Logo

Warum verstehen wir manche Menschen einfach nicht?

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
18 min
Streit
© anzeletti/ iStockphoto.com©anzeletti/ iStockphoto.com
  1. home
  2. Iconic
  3. Sprachkompetenz
Wieso funktioniert die Kommunikation mit bestimmten Menschen reibungslos und ohne Probleme, während man mit anderen überhaupt nicht klarkommt? Obwohl man sich allen gegenüber gleich verhält! Dieses soziale Phänomen erklärt der schwedische Buchautor Thomas Erikson anhand von vier Verhaltenstypen. Und zeigt, wie man mit ihnen am besten umgeht.

Hey, wieso checkt er nicht, worauf ich hinauswill? Jetzt hab ich's ihm schon zig Mal erklärt, und er begreift es noch immer nicht Das gibt's ja nicht! - Hand hoch: Wer von euch hatte schon mal diese oder ähnliche Gedanken im Gespräch mit seinem Gegenüber?

Der schwedische Verhaltensforscher und Autor Thomas Erikson, 53, analysiert in seinem Buch "Alles Idioten!? Endlich verstehen, wie andere ticken" (Droemer Verlag, € 19,99), wie es zu zwischenmenschlichen Missverständnissen kommt und wie man diese erfolgreich verhindert. Über 20 Jahre dauerten seine Untersuchungen. Die Ergebnisse, sagt Erikson, haben auch ihn persönlich und seinen Umgang mit anderen sehr verändert: "Ich urteile nicht mehr so kategorisch und verurteile niemanden, weil er nicht so ist wie ich. Schon seit vielen Jahren ist meine Geduld mit Menschen, die das genaue Gegenteil von mir sind, wesentlich größer als früher." Das Kommunikationssystem, das er dabei entwickelt hat, umfasst vier unterschiedliche Typen, denen er die Farben Blau, Rot, Grün und Gelb zugeteilt hat.

Welcher Verhaltenstyp bist du?

Welche Farbe entspricht dir? Gedankenspiel: Du kaufst in einem schwedischen Einrichtungshaus eine Kommode - wie gehst du weiter vor? A) Du studierst die Montageanleitung zwei Mal und überprüfst, ob auch alle Schrauben da sind, ehe du loslegst. B) An den Schraubenzieher, fertig, los! Du startest sofort mit der Arbeit, immerhin weißt du, wie man Möbel zusammenbaut. Dafür brauchst du bitte keine Anweisungen. C) Bevor du dich dem Aufbau widmest, gehst du im Kopf ganz genau durch, wie das Schränkchen an der linken Wohnzimmerwand aussehen wird und welche Deko du darauf platzieren wirst. D) Alles, nur kein Stress. Du stellst den Karton an die Wand und legst erst einmal eine Kaffeepause ein.

Und jetzt zur Auflösung: Wer zu A tendiert, ist vermutlich der blaue Typ. Merkmale: Er oder sie handelt perfektionistisch, geht methodisch und strukturiert vor, befolgt Regeln, verhält sich distanziert und vorsichtig. Kein Detail ist zu klein, um nicht wahrgenommen zu werden.

Antwort B wählt vor allem jemand, die oder der vorwiegend rote Eigenschaften besitzt, die in Richtung Antriebsstärke, Ehrgeiz, Entschlossenheit und Ungeduld gehen.

Der gelbe Typ entscheidet sich ziemlich sicher für Antwort C. Sie oder er gilt als besonders kreativ, aufgeschlossen, optimistisch und feinfühlig.

Wer sich bei Antwort D angesprochen fühlt, findet sich am ehesten in der Kategorie grün wieder: Geduldig, verlässlich, beherrscht, ausdauernd. Du kannst gut zuhören und bist der Kumpeltyp.

