und Octavia Spencer als beste Nebendarstellerin. Katherine war bei den Oscars vor Ort und erhielt auf der Bühne Standing Ovations.

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Katherine Johnson mit den Schauspielerinnen Janelle Monae, Taraji P. Henson und Octavia Spencerbei den Oscars 2017

© Getty Images

Was wir von ihr lernen können

Katherine Johnson hat sich nie mit dem Status quo zufrieden gegeben. Sie wollte mehr, als das damalige Frauenbild ihr zugestanden hätte. Und sie hat ihr Ziel erreicht und mehr noch: sie wirkte an einem der größten Meilensteine der Menschheit mit. Trotz ihrer mathematischen und damit logisch fundierten Bildung vertraute sie aber auch auf ihre Intuition und wagte Schritte, die bis dahin noch unbekannt waren. Sie hinterfragte Dinge und durchbrach Grenzen. Von ihrem Vater bekam sie die Eigenschaft mit niemals aufzugeben. Er ermöglichte seinen Kindern mehr, als Afroamerikanern damals zugestanden wurde.

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