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Minimalismus: Ist weniger mehr?

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Minimalismus: Ist weniger mehr?
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Wir alle haben Dinge, die wir schon Monate, vielleicht auch schon Jahre, nicht mehr verwendet haben. Kleidungsstücke die man nicht mehr trägt, Schuhe und unzählige Papiertüten, von denen man ausgeht, "man könnte sie ja womöglich noch brauchen". Weg damit! Minimalismus heißt der neue Lifestyle-Trend. Wir erklären dir, wie du mit weniger glücklicher wirst.

Wir laden dich zu einer Übung ein. Geh in die Mitte deines Wohnzimmers und schau dich um. Stell dir zu jedem Stück, das deine Wohnung schmückt, die Frage: Brauche ich das wirklich? Es wird dir relativ schnell klar werden, dass es Unmengen an Zeug gibt, das du nicht mehr verwendest, geschweige denn, benötigst. Durch gezieltes Ausmisten reduzierst du deinen Besitz auf ein Minimum und befreist dich zugleich von unnötigen Ballast. Außerdem: Mit weniger Dingen musst du natürlich auch weniger aufräumen, du schlägst also zwei Fliegen mit einer Klappe.

Eines Tages fällt dir auf, dass du 99 Prozent davon nicht brauchst! Du nimmst den Ballast und schmeißt ihn weg. Es reist sich besser mit leichtem Gepäck!

So die eingängigen Zeilen von Silbermond, an denen zugegebenermaßen etwas dran ist. Minimalismus ist nicht nur nachhaltig, sondern macht auch glücklicher und befreit die Seele.

Mehr Glück und Zufriedenheit durch einen minimalistischen Lebensstil

Es ist 100 Jahre her, dass in deutschen Haushalten mit rund 180 Dingen alles vorhanden war, was zum Leben gebraucht wurde. Heute besitzt der durchschnittliche Europäer 10.000 Dinge. Zweifel, ob man wirklich so viel braucht, mehren sich. Die "Dinge", die über viele Jahre gehortet wurden, werden zum Ballast. Die Sehnsucht, sich davon zu befreien, nimmt zu. Minimalismus heißt der neue Lifestyle-Trend, nur was glücklich macht, zählt.

Das aber ist für jeden Menschen etwas anderes. Deshalb lässt sich Minimalismus nicht klar abgrenzen. Für die einen bedeutet Minimalismus den Verzicht auf gefühlt Unnötiges, der andere trennt sich von allem, was er nicht wirklich zum Leben braucht. Es geht nicht nur um Konsum, sondern auch um die Einstellung zum Leben schlechthin. Minimalismus will die Aufmerksamkeit auf ein Leben im Hier und Jetzt lenken, auf ein bewusstes Erleben.

Was versteht man unter Minimalismus?

Minimalismus ist eine Art Gegenbewegung zur Konsumwelt. Im Kern geht es darum, sich auf das Notwendige und Wesentliche in allen Lebensbereichen zu beschränken. Das hat nicht zwangsläufig mit Verzicht zu tun. Vielmehr geht es darum, sich von Ballast zu befreien, der nur dazu führt, sein Leben fremdbestimmt zu verbringen. Der Mensch ist mehr damit beschäftigt, sich um die Dinge zu kümmern, die er besitzt, als um seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse.

Woher kommt dieser Lifestyle?

Wie so viele Trends kommt auch der minimalistische Lebensstil aus Amerika. Der Konsumkritiker David Michael Bruno rief im Jahr 2008 die "100 Thing Challenge" aus. Er reduzierte seinen persönlichen Besitz auf 100 Dinge und teilte seine Erfahrungen in einem Blog und einem Buch. 2009 verkaufte der New Yorker Programmierer Kelly Sutton seinen gesamten Besitz im Internet und begründete damit den Trend "Cult of Less", der rasch Anhänger in aller Welt fand.

Neu ist der Trend nicht. Schon Sokrates wusste das einfache Leben zu schätzen. Jahrhunderte lang suchten Mönche und Asketen nach höherer Erkenntnis durch Enthaltsamkeit. "Die Fülle des Lebens" findet sich in ihrer Einfachheit, schrieb der amerikanische Schriftsteller Henry David Thoreau vor 200 Jahren.

In welchen Bereichen kann man minimalistisch leben?

Minimalismus erfasst sämtliche Lebensbereiche von der Ernährung über die Kleidung, die Wohnverhältnisse und den Konsum. So verzichten Minimalist:innen zum Beispiel bewusst auf Fertiggerichte und Süßigkeiten, wählen ihre Kleidung nach Haltbarkeitsgesichtspunkten aus, leben auf möglichst wenig Wohnfläche und setzen auf nachhaltigen Konsum. Sie kaufen nur qualitativ hochwertige Dinge, möglichst aus zweiter Hand oder recyceltem Material.