Was sagt das jetzt aber über das Miteinander mit anderen aus? Sehr viel, wenn's nach Verhaltensexperte Erikson geht. Denn: "Bei jeglicher Kommunikation entscheidet der Empfänger, was er von deiner Botschaft versteht. Es ist sehr selten, dass der gesamte Inhalt genau so ankommt, wie du es dir vorstellst. Wenn man aber den Verhaltensstil und die Kommunikationsweise des anderen versteht, führt das zu besser fundierten Vermutungen darüber, wie dieser in unterschiedlichen Situationen reagieren könnte. Dieses Verständnis wiederum steigert deine Fähigkeit, die betreffende Person zu erreichen, ganz erheblich." Deshalb schauen wir uns die unterschiedlichen Kategorien genauer an...

SO TICKT BLAU.

Woran man diesen Typ erkennt? "Bei Blauen ist alles stets bis ins kleinste Details organisiert", so Erikson. "In der Garderobe zum Beispiel befestigt er oder sie Namensschilder, sodass alle genau wissen, wo sie ihre Jacken hinhängen sollen. Strenge Ernährungspläne kleben an der Kühlschranktür." Was ebenfalls auszeichnet: ein umfassendes Allgemeinwissen und ein Hang zum Sicherheitsdenken. Diese "Spezies" geht selten Risiken ein, lieber wird gar keine Entscheidung getroffen. Und: "Viele Blaue sprechen kein einziges unnötiges Wort. Ich rate deshalb dazu, sehr aufmerksam zuzuhören, wenn sie etwas sagen. Denn meist haben sie das sehr gut durchdacht." Was du im Umgang mit diesem Typ außerdem beachten solltest: Sei immer akribisch auf alle möglichen Eventualitäten eingestellt!

"Blau sein ist ein bisschen wie Militärdienst leisten. Ausreden werden nicht akzeptiert. Hast du eine Reifenpanne, solltest du darauf vorbereitet sein. Wenn das Reserverad ein Loch hat, solltest du auch dafür einen Plan haben. Blaue werden kritische Fragen stellen, wenn du so etwas wie ,So ist das eben' sagst. Beim nächsten Mal wird das Vertrauen in dich ein wenig geschmälert sein."

DER UMGANG MIT ROT.

Das Credo: Das Leben ist kurz, am besten legt man sofort los! "Rote Menschen sind geborene Anführer, Schnelldenkerinnen, übernehmen bereitwillig das Kommando und streben immer vorwärts", erklärt Erikson. Heißt für dich: "Mach so schnell wie möglich, am besten noch schneller. Sprich und handle zügig. Schau oft auf die Uhr, denn Rote tun das auch." Auch mit Small Talk, Höflichkeitsfloskeln und langatmigen Abschiedsformeln kommst du definitiv nicht weit.

"Halten dich an Fakten, und drücke dich klar aus. Ein Roter fragt, wie es deiner Tochter geht? Sag ,prima' und langweile ihn nicht mit Erzählungen aus ihrem Schulalltag." Nimm es nicht persönlich, wenn sie oder er unterkühlt wirkt - das hat nichts mit dir zu tun, sondern ist einer der Wesenszüge. Apropos Emotionen: "Das Temperament ist so beschaffen, dass es von Zeit zu Zeit explodiert und damit allen rundum eine Menge Magenprobleme beschwert. Sie oder er selbst bekommt davon nichts mit. Ein bisschen herumzubrüllen, ist nur eine andere Art zu kommunizieren." Dulde aber keine Grenzüberschreitungen. "Das Schlimmste, was du machen kannst, ist den Rückzug anzutreten und ihm oder ihr zu erlauben, dir auf der Nase herumzutanzen. Wenn du dich von Roten schikanieren lässt, verlierst du etwas, was in deren Augen sehr wichtig ist - Respekt", weiß Erikson.

DAS MACHT GELB AUS.