Defektes wird repariert, statt entsorgt. Selbst die schöne neue Social Media-Welt wird hinterfragt. Digitaler Minimalismus konzentriert sich auf den bewussten Umgang mit Smartphone, Tablet und PC. Auch der sorgsame Einsatz von Energie und Wasser gehört zu einem minimalistischen Leben. Minimalist:innen versuchen, Mensch und Umwelt wieder in Einklang zu bringen.

Warum entscheiden sich Menschen für einen minimalistischen Lebensstil?

Mit der zunehmenden Umweltverschmutzung, dem Klimawandel und sich häufenden Naturkatastrophen erkennen immer mehr Menschen, dass es so nicht weiter gehen kann. Die Welt ist zu komplex, um sie noch zu verstehen. Jeder Einkauf wird durch die schiere Masse der Möglichkeiten zu einer Herausforderung.

Das sorgt für Stress und Überforderung. Daraus resultiert das Verlangen nach Einfachheit, nach einem überschaubaren Alltag mit mehr Selbstbestimmung und Wertschätzung für die Dinge, die man besitzt.

Wie kann man auch mit Kindern minimalistisch(er) leben?

Auch Kinder werden heute von der Angebotsflut an Spielsachen und digitaler Ablenkung überfordert. Und sie leiden unter der Zeit, die ihren Eltern für gemeinsame Unternehmungen fehlt. Das kann Minimalismus mit Kindern ändern, wenn man einen Teil der frei werdenden Zeit tatsächlich den Kindern schenkt.

Welche Vor- und Nachteile hat Minimalismus für einen selbst und die Umwelt?

Je mehr Dinge gehortet werden, umso mehr Lebenszeit muss man investieren, um sie unterzubringen, aufzuräumen und zu erhalten. Das kostet Zeit und Geld. Das wiederum muss erst verdient werden, was erneut zulasten der Lebenszeit geht.

Weniger Dinge zu wollen und zu besitzen, bedeutet mehr Zeit für Selbstverwirklichung, Beziehungen, Reisen, Glück. Darüber hinaus kommt Minimalismus der Umwelt zugute. Minimalist:innen wollen nicht länger durch Konsum die Zerstörung von Natur und Umwelt mitfinanzieren.

Auf der anderen Seite erfordert Minimalismus Disziplin und Zeit. Jede Kaufentscheidung muss hinterfragt werden. Das kann erneut zu Überforderung führen und manchmal gar zwanghaft werden.

Wie wird man Minimalist:in?

Der Weg zu einem minimalistischen Lebensstil beginnt mit der Erkenntnis, dass Dinge nicht glücklich machen. Der logische nächste Schritt ist, sich von allem zu trennen, was man nicht wirklich braucht. Als Faustregel gilt: Alles, was man im letzten Jahr nicht gebraucht hat, kann weg!

Im nächsten Schritt gilt es, sich kritisch mit dem eigenen Konsumverhalten auseinanderzusetzen und der manipulativen Verführung durch die Medien zu widerstehen. Alles, was im Leben nicht glücklich macht, wird gestrichen. Das können auch Beziehungen sein. Minimalismus ist kein Sprint, sondern ein lebenslanger Marathonlauf.

Tipps um minimalistischer zu leben

1. Brauche ich das wirklich?

Egal, ob beim Einkauf oder Zuhause beim Ausmisten, diese Frage erleichtert dir die Entscheidung, auch wenn es nicht immer leicht ist, sich von Dingen zu trennen.

2. Weg mit Krimskrams

Kleinzeug und unnötiges - weg damit!

3. Capsule Wardrobe

Man kann auch mit wenigen Basisteilen gut und abwechslungsreich angezogen sein. Alles lässt sich easy miteinander kombinieren, und du brauchst nicht lange zu überlegen, was du morgens anziehst. Die Basis eines Capsule Wardrobe bilden deine Lieblingsfarben und einige ausgefallene Teile. Der Rest kann weg.

4. Nachhaltiger Einkauf

Ideal wäre natürlich nur das zu kaufen, was man im Endeffekt auch verwendet. Dennoch ist es oft so, dass viele Lebensmittel im Müll landen. Unsere Küchenschränke sind meisten gleich voll wie unsere Kleiderschränke. Einmal was mit Quinoa gekocht und nie wieder angerührt? Klassiker. Auch hier lautet die Devise: Ausmisten und nur das nötigste kaufen.

5. Ein Produkt, viele Anwendungsmöglichkeiten

Wir sagen nur: eine Creme, viele Anwendungsmöglichkeiten. Bodylotion lässt sich auch als After-Sun-Pflege, als Fußcreme und gleichzeitig als Handcreme verwenden. Oder man investiert beim nächsten Einkauf eben gleich in ein Allround-Produkt.

6. Second Hand

Kaufe deine Kleidung ganz einfach Second Hand oder tausche mit Freunden und Familie. Du wirst erstaunt sein, was sich da alles finden lässt! Aber nicht nur Kleidung, sondern auch gebrauchte Möbel, Schuhe und Accessoires findet man in diversen Shops.

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