"Hast du schon mal einen Menschen kennengelernt, der lachen kann, obwohl er schon seit Monaten keine gute Nachricht mehr bekommen hat? Dann hast du es mit einem Gelben zu tun!" Ihr Motor ist die Fröhlichkeit, sie finden immer eine Möglichkeit, sich zu freuen. Ihr Leitspruch: Das Leben ist ein Fest! "Diese Menschen funktionieren am besten, wenn sie gut gelaunt sind. Schaffe unbedingt eine freundliche, friedliche Atmosphäre um sie herum. Lächle und achten auf eine offene Körpersprache", empfiehlt Erikson. Das gilt besonders dann, wenn du einen Gelben mit negativem Feedback konfrontierst." Mit Kritik kann dieser Typ nämlich nur sehr schwer umgehen.

"Gelbe reden viel und stehen gerne im Mittelpunkt. Sie lieben andere Menschen, aber es gibt etwas, was sie noch lieber mögen: sich selbst." Und denke im Umgang daran: Details und Strukturen langweilen sie. "Diesen Menschen ist es völlig egal, wie etwas funktioniert - sie wollen nur, dass es funktioniert." Vor allem: Hilf ihm oder ihr dabei, in Gang zu kommen. "Gelbe reden mehr, als sie arbeiten. Sorg dafür, dass er den Spaten in die Erde sticht. Sei dabei freundlich, aber bestimmt." Was diesen Charakter hingegen sehr reizt: alles, was neu ist. "Wörter und Phrasen wie ,Prototyp' oder ,noch nie eingesetzt' begeistern ihn oder sie."

WIE GRÜN FUNKTIONIERT.

"Meine Beziehung könnte zerbrechen, ich könnte krank werden, meine Kinder könnten denken, ich sei eine Idiotin. Ich könnte meinen Job verlieren, weil meine Chefin anfängt, dasselbe zu denken wie meine Kinder, ich könnte mit allen möglichen Menschen in Streit geraten. Ich könnte auf dem Weg zur Arbeit einen Unfall haben. Ein Mensch kann sogar schon daran sterben, dass ihm eine winzige Gräte im Hals stecken bleibt" - Für die Grünen ist die Welt ein gefährlicher Ort, an dem unzählige Gefahren lauern. Sie sind in ihrem Tun von Ängsten getrieben - und gelähmt.

"Hilf ihnen, sich der Angst vor dem Unbekannten zu stellen. Mit sanften, kleinen Stupsern kannst du ihnen Unterstützung geben, damit sie weitergehen", so der Verhaltensforscher. Auch Veränderungen stressen sie. "Wenn du Grüne dazu bewegen willst, etwas Neues zu akzeptieren, musst du dich mit einer großen Portion Geduld wappnen. Am besten teilst du den Prozess in kleine Häppchen auf und setze ein paar Wochen dafür an, die Leute zu überzeugen." Du musst gewillt sein, das Kommando in die Hand zu nehmen. Verantwortung ist für diese Gruppe an Menschen nämlich eine Bürde. "Grüne haben die Tendenz, allem und allen anderen die Schuld an Dingen zu geben, nur nicht sich selbst."

WER PASST ZU WEM?

Eine Kombi, die beiden im Berufs- und Privatleben keine besondere Anstrengung abverlangt, ist Blau & Grün. "Sie werden sich in der Fähigkeit des anderen, ruhig zu atmen und lieber zwei Mal nachzudenken, selbst wiedererkennen. Da beide introvertiert sind, fühlen sie sich sicher mit dem anderen. Keiner wird Luftschlösser bauen, sondern mit beiden Füßen auf dem Boden stehen."
Ähnlich harmonisch funktioniert Rot & Gelb: "Sie schießen aus der Hüfte und wollen bei allen Prozessen schnell vom Fleck wegkommen. Beide haben Power und sind kontaktfreudig."

Was aber passiert, wenn etwa Rot auf Grün trifft?" Das wird eine ziemliche Herausforderung", meint Erikson, "Rot wird das ständige Gestöhne von Grün genervt kritisieren. Gleichzeitig wird Grün denken, Rot sei aggressiv und würde nie zuhören." Genauso kommt es bei Gelb & Blau unweigerlich zu Reibereien: "Gelb hält Blau für langweilig. Blau wiederum wird sich vom unaufhörlichen Gequatsche gestört fühlen."

Wenn uns das nächste Mal so ein "Idiot" unterkommt, haben wir jetzt also zwei Möglichkeiten: Wir tun ihn weiter als "Trottel" ab, weil uns nicht eingehen will, warum er sich so verhält, wie er's eben tut, oder wir probieren's anders - mit Selbstwahrnehmung, Reflexion und Eingehen auf das Gegenüber. "Kommunikation ist oft eine Frage der Anpassung. Das ist Teil des sozialen Spiels." Und definitiv der bessere Weg, findet Erikson: "Ich stelle es mir abscheulich vor, ein Leben lang denken zu müssen, ich sei von Menschen umgeben, mit denen man unmöglich arbeiten und zusammenleben kann. Das würde die Verwirklichung des eigenen Potenzials unglaublich einschränken."

DAS SIND DIE VIER VERHALTENSKATEGORIEN

An diesen Merkmalen erkennst du die unterschiedlichen Kommunikationstypen und erfährst, wie du am besten mit ihnen umgehst.

TYP ROT - aufgabenorientiert & aktiv: Körpersprache: Sie halten Distanz zu anderen, haben einen kräftigen Händedruck, beugen sich gerne nach vorn, halten direkten Blickkontakt und benutzen kontrollierende Gesten. Stimme: Kräftig. Charakterzüge: Antriebsstark, ehrgeizig, kompetitiv, entschieden, rechthaberisch, ungeduldig. Umgang: Reagiere schnell, bereite dein Anliegen gründlich vor und komm zügig auf den Punkt. Lass den Small Talk weg und zeigen ihm, dass du dich ins Zeug legst.

TYP BLAU - aufgabenorientiert & passiv: Körpersprache: Sie halten andere auf Abstand, haben oft eine verschlossene Mimik, halten direkten Blickkontakt und machen beim Sprechen keine Gesten. Stimme: Verhalten und gedämpft. Charakterzüge: Investigativ, vorsichtig, akkurat, logisch, objektiv, perfektionistisch, überprüfend, strukturiert. Umgang: Gib ihm oder ihr Zeit, sich zu öffnen, und hüte dich vor zu ausladenden Gesten. Beeindrucke mit Fakten, Checklisten und damit, immer auf alles gut vorbereitet zu sein.

TYP GRÜN - beziehungsorientiert & passiv: Körpersprache: Entspannt, kommen nah heran, lehnen sich gerne zurück, stellen sehr freundlichen Blickkontakt her und bevorzugen kleinräumige Gesten. Stimme: Sehr leise. Charakterzüge: Loyal, geduldig, verlässlich, aufmerksam, liebenswürdig, freundlich, unterstützend, vorsichtig. Umgang: Akzeptiere, dass es für sie oder ihn stressig ist, ständig in Aktion zu sein. Gestehe ihm seine Phasen von Ruhe und Untätigkeit zu. Bei gemeinsamen Aktivitäten übernimm das Ruder.

TYP GELB - beziehungsorientiert & aktiv: Körpersprache: Sie sind taktil, entspannt, nehmen freundlichen Blickkontakt auf, gestikulieren ausdrucksvoll, kommen einem oft nahe. Stimme: Stark und engagiert. Charakterzüge: Aufgeschlossen, gesprächig, empathisch, optimistisch, spontan, offen, sensibel, positiv, impulsiv. Umgang: Schaff eine freundliche Umgebung, lächle und mach Komplimente. Belaste ihn oder sie nicht mit Details. Lass ihn oder sie spüren, dass du dich für die Person interessierst.

Über die Autor:innen

Logo
Jahresabo ab 7,90€ pro Monat